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Totenruhe

Titel: Totenruhe
Autoren: Jan Burke
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gesetzt.«

    »Danke ist nicht genug, aber - trotzdem danke.«
    »Solange du heil bist und Ethan durchkommt, können wir von Glück sagen.«
    Frank hatte mich vorgewarnt, dass das Wartezimmer voll war, nur vergesse ich immer wieder, dass er einen Magister in Untertreibung hat.
    Ich blieb mitten auf dem Flur stehen. Frank tat es mir nach. »Ist das jetzt zu viel für dich?«, fragte er.
    »Nein, ich könnte sowieso nicht schlafen, wenn wir nach Hause fahren würden. Aber es belastet mich ein bisschen, weil …«
    »Weil du dich zwangsläufig fragst, ob sie aus schlechtem Gewissen gekommen sind. Ist das so wichtig? Sie sind da. Zu Hause könnten sie sich ganz bequem genauso ihren Schuldgefühlen hingeben.«
    »Da hast du Recht.«
    Max sah mich zuerst. Er war in Begleitung Helens und meiner Tante Mary. Weiter hinten entdeckte ich Barbara und Kenny, noch bevor die Zeitungsmeute mich bemerkte. Es kam fast zu einem Tumult, als sie sich alle um mich drängten. Ich lebte, und ich konnte sprechen. Sie wollten wissen, wie es mir ging. Sie litten mit, als sie die Verbände und Blutergüsse sahen. Sie erkundigten sich nach Ethans Zustand.
    Doch da teilte sich die Menge ein wenig, und meine Schwester sagte mir, dass noch jemand da war, der mich dringend sprechen wollte, und in dieser Nacht, in der ich bereits im Grab gelegen hatte, sah ich auf einmal einen Geist.
    O’Connor. O’Connor war hier. Ich musste laut seinen Namen genannt haben.
    Als er sich mir zuwandte und mich anlächelte, wäre ich fast in Ohnmacht gefallen. Ich spürte, wie mir Frank einen Arm um die Schulter legte, und auch wenn ich nicht weiß, ob das nun jemand anders mitbekommen hat oder nicht, war das das Einzige, was mich aufrecht hielt.

    Der Geist begann zu sprechen. »Ja, ich bin O’Connor - und Sie müssen Irene sein«, sagte er mit O’Connors Stimme, jedoch versüßt von einem köstlichen irischen Akzent. »Conn hat mir ja so viel von Ihnen erzählt. Ich bin sein Bruder Dermot.«
    Er streckte mir die Hand entgegen. Ich nahm sie und brach auf der Stelle in Tränen aus.
    »Alles in Ordnung«, sagte er. »Es ist alles gut. Jetzt ist alles wieder gut.« Irgendwie schoben uns die anderen auf ein paar Stühle zu, und ich schaffte es, einen schwachen Abklatsch von Gefasstheit um mich aufzubauen.
    »Sie haben einen höllischen Tag hinter sich, nicht wahr?«, sagte er. »Aber man hat mir erzählt, dass Sie und der junge Mann, der gerade operiert wird, den Kerl erwischt haben, der vor so vielen Jahren unsere arme Maureen umgebracht hat.«
    »Ja.«
    »Gut gemacht, Kindchen. Gut gemacht. Das würde Conn ja so freuen, und noch mehr würde ihn freuen, dass gerade Sie das geschafft haben. Und wenn Ihnen nach Weinen zumute ist, dann weinen Sie sich ruhig richtig aus.«
    Wir plauderten eine Weile, und schließlich fragte ich: »Sind Sie wegen der DNA-Untersuchung gekommen?«
    »Ja, aber ich glaube, da verschwendet unser guter Kenny nur sein schwer verdientes Geld.«
    »Ach.« In mir machte sich Enttäuschung breit. Der arme Kenny...
    »Er ist dem ältesten Bruder unserer Mutter nämlich wie aus dem Gesicht geschnitten, wissen Sie.«
    »Was?«
    »Conn und ich, wir haben das Aussehen der O’Connors geerbt. Aber Kenny kommt nach den O’Haras, der Familie meiner Mutter.« Er hielt kurz inne. »Ich bin trotzdem froh, dass ich gekommen bin, und das aus mehreren Gründen. Es ist gut, wenn man seine Angehörigen und deren Freunde kennt, oder nicht? Sie müssen mir alles über Ihr Leben erzählen, weil ich
ja jetzt schon jahrelang keinen Bericht mehr bekommen habe. Frank, werden Sie bloß nicht eifersüchtig, aber Conn ist zeit seines Lebens davon überzeugt gewesen, dass sie eines Tages einen Polizisten aus Bakersfield heiraten würde.«
    Wir klärten ihn darüber auf, dass Conn Recht gehabt hatte, und ließen uns von ihm versprechen, dass er bald einmal zu uns zum Abendessen kommen würde, damit wir ihm die ganze Geschichte erzählen konnten.
    John Walters unterbrach uns mit der Erklärung, dass Ethan Blutgruppe 0 hatte, und forderte alle mit derselben Blutgruppe auf, es ihm gleichzutun und Blut zu spenden. »Oder auch die mit einer anderen Blutgruppe«, fügte er hinzu. »Denn das, was Ethan nichts nützt, kommt irgendwann jemand anders zugute.«
    »Hat jemand seine Familie verständigt?«, fragte ich.
    »Er hat anscheinend keine«, antwortete John. »Sein Vater ist gestorben, als er auf dem College war, und seine Mutter ist schon seit Jahren tot. Geschwister hat er
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