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Totenrache und zehn weitere Erzählungen

Titel: Totenrache und zehn weitere Erzählungen
Autoren: Klaus Frank
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Luft aus. Gerade wollte er gehen und MacDonald suchen, da hörte er hinter sich ein leises Glucksen. Gregory wirbelte herum und starrte auf das widerlich grüne Wasser. Konzentrische Kreise bewegten sich dort, Miniaturwellen gleich, die zögernd zerfaserten. Als er näher an den Beckenrand heranging, sah er die Luftblasen, die vom Grund her aufstiegen.
    Himmel, was war das? Es war unmöglich, durch das Dreckwasser den Boden zu erkennen. War es möglich, dass dort ein Fisch schwamm? War dies ein Aquarium, und hatte MacDonald ihn nur hier hingeführt, damit Gregory seine Begeisterung teilen sollte?
    Plötzlich riss er verblüfft die Augen auf. Ein Schatten schwamm, durch das Wasser seltsam auffasernd, etwa einen Meter unterhalb der Oberfläche. Er konnte nicht erkennen, um welche Art Fisch es sich dabei handelte, aber er musste sehr groß sein, musste menschliche Ausmaße haben. Dann verschwand der Schatten in der Tiefe.
    Er musste MacDonald ausfindig machen und ihm Fragen stellen. Er war plötzlich gar nicht mehr so sicher, ob er diesen Kauf wirklich tätigen wollte. Es war besser, wenn er nochmals in aller Ruhe darüber nachdachte, weitab von riesigen Fischen und Tierkadavern, die im Wasser schwammen. Gregory machte einen Schritt, um die Schwimmhalle zu verlassen, als er Wasser plätschern hörte und etwas mit unerbittlicher Härte seinen rechten Knöchel packte. Sein Bein wurde zur Seite gerissen, über den Beckenrand hinaus, und Gregory verlor den Halt. Schmerzhaft stürzte er zu Boden und prellte sich die Hüfte. Ein Schrei kam über seine Lippen. Sein Bein befand sich bis zum Knie im Wasser, das unangenehm warm war. Er konnte nicht sehen, was ihn hielt und ruckartig weiter auf das Wasser zuzog
    Voller Verzweiflung versuchte er, Halt zu finden – es kostete ihn Haut und Nägel seiner Finger -, jedoch konnte der Boden, obschon rissig, ihm keinen bieten. Er stemmte sich mit aller Macht zurück, aber der Griff um seinen Knöchel gab nicht nach.
    „MacDonald!“, kreischte er. „Helfen Sie mir!“ Der Verkäufer blieb verschwunden, und Gregory begriff, dass die Besichtigung nur dem Zweck gedient hatte, ihn diesem Wesen zu opfern.
    Mit einem müden Plätschern rutschte Gregory mit dem Gesäß ins Wasser.
    „Nein!“, keuchte er. Er weinte und schluchzte. Dann, als nur noch sein Kopf und die Schultern und eine blutige Hand, mit der er sich festhielt, aus dem Wasser ragten, sah er den Mann aus einem Gang kommen, der zu den Saunaräumen und Dampfbädern führen mochte, und Gregory schrie erneut: „Bitte, helfen Sie mir!“
    MacDonald blickte zu Boden.
    „Bitte! O Gott – bitte!“ Gregorys Mund klaffte auf wie ein Loch; die Augen hatte er so weit aufgerissen, dass sie fast aus den Höhlen sprangen. Es schien, als würde dieses letzte Wort kein Ende nehmen, aber schließlich ging es in ein Gurgeln über, als der Mörder mit einem letzten unerbittlichen Ruck sein Opfer zu sich holte. Seine Hand ragte für eine Sekunde aus dem Wasser und ballte sich zur Faust. Dann verschwand sie.
    Gregory wehrte sich voller Verzweiflung und drosch und trat blind um sich. Einige Male traf er den unheimlichen Schwimmer, aber er schaffte es nicht, der Umklammerung zu entkommen.
    Das Blut rauschte in seinem Kopf. Zuckend wand er sich im Wasser, dann erlahmten seine sinnlosen Bemühungen. Die Bestie zog ihn tiefer, und er wehrte sich nicht mehr. Gurgelnd schossen Luftblasen nach oben, als Gregory seinen Mund öffnete und warmes Wasser seine brennenden Lungenflügel füllte.
    John MacDonald war bis nahe an den Beckenrand vorgetreten. Er sah Schatten und Schemen in der Nähe des Grundes; einmal war Normans panisch verzerrtes Gesicht so nah, dass er es hätte berühren können. Es schien, als würde er unter Wasser einen Schrei ausstoßen. Gänsehaut überzog seinen Körper, als er sich den aussichtslosen Kampf vorzustellen versuchte. Der arme Mann, dachte er mitleidig, solch ein elender Tod. Aber was soll ich tun?
    Das Wasser schwappte über den Rand und nässte seine Schuhe, aber er trat nicht zurück. Er wartete zehn Minuten, bis er sicher war, dass Gregory Norman verschwunden blieb. Der Schwimmer fraß seine Opfer vollständig auf, solange sie noch warm waren. Tiere verschmähte er. Manchmal machte MacDonald ihm eine Freude und warf Katzen und kleine Hunde, die zutraulich genug waren, sich einfangen zu lassen, ins Wasser, aber das Wesen sah in ihnen keine Nahrung. Er spielte eine Weile mit ihnen und ließ sie dann gelangweilt an die
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