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Toedlicher Irrtum

Toedlicher Irrtum

Titel: Toedlicher Irrtum
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eine Miene auf, die Brass gut kannte: traurige Augen, leichtes Stirnrunzeln, Besorgnis in der Mimik. »Rebecca, warum legen Sie Captain Brass die … Situation nicht dar?«
    Merkwürdige Ausdrucksweise – Situation. Bei einem kurzen Blick auf die Frau sah Brass, dass Rebecca an ihrer Fassung arbeitete. Etwas hier war nicht richtig, etwas war … unheimlich.
    »Captain, Sie haben mir Ihr Beileid zum Tod meiner Mutter ausgesprochen.« Rebeccas Stimme klang sonderbar nüchtern.
    »Ich hoffe, das war angemessen«, erklärte Brass, der sich im Stillen fragte, ob er einen Fauxpas begangen hatte.
    »Eigentlich nicht, aber das konnten Sie nicht wissen.«
    »Ihre Mutter war eine einzigartige Frau«, wandte Atwater ein. »Über jedes normale Maß hinaus. Es ist verständlich, wenn Sie sich in einem … Konflikt befinden.«
    Was zum Teufel ging hier vor?
    Rebecca zuckte mit den Schultern. »So könnte man das nennen.«
    »Entschuldigen Sie«, unterbrach Brass, »vielleicht bin ich ja so ein großartiger Ermittler, wie der Sheriff annimmt … vielleicht auch nicht … aber ich bin definitiv nicht gut genug, um das hier zu verstehen. Bitte, Ms Bennet, worum geht es?«
    »Entschuldigen Sie, Captain Brass. Ich habe vergessen, dass Sie hier gewissermaßen im Dunkeln tappen. Sheriff Atwater habe ich natürlich in einige Details eingeweiht.«
    Brass warf dem Sheriff, der sein Politikerlächeln aufgesetzt hatte, einen Blick zu und zuckte andeutungsweise mit den Schultern.
    »Sie müssen wissen, meine Mutter und ich hatten uns voneinander entfremdet, seit ich achtzehn war«, erklärte Rebecca. »Nach der High School bin ich wieder zu meinem Vater gezogen und habe nie wieder zurückgeblickt.«
    »Tut mir Leid, das zu hören.« Brass dachte kurz an seine eigene Tochter Ellie, die sich von ihm entfremdet hatte. Dann kam ihm etwas anderes in den Sinn. Warum war die unzufriedene Tochter einer politischen Gönnerin wichtig für Atwater?
    »Captain Brass«, sagte Rebecca, »auch mir tut es Leid … jetzt. Man wird langsam älter und versteht, dass man von seinen Eltern vollkommen Unrealistisches erwartet hatte. Aber die Differenzen zwischen uns waren groß. Sie hatte mir einen Brief geschrieben, vor ungefähr sieben Jahren, den ich aber nie beantwortet habe, und … Wie auch immer, ich habe den Kontakt zu meiner Mutter immer wieder herstellen wollen, aber irgendwie hatte es nie geklappt. Und jetzt … jetzt ist es zu spät.«
    Sie zuckte mit den Schultern. Keine Tränen, nicht einmal feuchte Augen – nur ein kurzes Schulterzucken.
    »Sie sollten Captain Brass in die Hintergründe der … Situation einweihen«, meinte Atwater.
    Situation. Wieder einmal.
    »Nicht lange, nachdem meine Mutter meinen Vater um seinen erfolgreichsten Gebrauchtwagenhandel gebracht hatte … bei der Scheidung … fand ich heraus, dass ihr neuer Freund ein Mann war, den sie bereits zu dem Zeitpunkt kannte, als sie meinem Vater seine Affären vorhielt … mit anderen Worten, sie spielte beim Scheidungsrichter die betrogene Ehefrau, obwohl sie selbst eine Affäre hatte. Ihr Liebhaber war Peter Thompson, und sie trafen sich bereits monatelang, ehe meine Mutter Daddy … wie heißt es doch gleich? In flagranti delicto? … mit dieser blöden Sekretärin erwischte. Möchten Sie noch etwas Interessantes erfahren, Captain?«
    Brass, schon jetzt einigermaßen überwältigt von dieser Seifenoper, nickte: »Sicher.«
    »Meine Mutter hat die Frau nicht gefeuert – Daddys Sekretärin, meine ich. Halten Sie es nicht auch für möglich, dass die Sekretärin eingeweiht war? Dass die ganze Geschichte eingefädelt war?«
    »Möglich«, gab Brass zu.
    »Als ich das herausfand, geriet ein Keil zwischen mich und meine Mutter. Mein Vater ist daran zerbrochen und wenige Jahre später als Alkoholiker gestorben. Das hat die Sache nicht gerade besser gemacht. Ich bin nicht mal zur Hochzeit meiner Mutter gegangen. Damals war ich noch an der High School – das, Captain Brass, war eine unserer schlimmsten Auseinandersetzungen, das kann ich Ihnen sagen.«
    »Kann ich mir vorstellen. Wie lange haben Sie nicht mehr mit Ihrer Mutter gesprochen?«
    »Über zehn Jahre.« Wieder zuckte sie mit den Schultern. »Wie gesagt, es war kurz nach meinem achtzehnten Geburtstag … als ich auszog. Wir haben uns nicht einmal eine Karte zu Weihnachten geschrieben.«
    »Und, falls ich fragen darf, was haben Sie in all der Zeit getan?«
    »Ich habe mich durch mein Studium an der Cabrerra University in Miami
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