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Toedliche Spiele

Toedliche Spiele

Titel: Toedliche Spiele
Autoren: Suzanne Collins
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hochzuziehen. »Oh nein«, flüstere ich und starre auf die Vorrichtung aus Metall und Kunststoff, die nun sein Fleisch ersetzt.
    »Hat dir das niemand gesagt?«, fragt Caesar einfühlsam. Ich schüttele den Kopf.
    »Ich hatte keine Gelegenheit dazu«, sagt Peeta mit leichtem Schulterzucken.
    »Das ist meine Schuld«, sage ich. »Weil ich den Druckverband gemacht habe.«
    »Ja, es ist deine Schuld, dass ich am Leben bin«, sagt Peeta.
    »Da hat er recht«, sagt Caesar. »Ohne den Druckverband wäre er mit Sicherheit verblutet.«
    Wahrscheinlich stimmt das, aber ich bin trotzdem so geschockt, dass ich Angst habe loszuheulen. Doch da fällt mir ein, dass mir das ganze Land zusieht, deshalb vergrabe ich das Gesicht einfach in Peetas Hemd. Es dauert ein paar Minuten, bis sie mich daraus hervorlocken können, denn dort in seinem Hemd ist es viel schöner, keiner kann mich sehen, und als ich wieder auftauche, stellt Caesar mir keine weiteren Fragen, damit ich mich erholen kann. Er lässt mich in Ruhe, bis die Beeren zur Sprache kommen.
    »Katniss, ich weiß, das war gerade ein Schock für dich, aber ich muss das fragen. Als du diese Beeren hervorgeholt hast. Was ging da in dir vor ... hm?«, sagt er.
    Ich lasse mir ausgiebig Zeit, bevor ich antworte, und versuche, meine Gedanken zu sammeln. Das ist der Knackpunkt, an dem ich entweder das Kapitol herausgefordert habe oder vor lauter Angst, Peeta zu verlieren, so durchgedreht bin, dass ich nicht für meine Taten zur Rechenschaft gezogen werden kann. Jetzt wäre eine große, dramatische Rede fällig, aber alles, was ich herausbekomme, ist ein fast unhörbarer Satz. »Ich weiß nicht, ich ... ich konnte einfach den Gedanken nicht ertragen ... ohne ihn zu sein.«
    »Und, Peeta? Willst du noch etwas hinzufügen?«, fragt Caesar.
    »Nein. Ich glaube, das gilt für uns beide«, sagt er.
    Caesar macht Schluss und dann ist es vorbei. Alle lachen und weinen und umarmen sich, aber ich bin immer noch unsicher, bis ich bei Haymitch bin. »Okay?«, flüstere ich.
    »Perfekt«, erwidert er.
    Ich gehe zurück in mein Zimmer, um meine Siebensachen zu packen, aber ich finde nur die Brosche mit dem Spotttölpel, die Madge mir geschenkt hat. Jemand hat sie mir nach den Spielen ins Zimmer gelegt. In einem Wagen mit getönten Scheiben werden wir durch die Straßen gefahren, der Zug wartet schon. Wir haben kaum Zeit, um uns von Cinna und Portia zu verabschieden; in ein paar Monaten werden wir sie wiedersehen, auf unserer Tour durch die Distrikte zu den Siegesfeiern, mit denen das Kapitol die Leute daran erinnert, dass die Hungerspiele nie ganz vorbei sind. Wir werden eine Menge nutzloser Plaketten umgehängt bekommen und alle müssen so tun, als fänden sie uns großartig.
    Der Zug fährt los und wir tauchen in die Nacht des Tunnels ein. Erst als er hinter uns liegt, tue ich meinen ersten Atemzug in Freiheit seit der Ernte. Effie begleitet uns nach Hause und Haymitch natürlich auch. Wir bekommen ein riesiges Abendessen und setzen uns schweigend vor den Fernseher, um uns die Wiederholung des Interviews anzuschauen. Mit jeder Sekunde, in der wir uns vom Kapitol entfernen, denke ich mehr an zu Hause. An Prim und meine Mutter. An Gale. Ich ziehe mich zurück, um mein Kleid gegen ein schlichtes T-Shirt und eine Hose einzutauschen. Während ich langsam und gründlich das Make-up abwasche und mein Haar zu dem üblichen Zopf flechte, beginne ich mich in mich selbst zurückzuverwandeln. Katniss Everdeen. Ein Mädchen aus dem Saum. Das im Wald jagt. Auf dem Hob Geschäfte macht. Ich starre in den Spiegel und versuche mich zu erinnern, wer ich bin und wer ich nicht bin. Als ich mich wieder zu den anderen geselle, fühlt sich der Druck von Peetas Arm auf meiner Schulter fremd an.
    Als der Zug kurz anhält, um aufzutanken, dürfen wir aussteigen und ein bisschen frische Luft schnappen. Es besteht keine Notwendigkeit mehr, uns zu bewachen. Peeta und ich spazieren am Gleis entlang, Hand in Hand, aber jetzt, da wir allein sind, weiß ich nicht, was ich sagen soll. Er bleibt stehen und pflückt mir einen Strauß Wildblumen. Als er sie mir überreicht, muss ich mich sehr anstrengen, erfreut auszusehen. Er kann ja nicht wissen, dass die rosa-weißen Blumen die Blüten wilder Zwiebeln sind und mich sofort an Gale erinnern, mit dem ich sie immer gesammelt habe.
    Gale. Bei der Vorstellung, ihn in ein paar Stunden wiederzusehen, habe ich ein dumpfes Gefühl im Bauch. Warum nur? Ich komme zu keinem rechten Schluss. Ich
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