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Tödliche Mitgift

Tödliche Mitgift

Titel: Tödliche Mitgift
Autoren: Eva Almstädt
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ab.« Ihn verschwinden zu sehen rief nicht die gewünschte Erleichterung in ihr wach. Sie verstand überhaupt nichts mehr. Als die Zimmertür hinter ihm ins Schloss gefallen war, seufzte sie. Sie warf einen Blick in den Spiegel mit dem vergoldeten Rahmen: So eine Granate bist du gar nicht … Idiot! Sie würde sich jetzt zur Beruhigung ein Fläschchen aus der Minibar genehmigen und, auf dem Bett liegend, den italienischen Sternenhimmel betrachten. Oder sollte sie sich lieber ein Schaumbad einlaufen lassen?
    Ein leises Klopfen unterbrach Annegrets Überlegungen. Kam der Kerl etwa wieder zurück? Warum sollte er? Die Neugier, wer zu dieser Stunde noch zu ihr wollte, war stärker als der Wunsch nach Ruhe. »Einen Moment!«, rief sie halblaut und strich sich eine lange Haarsträhne aus dem Gesicht. Dann öffnete sie die Tür.

1. Kapitel
    T rag es mit Fassung, okay? Ich musste sie einfach hereinlassen, Pia.« Die Frage, um wen es sich bei der besagten Person handelte, die ihrem Freund Hinnerk dieses mühsam zurückgehaltene Grinsen ins Gesicht gezaubert hatte, klärte sich, als Pia ihre Schwester Nele hinter Hinnerks breitem Kreuz im Wohnungsflur auftauchen sah.
    Nele winkte fröhlich. »Hey, Pia, auch endlich zu Hause! Dein Freund war so lieb, mich hereinzulassen, sonst wäre ich schon auf dem Treppenabsatz an einem Hitzschlag gestorben.«
    »Hi, Nele. Kennt ihr euch eigentlich schon?«, fragte Pia. Sie war sich sicher, dass die beiden sich noch nie begegnet waren – jedenfalls nicht in ihrer Gegenwart. Die Mühe, ihre Schwester und ihren neuen Freund einander vorzustellen, konnte sie sich aber sparen, denn Nele sagte:
    »Jetzt schon. Hinnerk hat mir einfach geglaubt, dass ich mit dir verwandt bin, auch wenn er keinerlei Ähnlichkeiten feststellen konnte …« Sie zwinkerte Pia hinter seinem Rücken zu, was alles Mögliche heißen konnte, angefangen von Was ist denn das für einer ? bis hin zu Der gefällt mir ebenfalls.
    Nele trug ein hautenges Kleid mit einem breiten Gürtel, der locker auf ihren etwas üppigen Hüften auflag. Ihr dunkles Haar fiel ihr auf die Schultern, und an ihrem linken Arm klimperte eine Batterie Silberreifen.
    Pia Korittki, nach einem Arbeitstag im Kommissariat wie fast immer in Jeans und T-Shirt, kickte sich die Schuhe von den Füßen und ließ ihren Rucksack zu Boden fallen. »Ich brauche als Erstes was zu trinken – fühlt euch so lange schon mal ganz wie zu Hause«, sagte sie.
    Hinnerk zog sie an sich. Sein Kuss schmeckte salzig und nach Lakritz. »Die ist doch lustig«, flüsterte er Pia ins Ohr, »warum hast du sie mir so lange vorenthalten?«
    Nele war bereits im Wohnzimmer verschwunden.
    »Weil sie nie wirklich da ist. Bei ihrem Tempo wird mir schwindelig. Nimm dich vor ihr in Acht. Männer wie dich verspeist sie in einem Stück zum Frühstück …«
    »Na ja, auf irgendeine Art und Weise müsst ihr euch ja ähneln, oder?« Er zog spielerisch an einer Strähne ihres glatten, blonden Haares. »Rein äußerlich betrachtet, kann ich jedenfalls keine Ähnlichkeit feststellen …«
    »Du wirst auch sonst keine entdecken, glaub es mir.« Pia entwand sich seiner Umarmung und ging in die Küche. In ihrer Dachwohnung war es nicht so stickig, wie sie befürchtet hatte. Die rissigen alten Fliesen fühlten sich kühl unter ihren bloßen Füßen an. Die Tür zum Küchenbalkon stand offen, und die weiche, aromatische Luft eines sommerlich warmen Juliabends erfüllte den Raum. Eine Fliege flog summend zwischen dem schmutzigen Frühstücksgeschirr und den schwarzbraunen Bananen in der Obstschale hin und her. Pia nahm sich ein Glas aus dem Schrank und ließ das erste Wasser, das sich in der Wasserleitung erwärmt hatte, in den Abfluss laufen. Dann füllte sie das Glas nacheinander zwei Mal auf und trank es aus.
    Sie überlegte, was Nele zu dem Besuch veranlasst haben könnte. Ihre beider Leben hatten nicht viele Berührungspunkte. Nele studierte in Hamburg Modedesign, hielt sich aber fast ebenso oft in Berlin, London oder Mailand auf, angeblich wegen weiterführender Studien … Sie brüstete sich damit, haufenweise interessante und wichtige Leute zu kennen, und Pia wartete darauf, dass sich diese Kontakte eines Tages in Form einer guten Arbeitsstelle bezahlt machen würden. Bis es so weit war, lebte Nele von Gelegenheitsjobs und den Zuwendungen ihrer Eltern.
    Nachdem Pia nach einem längeren Auslandsaufenthalt nach Lübeck zurückgekommen war, hatte sie die Polizeilaufbahn eingeschlagen. Sie sammelte
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