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Tödliche Märchen

Tödliche Märchen

Titel: Tödliche Märchen
Autoren: Jason Dark
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in der Luft auflösten. Nichts blieb zurück. Dann stürmte ich in den Raum.
    Plötzlich war der Teufel los. Sekundenlang herrschte ein so großes Durcheinander, daß ich nicht dazukam, mir Grandma Gardener zu schnappen. Sie nutzte natürlich die Gunst des Augenblicks aus und schaffte es sogar, mir den Sessel entgegenzukippen. Er fiel genau gegen meine Beine. Ich geriet ins Stolpern, die Gardener gewann Zeit, schlug einem Jungen ins Gesicht und bahnte sich so einen Weg. Ihr verdammtes Buch hatte sie mitgenommen.
    Laut kreischend rannte sie furienhaft auf die Tür zu und tauchte in dem kurzen Gang unter.
    Mehr schlecht als recht kam ich über den Stuhl hinweg und sah das verzerrte Gesicht meiner Kollegin vor mir, die mich ansprechen wollte.
    »Jetzt nicht!« Ich kam ihr zuvor. Diese Märchentante sollte mir kein zweitesmal entwischen.
    »Und die Kinder?« rief sie.
    »Bleiben Sie bei ihnen!« Mittlerweile war ich davon überzeugt, daß sich in diesem Zimmer nichts mehr abspielte. Ich rechnete mit Grandma Gardeners Flucht, doch auch Geisterjäger können sich täuschen. Sie stand in der Halle!
    Ich kam mir vor wie ein lebender Torpedo, als ich aus dem Gang herausschoß, mich soeben noch fangen konnte und stehenblieb. Wir starrten uns an.
    Das Licht war grau, die Dämmerung zog über das Land. Häßlich grün leuchtete der Schädel, wobei sich die einzelnen Knochen deutlich abzeichneten.
    Ich nickte ihr zu, als ich vor ihr stehenblieb. »Okay«, sagte ich. »Nur noch wir beide.« Die Mündung der Beretta blieb auf sie gerichtet. »Jetzt kannst du dein letztes Märchen erzählen, Grandma Gardener.«
    Sie nickte heftig. Das Buch hielt sie umklammert wie einen kostbaren Schatz. »Das werde ich auch!« keuchte sie. »Ja, ich werde dir, der du es gewagt hast, gegen die Hölle anzugehen, das letzte und schrecklichste Märchen erzählen.«
    »Vielleicht sagst du mir zuvor, weshalb du das alles getan hast!«
    »Um der Hölle zu gefallen!«
    Ich hob die Schultern. »Das wollen viele, aber du scheinst es geschafft zu haben.«
    »Ja, ich habe es geschafft. Schon als Kind war ich faszinert von dem Bösen. Ich las es in den alten Märchenbüchern, wo viele Geschichten von einer Begegnung des Menschen mit dem Teufel erzählen. Und das ließ mich nicht los. In meiner Phantasie sah ich die Flammen der Hölle lodern. Ich wollte wissen, ob es so etwas gab. Als ich älter wurde, geriet ich an andere Bücher. Totenkulte interessierten mich, und ich las darüber, daß man als Dienerin der Hölle in der Lage ist, mit den Verstorbenen zu reden. So etwas wollte ich auch probieren und widmete mich voll und ganz der schwarzmagischen Kunst. Ich erreichte wahre Meisterehren und traf auch auf Lilith, die ebenfalls eine besondere Funktion in der Hölle innehat. Sie brachte mich als ältere Frau wieder zurück auf das, was ich in meiner Jugend so geliebt hatte. Auf Märchen. Da ich jetzt mit besonderen Gaben ausgestattet war, wurde mir erklärt, daß ich diese auch ausnützen müsse, und so wurde ich die bekannte Märchen-Erzählerin vom Bildschirm. Ich habe eine große Fangemeinde und dachte immer daran, sie ebenfalls Lilith oder dem Teufel zuzuführen. Ich wurde immer besser, so daß ich dieses magische Buch geschenkt bekam, aus dem ich die wirklichen Märchen vorlese. Die Geschichten, die plötzlich wahr werden. Jetzt brauchte ich nur noch an meine kleinen Freunde heranzukommen. Ich lockte sie mit einer Video-Kassette, auf der ich ihnen das Gespräch mit den Toten versprach. Das hätte ich auch getan, dann wären sie reif gewesen, um mir in dieses Haus zu folgen und dem Satan zu dienen. Die ersten vier sind nur aus Neugierde mitgekommen, leider nicht aus Überzeugung, aber das läßt sich noch nachholen. Ich werde weiter auf dem Bildschirm zu sehen sein…«
    »Nein!« unterbrach ich sie. »Nicht mehr. Das lasse ich nicht zu!«
    »Willst du den Teufel und die Hölle besiegen?« schrie sie mich an. »Das schafft kein Mensch.«
    »Ich habe es schon einige Male geschafft. Selbst Lilith konnte mich nicht stoppen. Ich habe die Große Mutter in ihre Schranken verwiesen, aber dich werde ich aus dem Verkehr ziehen.«
    »Willst du mich mit einer Kugel schrecken?«
    »Nein«, erwiderte ich. »Nicht damit. Es gibt andere Dinge. Das Kreuz, zum Beispiel.«
    Ich hatte eigentlich damit gerechnet, daß sie mich nicht mehr überraschen könnte.
    Sie tat es trotzdem.
    Mit einer gedankenschnellen Bewegung klappte sie das Buch auf und riß hastig einzelne Blätter
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