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Töchter auf Zeit

Töchter auf Zeit

Titel: Töchter auf Zeit
Autoren: Jennifer Handford
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die Hand. »Einfach als Plan B. Ernsthaft, Helen, dann geht es dir bestimmt viel besser.«
    Und zack, waren wir in die Muster unserer Kindheit verfallen: Claire kommandierte mich herum. Ein Bild nach dem anderen tauchte vor meinem geistigen Auge auf, wie sie mich geschickt manipuliert hatte. »Helen, ich sage ja nicht, dass sie
scheußlich
sind, aber vielleicht würden dir andere Hosen besser stehen.« Oder: »Ach, Helen, so schwer ist Algebra doch gar nicht. Gib mir einen Moment, damit ich darüber nachdenken kann, wie ich
dir
das so erkläre, dass du es auch begreifst.«
    Claire durchsuchte ihre Fendi-Handtasche. »Das hätte ich ja beinahe vergessen. Ich habe dir eine neue Augencreme besorgt. Mit Retinol. Das polstert deine Fältchen im Handumdrehen auf.«
    »Danke für die Blumen«, sagte ich und nahm die Creme entgegen.
    »Glaub mir, du fühlst dich gleich viel besser, wenn du auf dein Äußeres achtest. Wenn du diese Woche bei uns vorbeischaust, könnte ich deinen Ansatz färben. Und deine Augenbrauen zupfen, deine Beine enthaaren. Und dein Gesicht: Da wäre ein Peeling bitter nötig, um die ganzen abgestorbenen Hautpartikel zu entfernen.«
    »Ich werde mal in meinem Kalender nachsehen, ob ich Zeit habe, Miss Elizabeth Arden, und gebe dir Bescheid«, sagte ich und fasste mir ins Gesicht. Wie kam sie bloß darauf, dass ich etwas tun müsste, dachte ich bei mir. Schließlich hatte ich mir erst gestern unter der Dusche Tims Rasiergel von Clinique mit Peelingeffekt ins Gesicht geschmiert.
    »Geh doch mit mir ins Fitnessstudio. Seit Neuestem mach ich Spinning und Kickboxen, und Enrique hat mir einen ganz strengen Ernährungsplan aufgestellt.« Claire war ein Fitnessfreak, die ihrem Körper vier Mal die Woche unter den kritischen Augen ihres Personal Trainers das Äußerste abverlangte, damit sie ihre knapp fünfzig Kilo halten konnte und ihr durchtrainierter Körper dem von Madonna in nichts nachstand. Selbst als Claire mit Maura schwanger war, hatte sie nicht ein Gramm Fett zugelegt.
    »Klingt grauenhaft.«
    »Außerdem hab ich mir von der Webseite der Adoptionsagentur Informationen heruntergeladen«, fuhr Claire fort. »Ihr braucht mehrere Empfehlungsschreiben. Ich habe schon mal eines verfasst. Wenn du so weit bist, brauchst du es mir nur zu sagen.«
    »Fein, Claire.«
    »Und lies die Bücher, die ich dir gegeben habe.«
    Ich dachte an den Stapel Bücher, der auf meinem Nachtkästchen neben dem Bett stand. In nicht eines hatte ich auch nur einen Blick geworfen. »Okay, Claire«, sagte ich. »Botschaft verstanden.«
    In diesem Moment hüpfte Maura aus dem Klassenzimmer und sprang mir direkt auf den Schoß.
    »Weißt du was, Tante Helen?«, sagte sie und schlang ihre Arme um meinen Nacken.
    »Was denn?«, wollte ich wissen und inhalierte ihren süßlichen Atem – eine Mischung aus Keks und Gummibärchen.
    »Wusstest du, dass Michael keine Erdnüsse essen darf? Wenn er welche isst, schwillt sein Hals zu.« Sie griff sich um den Hals, um ihre Worte zu verdeutlichen.
    »Ehrlich?», sagte ich. »Und was gibt es sonst noch Neues?« Wir hatten Maura insgeheim den Spitznamen »Laufender Kommentar« gegeben, weil sie es sich einfach nicht verkneifen konnte, jedem haarklein zu erzählen, was sie so alles erlebt hatte.
    »Erdnüsse sind gar keine Nüsse, und Weberknechte keine echten Spinnen – die haben nämlich sechs Beine!«, gab Maura stolz ihre neuesten Erkenntnisse zum Besten. Dabei riss sie die Augen so weit auf, dass ihre Augenbrauen fast unter ihrem Pony verschwanden.
    »Was du nicht alles weißt, meine Süße!«
    »Tante Helen, weißt du was?«
    »Was denn?«, gab ich ihr zur Antwort, zog sie an mich und drückte ihr einen Kuss auf die samtweiche Haut ihrer Stirn.
    »Ich hab dich lieb.«
    »Ich dich auch«, sagte ich, schloss meine Augen und sendete ein Stoßgebet gen Himmel: Bitte.
    »Wir sehen uns am Sonntag«, sagte Claire. Sie stand auf und reckte und streckte sich. »Mir tut alles weh.«
    »Sag Eduardo, er soll mal einen Gang runterschalten.«
    »Enrique.«
    »Wie auch immer«, sagte ich und drückte Maura an meine Brust. »Deine Mommy ist viel zu fertig, um auf dich aufzupassen«, plapperte ich mit quiekender Stimme. »Das bedeutet, du gehörst mir, mir allein.« Ich presste meine Nase an Maura und schnüffelte an ihr herum, bis sie vor Vergnügen kreischte.

KAPITEL 3
    Koriander. Starker Kaffee. Speck. Ich drehte mich zur Seite, griff nach meiner Daunenbettdecke und kuschelte mich noch tiefer in mein
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