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Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)

Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)

Titel: Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)
Autoren: Birgit Wilhelmy
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angemessenen Preis für ihr silbernes Fundstück und verabschiedete sich von einer völlig perplexen Theresa.
    Wo blieb denn nur Charlotte? Langsam bekam auch Theresa Hunger. Es war mittlerweile 9 Uhr und die Sonne brach hoffnungsvoll durch die Wolken. Sie fühlte die wunderbare Wärme und erinnerte sich plötzlich an ein Lied, das so treffend ihre jetzige Gefühlslage beschrieb:
    Ein Tag ist niemals wie ein Tag schon war,
    die Nacht nicht immer sternenklar.
    Das Leben ist nicht anzuhalten,
    die Zeit nicht an- und auszuschalten.
    Es zog vorbei, das letzte Jahr,
    ein kurzer Moment, den ich kaum sah.
    Die Sonne kämpft mit aller Macht,
    sodass mein Herz bald wieder lacht.
    „Was soll diese Uhr kosten?“ Theresa erschrak, denn sie hatte, ganz in ihren Gedanken versunken, den Mann nicht bemerkt, der nun vor ihrem Tisch stand und auf die Armbanduhr ihres verstorbenen Mannes zeigte. Sie blickte auf und schaute in warme braune Augen.
    „Ach herrje“, verwirrt schüttelte sie ihren Kopf, „wenn ich das nur wüsste.“
    Der Mann mit dem freundlichen Blick fragte: „Darf ich?“, nahm die Uhr – ohne eine Antwort abzuwarten – hoch und betrachtete sie eingehend von beiden Seiten. „Ein gutes Stück“, sagte er.
    Ja , dachte sie bitter, nur das Beste für meinen Mann .
    Er hatte es verstanden, sich reich zu beschenken und sie kurz zu halten, doch das behielt sie für sich.
    „100 Euro und keinen Cent weniger!“ Charlotte war, unbemerkt von beiden, plötzlich neben sie getreten und funkelte den netten Mann angriffslustig an.
    „Charlotte!“ Theresa war empört über Charlottes Benehmen und lächelte den Interessenten verlegen an.
    „Meine Tochter“, sagte sie und es klang wie eine Entschuldigung.
    „Nein, das ist schon okay“, erwiderte der Mann, „Ihre Tochter und ich, wir kennen uns, darf ich mich vorstellen: Dieter Hoffstedt.“ Theresa schaute ihre Tochter fragend an, als Herr Hoffstedt sogleich weitersprach: „Charlotte und ich kennen uns aus dem Fitness-Studio, und sie hat natürlich vollkommen recht.“ Er grinste breit. „100 Euro ist ein absolut realistischer Preis für diese tolle Uhr. Ich nehme sie.“
    Mit diesen Worten zog er zwei Fünfzig-Euro-Scheine aus seiner Brieftasche, gab sie ihr und legte die Uhr geradewegs um sein Handgelenk. Dort betrachtete er sie zufrieden, sagte wie beiläufig: „Hat mich sehr gefreut, Sie kennenzulernen“ und verschwand sodann in der Menge.
    Theresa blickte ihm fasziniert nach. Sie verspürte leichtes Herzklopfen und stellte mit Bedauern fest, dass sie sich wieder einmal zu dämlich angestellt hatte und kein vernünftiges Wort aus ihrem Mund gekommen war. Sprach ein netter Mann sie an, geriet sie gleich in Panik und verschanzte sich in ihrem Schneckenhaus.
    Schade , dachte sie, er war wirklich sehr nett gewesen, aber immerhin, die ersten Euro sind verdient, ist ja auch schon etwas . Ihre Stimmung besserte sich. Sie wandte sich ihrer Tochter zu:
    „Wo warst du eigentlich die ganze Zeit? Ich dachte, du wolltest nur Frühstück holen. Lässt mich hier so lange alleine. Dieser Herr Hoffstedt hat bestimmt gedacht, ich wäre komplett blöde. Ich habe mich total blamiert.“ Theresa schubste Charlotte leicht von der Seite an, doch die lachte nur.
    „Ach was, Mamsell, der Hoffstedt ist okay, der denkt so etwas nicht. Und ich hab ein paar Bekannte getroffen und mich verquatscht, tut mir leid, Mama, aber schau, leckere Brötchen und heißer Kaffee, nur für dich.“
    Theresa lächelte. Sie konnte ihrer Tochter nie lange böse sein. Ganz plötzlich schien die Welt wieder in Ordnung zu sein. Ihre Sorgen würde sie heute einfach mal für ein paar Stunden vergessen.
    Sie dachte nicht mehr an die ältere Dame.

 
     

V iktoria schlief schlecht. Eigentlich schlief sie so gut wie gar nicht mehr. Und man sah es ihr an. Ihr sonst so makelloses Gesicht wirkte an diesem Morgen müde und alt, die dunklen Ringe unter ihren Augen, die Fältchen um ihren Mund, all das wurde auch durch das teuerste und beste Make-up in keiner Weise gemildert.
    Viktoria betrachtete ihr Spiegelbild mit wachsendem Abscheu und schierer Verzweiflung. „Was hast du dir dabei nur gedacht? Du blöde, bescheuerte, idiotische dumme Kuh!“, zischte sie ihrem Antlitz zu. „Hast du denn total den Verstand verloren? Hast du gedacht, er wäre der Prinz, der dich aus deinem langweiligen, trostlosen und lieblosen Leben entführen würde, dich bis ans Ende des Lebens lieben und beschützen würde?“ Ja , dachte
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