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Tod im Netz: Kriminalroman (Oldenburg-Krimi) (German Edition)

Tod im Netz: Kriminalroman (Oldenburg-Krimi) (German Edition)

Titel: Tod im Netz: Kriminalroman (Oldenburg-Krimi) (German Edition)
Autoren: Andreas Adlon
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Ja?«
    » Schön, dass es dich gibt und dass du mir immer zuhörst.«
    » Dir immer gerne, weißt du doch. So, ich muss Schluss machen.«
    » Tschüss.«
    Lissi zündete ein Teelicht an und stellte die Kanne auf das Stövchen. Ihre Tasse mit dampfendem Tee nahm sie in beide Hände, nachdem sie sich auf die schwarze Ledercouch gesetzt hatte. Eigentlich hatte Sanne ja recht. Ihr ging es gut. Sie war gesund, sie hatte einen Job, den sie mochte, und eine schöne Wohnung. Zu ihrem Vater hatte sie keinen Kontakt mehr, nach dieser Geschichte , nach deren Ende er nach Hannover gezogen war, um dort ein hohes Amt zu bekleiden. Ihre Mutter lebte noch in ihrem Elternhaus in Jaderberg, einem Ort in der Wesermarsch, keine 15 Kilometer vom Meer entfernt.
    Und doch fehlte etwas in ihrem Leben. Ein guter Mann und eine richtige Familie. Als sie kürzlich 30 geworden war, hörte sie ihre biologische Uhr ticken. Was bildest du dir eigentlich ein? Elena Wagner wäre froh, wenn sie so alt hätte werden dürfen. Also Schluss jetzt mit diesen trüben Gedanken. Lissi klappte ihren Laptop auf und rief ihr Facebook-Profil auf. Obwohl die Regeln des amerikanischen Unternehmens echte Namen forderten, nannte sie sich dort Lisbeth Salander, nach der Romanfigur von Stieg Larssons Millenium-Trilogie. Eine Identitätsprüfung durch einen Personalausweis sah Facebook nicht vor.
    Ihr Profilbild zeigte eine Zeichnung, die Sanne gemalt hatte. Aus einer Weinlaune heraus hatte sie ihre Freundin gebeten, die Romanfigur zu malen. Schwarze Haare, ein Lippenpiercing und dunkel geschminkte Augen. Dieses Bild zog eine Menge Männer an. Sogar aus dem Ausland bekam sie eindeutige Angebote in schlechtem Deutsch, und sogar Heiratsanträge von Männern, die sie noch nie kontaktiert hatte. Nur wenige ihrer Freunde und Freundinnen kannten ihr Profil.
    Sie wechselte in den Chat , einem elektronischen Treffpunkt für Singles im Oldenburger Raum, bei dem sie sich vor Monaten registriert hatte. Unter ihrem Nicknamen 'MissesSophie' loggte sie sich ein. Nachdem sie die ersten zehn Minuten Belanglosigkeiten ausgetauscht hatte, erregte ein User ihre Aufmerksamkeit, der sie privat anschrieb, dessen Nachricht also nur sie lesen konnte. Sie hatte den Namen zuerst falsch gelesen und wollte ihn zunächst ignorieren. Er hieß gar nicht 'MrPerverser'. Eine Übersetzungsseite zeigte ihr, dass 'Preserver' Retter hieß.
    MrPreserver: hallo misses, ich habe dich hier noch nie gelesen.
    MissesSophie: hallo mr, bin nur selten hier.
    MrPreserver: samstag abend, geht eine misses da nicht auf tour?
    Misses Sophie: offensichtlich nicht. du hast dir einen seltsamen nick ausgesucht.
    MrPreserver: gefällt er dir nicht?
    MissesSophie: hatte zuerst was anderes gelesen.
    MrPreserver: lol, das höre ich oft.
    MissesSophie: wen willst du denn retten?
    MrPreserver: du hast gegoogelt, gib‘s zu.
    MissesSophie: ok, erwischt, also wen?
    MrPreserver: die, für die es sich lohnt, hunderte km zu fuß zu gehen.
    Was für ein Schleimer!, dachte sich Lissi, und trotzdem gefiel ihr der Satz. Ein Klick in das Profil machte sie auch nicht viel schlauer. Er hatte kein Bild von sich eingestellt – sie vorsichtshalber auch nicht -, war angeblich 33 Jahre alt, wohnte in Oldenburg, und unter Beruf stand lediglich das Wort: Akademiker. Lissi tippte hastig eine Antwort.
    MissesSophie : hast du so eine frau denn noch nicht gefunden?
    MrPreserver : ich bin ein suchender…
    MissesSophie: sorry, muss los. Lissi loggte sich aus und rieb sich die Stirn. Wahrscheinlich einer von den üblichen Spinnern. Vielleicht war er in Wirklichkeit 60 Jahre alt, hatte einen Bart und einen großen Bierbauch, und ihm machte es Spaß, sich online an junge Frauen ranzumachen. Virtuell war es ja auch so einfach.
    Eine DVD »Zwei an einem Tag« fiel ihr ins Auge. Den Film hatte sie sich schon seit längerer Zeit mal anschauen wollen. Sanne hatte ihn wärmstens empfohlen. 'Ein Muss für kalte Wintertage, wenn du dich einsam fühlst.‘ Lissi nahm sich die DVD-Hülle von ihrem Fernsehtisch, begutachtete das Bild,  klopfte es nachdenklich mit der rechten Hand gegen die Innenseite der linken Hand und sah dabei durch die Balkontür. Es wollte einfach nicht aufhören zu schneien. Sie hatte einen Entschluss gefasst, den sie hoffentlich nicht bereuen würde.

 
    Kapitel 4
    Laut Melderegister wohnte Alexander Hoffmann im Art illerieweg, der bequem über die Ammerländer Heerstraße zu erreichen war. Der lieblose dreistöckige Bau sah aus der Ferne
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