Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Moseltal

Tod im Moseltal

Titel: Tod im Moseltal
Autoren: Carsten Ness
Vom Netzwerk:
zurückkamen, musste ich ihm die Arbeit abnehmen und habe dem Kaninchen dann mit einem kräftigen Schlag das Genick gebrochen, wie ich das von meiner Großmutter her kannte. Thomas hat zugeschaut und war danach zwei Tage krank.«
    Buhle nickte. »Ja, es ist dennoch erstaunlich, wozu Menschen in der Lage sind. Glauben Sie mir, ein Großteil der ungeplanten Morde wird von Leuten ausgeführt, denen man das nicht zutrauen würde. Das ist aber mehr ein Thema für Ihr Fachgebiet. Mir bleibt nur, die Fakten zu ermitteln. Da sieht es momentan für Ihren Mann nicht gut aus, Frau Steyn.«
    »Kann ich ihn jetzt endlich sprechen?« Marie hatte sich auf Buhle zubewegt. Er nickte kurz, stand auf und schob den Stuhl an ihr vorbei unter den Schreibtisch.
    »Kommen Sie, er ist nebenan.«
    Marie schnürte der Gedanke, ihrem Mann jetzt gegenüberzutreten, fast die Kehle zu. Sie musste zweimal kräftig schlucken, um wieder genug Raum zum Atmen zu haben. Die beiden Kinderzimmer lagen nebeneinander. Mattis hatte als der Ältere das etwas größere Zimmer bekommen. Als Buhle die Tür öffnete und Marie bat, an ihm vorbei in das Zimmer zu treten, hätte es für sie noch viel größer sein können.
    Thomas hockte zusammengesunken auf dem Bett. Auf dem Schreibtischstuhl saß ein Mann in den Fünfzigern, der offensichtlich zum Ermittlerteam gehörte.
    »Das ist Kriminalhauptkommissar Gerhardts.« Buhle zeigte auf seinen Kollegen, der zu ihm sah und mit einer Bewegung seines stark ergrauten Kopfes etwas andeutete, das Buhle wohl verstand.
    Thomas hob den Kopf und erblickte Marie. Es dauerte aber einige Sekunden, bis er sie auch wirklich registrierte.
    »Marie …« Mehr brachte er nicht heraus.
    Marie spürte in diesem Augenblick eine meterdicke Mauer zwischen sich und ihm, die sie daran hinderte, auch nur einen Zentimeter weiterzugehen.
    »Kann ich mit meinem Mann alleine sprechen?« Bei der Frage schaute sie keinen der Anwesenden an.
    Sie kannte die Antwort bereits. Buhle hatte sie vorweggenommen. Aber es schien ihr in diesem Moment die einzige Möglichkeit, Thomas ein wenig Nähe zu zeigen. Weiterzugehen vermochte sie noch immer nicht.
    Die Frage ließ ein wenig Leben in Thomas zurückkehren. Er richtete sich auf, blickte zuerst Marie, dann die beiden Polizisten an. »Hören Sie, ich werde doch wohl mit meiner Frau in meinem Haus noch ein paar Worte allein reden dürfen.« Seine Stimme krächzte am Ende des Satzes etwas.
    Gerhardts antwortete nach einem weiteren kurzen Blickkontakt mit Buhle: »Herr Steyn, ich fürchte, nein. So wie sich das für uns hier darstellt, sind Sie dringend tatverdächtig, den Mord an der Unbekannten in Ihrem Haus begangen zu haben. Wir werden Sie mit ins Polizeipräsidium nehmen müssen, um Sie erkennungsdienstlich zu behandeln. Anschließend können Sie sich einen Anwalt nehmen. Wenn Sie vorher etwas mit Ihrer Frau besprechen wollen, müssen Sie es leider in unserer Anwesenheit tun.«
    Präsidium, Anwalt … natürlich würden sie ihn festnehmen. Natürlich hatten sie angenommen, er hätte alles erfunden. Thomas wurde erst jetzt richtig bewusst, was auf ihn zukommen würde. Hatte er tatsächlich gedacht, sie würden ihn hierlassen? Panik stieg in ihm auf. Entsetzliche Panik. Würde ihm keiner glauben? Aber er war es doch nicht gewesen. Er kannte die Frau nicht einmal. Er war unschuldig. Marie? Verzweifelt suchte er Blickkontakt mit ihr.
    Marie stand noch immer nahe der Zimmertür. Sie hatte sich nicht weiter auf ihn zubewegt, hielt eine für ihn unerklärliche Distanz. Warum kam sie nicht zu ihm? Zweifelte sie auch? Sie musste ihm doch glauben.
    Als sich ihre Blicke trafen, durchfuhr ihn die Erkenntnis wie ein Schlag: Nein, sie würde es auch nicht tun.
    Thomas sackte in sich zusammen.
    Marie wandte sich Buhle zu, der immer noch dicht hinter ihr stand. »Herr Buhle«, sie versuchte den Namen offenbar mit der größten ihr möglichen Geringschätzung auszusprechen, »ich habe Ihnen vorhin schon erklärt, dass mein Mann zu so einer Tat nicht in der Lage ist. Sehen Sie sich das Häufchen Elend doch an. Sieht so ein Mörder aus?«
    »Wie sieht denn ein Mörder aus, Frau Dr. Steyn?« Es war das erste Mal, dass in der Stimme des Kriminalhauptkommissars Schärfe mitschwang. Nicht stark, aber doch so plötzlich, dass sich die Augen aller auf ihn richteten. »Sie sind Psychologin und wollen mir sagen, dass man einen Mörder an seinem Aussehen erkennen kann? Ich gehe nach Fakten, und danach deutet derzeit alles darauf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher