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Tod auf Bestellung

Tod auf Bestellung

Titel: Tod auf Bestellung
Autoren: Alexander Lohmann
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unausweichlich. Früher oder später musste er den schweren Hirnverletzungen erliegen. Aber es waren keine zufälligen Schäden. Bei wahllosen Stichen ins Gehirn hätte vom sofortigen Tod bis zu mehr oder minder spezifischen Ausfällen alles Mögliche eintreten können. Aber der Täter ist nicht wahllos vorgegangen.«
    »Sondern?«, fragte Decker.
    »Nun ja, man könnte beinahe sagen …«, der Arzt räusperte sich, »elegant.«
*
    Decker und Cotton schauten kurz in dem Krankenzimmer vorbei, in dem Clegg die letzten beiden Tage seines Lebens verbracht hatte. Das Bett war gemacht, die Apparate fortgeräumt; es gab keine Spuren mehr, die den Agents irgendetwas verraten hätten. Es gab auch keine Hinweise auf trauernde Angehörige oder andere Besucher, die etwas über den Hintergrund des Toten hätten aussagen können.
    Cotton und Decker suchten die Pathologie auf und überzeugten sich davon, dass der Tote tatsächlich sehr gründlich untersucht worden war. Cleggs Verletzungen waren lückenlos dokumentiert: Der Täter hatte ihn zuerst mit einem Elektroschocker betäubt, wie die Spuren im Brustbereich verrieten. Mit einem Knochenbohrer hatte er dann die Schädeldecke geöffnet, Nadeln eingeführt und Gehirnbereiche durch Anlegen einer Spannung verödet. Von diesen Verletzungen zeugten nicht nur MRT- und CT-Aufnahmen zu Lebzeiten, das Gehirn war außerdem in Scheiben präpariert worden und stand für weitere Untersuchungen zur Verfügung.
    »Wir können alles Wichtige also zu Sarah schicken«, stellte Decker fest.
    »Ja«, sagte Cotton. »Das Gehirn wird bei der Organspende offenbar nicht gebraucht.«
    Decker schnaubte belustigt. »Obwohl mir ein paar Leute einfallen würden, die eins nötig hätten. Nun gut, ich lasse Sarah erst mal die Daten zukommen und frage sie dann, ob sie noch weiteres Material braucht, um es sich genauer anzusehen.«
    Kurz darauf standen die beiden Agents unschlüssig in der Halle.
    »Was jetzt?«, fragte Cotton. »Ich schätze, wir können den Mord nicht allein mithilfe der Krankenakten aufklären. Und mehr Hinweise werden wir in der Klinik nicht finden. Es ist traurig, dass sich anscheinend niemand für Clegg interessiert – jedenfalls nicht genug, um mal bei ihm vorbeizuschauen.«
    »Er hat einen Bruder in Seattle.« Decker blätterte durch die Fallunterlagen, die sie sich auf ihr Smartphone überspielt hatte. »Aber ich glaube nicht, dass der Grund für den Mord in der Familie zu suchen ist. Nicht, wenn man an die anderen Fälle denkt.«
    Clegg war bereits der Fünfte, den man im Koma aufgefunden hatte, nachdem er in seinem eigenen Haus mit chirurgischer Präzision am Gehirn verletzt worden war. Die Opfer waren nicht miteinander verwandt, sie lebten übers ganze Land verstreut, und auch sonst gab es zwischen ihnen keine offensichtliche Gemeinsamkeit, nur die Art und Weise ihres Todes.
    »Wie sieht’s mit seinem Umfeld aus?«, fragte Cotton. »Hatte der Kerl Geld?«
    »Er war seit zwei Jahren arbeitslos.« Decker wischte auf ihrem kleinen Bildschirm herum. »Er hat mal gut verdient, als Systemanalytiker bei einer Bank. Dann hat er den Job verloren, Scheidung, ein paar kurzfristige Anstellungen … Ist wohl nicht wieder auf die Füße gekommen. Keine Ahnung, wovon er in den letzten beiden Jahren gelebt hat. Möglicherweise von seinen Ersparnissen.«
    Cotton runzelte die Stirn. »Oder er war in was verwickelt, irgendeine dreckige Sache, die ihn am Ende das Leben gekostet hat.«
    »Darauf gibt es keinen Hinweis«, erwiderte Decker. »Außerdem, wenn jemand ihn aus dem Weg räumen wollte, gäbe es einfachere Möglichkeiten.«
    »Nehmen wir uns mal die Nachbarn des guten Mr Clegg vor.« Cotton setzte sich resolut in Bewegung. »Womöglich hat einer von ihnen etwas gesehen.«
    »Oder jemand weiß etwas über den Toten, was uns weitere Hinweise gibt«, fügte Decker ohne große Hoffnung hinzu. »Irgendeine Besonderheit, die wir mit den übrigen Opfern in Einklang bringen können und die uns zum Täter führt.«
*
    »Clegg hat in letzter Zeit ’ne Menge getrunken, sagt man.« Rupert Hillbridge kniff die Augen zusammen und blickte zum Fenster hinaus. Von seinem Wohnzimmer aus konnte er geradewegs auf das Grundstück seines Nachbarn Jason Clegg schauen.
    »Sagt man.« Cotton verdrehte die Augen. »Gesehen haben Sie aber nichts, oder?«
    »Clegg hatte meist die Vorhänge zugezogen«, erwiderte Hillbridge. »Hat sich ’ne Menge Fast Food per Bote anliefern lassen, fast jeden Abend. Er passte nicht hier
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