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Tochter des Ratsherrn

Tochter des Ratsherrn

Titel: Tochter des Ratsherrn
Autoren: J Tan
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komplett«, schloss Godeke gespielt belustigt. »Aber das wird uns nichts nützen, denn man wird uns nicht glauben. Wir haben keinerlei Beweise. Außerdem bin ich mir sicher, dass man uns nicht gerade mit Trompeten empfängt, wenn wir gleich an die Tür des Kunzenhofs klopfen.«
    »Dann müssen wir dieses Mal wohl zu anderen Mitteln greifen«, sagte Albert fest entschlossen und musterte die beiden Wachen, welche den Eingang des Grafenhofs bewachten.
    »Was meinst du damit?«, fragte Walther Unheil witternd.
    Ohne den Blick von den Männern zu nehmen, denen sie sich unaufhaltsam näherten, fragte Albert leise: »Habt ihr eure Messer dabei?«
    »Ja, aber was soll das heißen, Vater? Was hast du vor …?«
    »Bist du jetzt verrückt geworden?«, flüsterte Walther aufgeregt, der genau zu wissen glaubte, was sein Schwiegervater vorhatte.
    Doch Albert ließ sich nicht beirren. »Godeke, du nimmst den linken und Walther den rechten. Lasst nur Blut fließen, wenn es nicht anders geht.«
    »Was? Bleib stehen! Das ist doch Irrsinn …!« Walther wollte Albert noch aufhalten, doch da befahl dieser schon mit lauter, unnachgiebiger Stimme: »Jetzt!«
    In diesem Moment schossen Walther und Godeke vorwärts. Die Wachen hatten die drei Männer zwar kommen sehen, doch auf einen Kampf waren sie nicht vorbereitet.
    Godeke streckte seinen Gegner mit zwei gezielten Faustschlägen nieder.
    Walther hingegen rangelte mit seinem Mann wie ein Mädchen. Als Nuncius war er das Kämpfen nicht gewohnt und als Spielmann erst recht nicht. Godeke musste ihm zu Hilfe eilen, um auch ihn außer Gefecht zu setzen. Doch der Wachhabende kam schneller wieder zu sich, als den beiden lieb war, und ging auf Walther los. Dieser versuchte sich zu wehren – doch ohne Erfolg.
    Erst als Godeke erneut eingriff und dem Mann einen gezielten Schlag aufs Kinn versetzte, fiel er endlich in Ohnmacht. »War das jetzt wirklich so schwer?«, fragte er spöttisch, da er dem Nuncius immer noch zürnte.
    Albert hatte einem der Bewusstlosen inzwischen die Schlüssel abgenommen und verschaffte ihnen Zutritt zum Kunzenhof.
    Die drei Männer eilten durch den nun freien Hofeingang zum steinernen Haupthaus hinüber und zwängten sich wie Diebe durch einen schmalen Spalt der mächtigen Eingangstür. Dann liefen sie einen hell erleuchteten Gang entlang, bis sie vor der großen Flügeltür des Saals standen.
    Bevor sie sie öffneten, fragte Godeke: »Vater, was ist dein Plan?«
    »Ich habe keinen«, antwortete Albert wahrheitsgemäß. Dann drückte er die schwere Tür auf.
    »… darum sei es beschlossen, dass Vater Everard zum Dank für seine kühnen Dienste an der Stadt das Haus des Walther von Sandstedt und dessen Gemahlin, der Hexe Runa von Sandstedt, erhalten soll.« Willekin Aios versuchte laut zu sprechen, was ihm mühelos gelang. Seine sonore Stimme sollte auch noch im hintersten Winkel des Saales zu vernehmen sein.
    Plötzlich wurde mit einem lauten Quietschen die Tür geöffnet. Sämtliche Köpfe im Saal fuhren herum. Niemand wurde mehr erwartet. Wer also mochte so dreist sein, die Versammlung zu unterbrechen?
    »Halt, Bürgermeister!«, ertönte es da von der Tür.
    Willekin Aios verschluckte das Wort, welches ihm gerade auf der Zunge gelegen hatte, und sah, wie sich vor ihm eine Gasse öffnete. Hindurch kamen Albert von Holdenstede, sein Sohn Godeke und sein Nuncius Walther von Sandstedt, dessen Haus er gerade an Vater Everard übergeben hatte.
    Eiligen Schritts kamen die drei Männer näher und blieben vor den prunkvollen Sesseln der Grafen, des Ratsnotars, Vater Everards, Johannes’ vom Berge und seiner Wenigkeit stehen.
    Niemand sagte etwas, bloß Eccard Ribe, der ganz in der Nähe stand, zischelte Albert etwas zu, das ungefähr so klang wie: »Versteht Ihr etwa das darunter, wenn ich sage, verhaltet Euch ruhig und unauffällig ?«
    Noch bevor Albert zu einer Antwort ansetzen konnte, ergriff Willekin Aios das Wort. »Albert von Holdenstede, muss ich Euch tatsächlich daran erinnern, dass Ihr ein verstoßenes Ratsmitglied seid und darum nicht zur St.-Veitsmarkts-Versammlung kommen dürft? Wie seid Ihr überhaupt hier hereingekommen?«
    »Nein, Ihr müsst mich nicht an meinen Ausschluss aus dem Rat erinnern, Bürgermeister«, entgegnete Albert, der den letzten Teil von Willekin Aios’ Frage geflissentlich überging. Es wäre sicherlich kein guter Gesprächsanfang gewesen zuzugeben, zwei Männer der Grafschaft niedergemacht zu haben. »Doch haben sich die Umstände, die
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