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Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin

Titel: Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin
Autoren: Joan D. Vinge
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das vollständige Muster der Zukunft noch nicht, aber ich weiß, daß ich auf Hilfe angewiesen sein werde, um sie Wirklichkeit werden zu lassen – auf eure Hilfe, ganz besonders aber auf die Hilfe anderer Sibyllen. Der Sommer ist auch nach Karbunkel gekommen, und die Stadt ist für die Sibyllen nicht mehr verboten. Sibyllen gehören hierher, mehr als alles andere, mehr als jeder andere sich vorstellen kann! Inselbewohner, wenn ihr in eure Heimat zurückkehrt, dann bittet alle Sibyllen, die Reise zu unternehmen, wenn sie es können – sie sollen nicht bleiben, doch sie sollen ihren Teil im Plan für die Zukunft erfahren.«
    Sie verstummte und hörte das Flüstern der Menge. Sie versuchte abzuschätzen, ob sie ihre Worte akzeptierten. Sie warf auch den Sommern um sich herum verstohlene Blicke zu, war erleichtert, daß sie ihr mit wohlwollender Überraschung begegneten. Die Winter würden sich ihr nicht entgegenstellen, das wußte sie instinktiv, denn sie erinnerte sich noch deutlich an ihre Furcht und ihren Kummer. Sie mußte ihnen auch ihren Teil an der Entwicklung der Zukunft zugestehen. Sie sah wieder zu den wartenden Außenweltlern, denn sie erkannte das Risiko ihrer Aufforderung, das delikate Gleichgewicht, das sie wahren mußte, solange sie noch auf dieser Welt waren.
    »Wenn ... ich aus den traditionellen Bahnen der Sommerkönigin auszuscheren scheine, dann habt Vertrauen zu mir. Versucht, euch daran zu erinnern, daß ich die Auserwählte der Herrin bin, und daß ich nur Ihrem Willen folgen werde ... « Sie war sicher in dem Wissen, die Wahrheit zu sagen. »Sie ist mein Steuermann, und Sie bestimmt meinen Kurs nach Ihren fremden Sternen.«
Fremderer Sterne als die, die über uns scheinen.
»Sie blickte wieder zu den Außenweltlern. »Mein erster Befehl als eure neue Königin ...« – das Potential der Macht, die potentielle Energie, sang in ihrem Kopf – »... ist, daß keine Außenweltlerbesitztümer der Winter ins Meer geworfen werden dürfen. Hört mich an!« rief sie hastig, bevor die Menge sie niederbrüllen konnte. »Die von den Außenweltlern hergestellten Gegenstände erzürnen das Wasser und beleidigen das Meer. Drei Dinge von jedem Winter – mehr verlangt sie nicht – und die Winter selbst sollen entscheiden, was für eine Gabe sie darbringen wollen. Die Zeit ... die Zeit wird den Rest erledigen!« Sie wappnete sich gegen das Aufbegehren des Sommerunmuts.
    Aber sie nahm nur hie und da leicht gekräuselte Wasser des Mißfallens wahr, und hie und da ein Lachen oder Beifall von einem erstaunten Winter. Mond atmete tief ein und wagte es kaum zu glauben ...
Sie vertrauen mir! Sie hören zu, sie werden tun, was ich ihnen sage ...
Endlich erkannte sie, was Arienrhod gewußt hatte – und wie leicht die Macht ihre Fesseln abstreifen und das zerstören konnte, was sie hatte führen sollen. Ihre Hände umklammerten das Geländer der Tribüne. »Danke, mein Volk.« Und sie beugte den Kopf vor ihm.
    Die Sommer in Tribüne verbeugten sich mit ehrerbietiger Resignation vor ihr, aber Funke beobachtete sie wie eine Katze, als er ihren Sinn für Macht spürte.
    Sie blickte weg und bemühte sich um einen unbeteiligten Gesichtsausdruck, während der Premierminister ihnen gegenüber langsam aufstand, um als letzter ihre Position anzuerkennen und ihr einen scheinheiligen Tribut von Herrschendem zu Herrschender zu zollen. Sie sah auch den Ersten Sekretär Sirus unter den Delegationsmitgliedern, sah seinen Blick mit zweifelhaften Vorahnungen auf ihr ruhen. Sie stieß Funke an und leitete seinen Blick auf seinen Vater; er bemühte sich, das Lächeln zu erwidern. Dann betrachtete Funke wieder stumm seinen Großvater, den Premierminister, der seinen Salut begann.
    Die Ansprachen des Premierministers, des Obersten Richters und des halben Dutzends anderer Würdenträger, von deren Funktionen sie in ihrem Leben noch nie etwas gehört hatte, waren kurz und ziemlich altväterlich. Sie ertrug sie alle geduldig, und ihr geheimes Wissen beschirmte sie vor ihrer Arroganz, doch sie sah in jedem Gesicht Argwohn und Mißtrauen, verursacht von ihrer eigenen Rede zu ihrem Volk. Der Oberste Richter betrachtete sie zu lange und zu durchdringend, doch er stieß auch nur Glückwünsche hervor, wie der Rest, pries das Traditionelle und Rituelle, das unmerkliche Zurückgleiten ihres Volkes in die Unwissenheit. Sie lächelte ihn an.
    Als er den Platz vor ihr verließ, sah sie den letzten, der Tribut zollte, näherkommen. Es war die
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