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Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Titel: Thunderhead - Schlucht des Verderbens
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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wusste ja selbst nicht, ob ihr Vater wirklich die verborgene Stadt gefunden hatte. Aber der Ton seines Briefes war so überzeugt, so sicher gewesen, so voll von dem Gefühl eines triumphalen Erfolgs. Und da war noch etwas, das ihr nicht mehr aus dem Kopf ging: Irgendwie mussten die Männer oder Kreaturen oder was auch immer es gewesen sein mochte, das sie in dem alten Ranchhaus angegriffen hatte, von dem Brief ihres Vaters gewusst haben. Und das bedeutete, dass auch sie einen Grund zu der Annahme hatten, dass die Stadt Quivira wirklich existierte. »Es gibt viele noch unentdeckte Ruinen im Südwesten«, hörte sie sich selbst sagen, »die irgendwo unter dem Sand oder in einem Canon versteckt liegen. Denken Sie bloß an die Stadt Senecii, von der die Spanier berichteten und die bis heute noch nicht lokalisiert werden konnte.«
    Eine Weile schwiegen beide, und Blakewood trommelte mit dem Ende eines Bleistifts auf der Tischplatte herum. »Nora, ich würde gerne noch etwas anderes mit Ihnen besprechen«, sagte er schließlich, während sein Gesicht abermals einen gereizten Ausdruck annahm. »Wie lange sind Sie eigentlich schon hier bei uns? Fünf Jahre, nicht wahr?«
    »Fünfeinhalb, Dr. Blakewood.«
    »Als wir Sie als Assistenzprofessorin einstellten, war Ihnen doch bewusst, was wir hier von Ihnen erwarten, habe ich Recht?«
    »Ja.« Nora ahnte, was jetzt kommen würde.
    »In sechs Monaten werden wir über eine Verlängerung Ihres Vertrags zu befinden haben. Um ehrlich zu sein: Ich weiß nicht, ob ich der zustimmen kann.«
    Nora sagte nichts.
    »Wenn ich mich recht erinnere, waren Sie eine brillante Studentin, weshalb wir Sie auch zu uns geholt haben. Aber dann haben Sie volle drei Jahre gebraucht, um Ihre Dissertation zu schreiben.«
    »Aber Dr. Blakewood, erinnern Sie sich denn nicht mehr, wie viel ich mit der Ausgrabung am Rio Puerco zu tun hatte und...« Sie hielt inne, als Blakewood abermals die Hand hob.
    »Ja, ich weiß. Aber wie alle gehobenen akademischen Einrichtungen stellen wir nun einmal gewisse Ansprüche an unsere Mitarbeiter. Und zu diesen Ansprüchen gehört es, dass sie wissenschaftliche Veröffentlichungen vorlegen. Da Sie gerade auf die Ausgrabung am Rio Puerco zu sprechen kommen, darf ich Sie fragen, wo Ihr schriftlicher Bericht darüber bleibt?«
    »Nun, gleich danach haben wir doch diese ungewöhnliche verbrannte Hütte am Gallegos Divide gefunden, die...«
    »Nora!«, unterbrach sie Blakewood ein wenig ungehalten. »Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren«, sagte er mit ruhigerer Stimme in die Stille hinein, die sich im Büro ausgebreitet hatte, »dass Sie von einem Projekt zum nächsten springen. In den kommenden sechs Monaten werden Sie beide Hände voll zu tun haben, um die Berichte über Ihre zwei letzten großen Ausgrabungsprojekte zu verfassen, da bleibt keine Zeit, um irgendeiner Chimäre hinterherzujagen, die höchstwahrscheinlich nur in der Fantasie irgendwelcher spanischer Konquistadoren existiert hat.«
    »Aber es gibt diese Stadt wirklich!«, platzte Nora heraus. »Mein Vater hat sie gefunden!«
    Ein ungewohnter Ausdruck ungläubigen Erstaunens machte sich auf Blakewoods sonst so gelassenem Gesicht breit. »Ihr Vater?«, fragte er.
    »Ja, mein Vater. Er ist einer alten Anasazi-Straße gefolgt, die ihn tief in das Canon-Gebiet am Kaiparowits-Plateau hineingeführt hat.
    An ihrem Ende hat er einen Klettersteig entdeckt, der hinauf zu der Stadt Quivira führt. Diese Reise hat er schriftlich festgehalten.«
    Blakewood seufzte. »Jetzt verstehe ich Ihren Enthusiasmus, Nora. Ich möchte keine Kritik an Ihrem Vater üben, aber er war nie besonders...« Der Direktor ließ den Satz unvollendet, aber Nora wusste, dass das fehlende Wort »zuverlässig« gelautet hätte. Sie spürte, wie ihr ein unangenehmes Kribbeln die Wirbelsäule hinauflief. Sei vorsichtig, sagte sie sich, sonst bringst du dich noch um deinen Job. Sie schluckte schwer.
    Blakewood senkte die Stimme. »Nora, wissen Sie eigentlich, dass ich Ihren Vater gekannt habe?«
    Nora schüttelte den Kopf. Viele Leute hatten ihren Vater gekannt. Schließlich war die Gemeinde der Archäologen in Santa Fe ziemlich klein. Auch wenn Pat Kelly den Wissenschaftlern ab und zu wertvolle Tipps gegeben hatte, war er bei ihnen allerdings nicht allzu beliebt gewesen. Viele von ihnen hatten es nicht sonderlich geschätzt, dass er als Laie diverse Ruinen auf eigene Faust ausgegraben hatte.
    »In vielerlei Hinsicht war Ihr Vater ein bemerkenswerter
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