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The Weepers - Wenn die Nacht Augen hat: Band 2 - Roman (German Edition)

The Weepers - Wenn die Nacht Augen hat: Band 2 - Roman (German Edition)

Titel: The Weepers - Wenn die Nacht Augen hat: Band 2 - Roman (German Edition)
Autoren: Susanne Winnacker
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auf diesem Weg zusammen gehen. Ich habe keine Lust mehr aufs Töten.«
    Ich streichelte seinen Kopf. »Ich weiß.«
    Er seufzte. »Vielleicht … vielleicht kann ich damit auch Zoe retten.«
    Joshuas Schwester hatte sich schon vor Jahren in einen Weeper verwandelt. Ich nickte, obwohl mein Herz schwer wurde. Was er da vorhatte, war unmöglich. Würde das Heilmittel nach dieser langen Zeit überhaupt noch bei ihr wirken?
    Das sprach ich natürlich nicht aus. Hoffnung war in dieser Welt ein knappes Gut, und ich wollte sie ihm nicht nehmen.
    »Was meinst du, wie schnell werden wir den Zaun erreichen können?«, fragte ich.
    Joshua zuckte mit den Schultern. »Das müssen wir am besten Tyler fragen.«
    Meine Füße trugen mich durch den Innenhof und den Garten auf die kleine Lichtung mit den Holzkreuzen. Die beiden jüngsten Kreuze waren noch nicht beschrif tet. Grandma und Grandpa hatten Besseres verdient, doch dafür blieb keine Zeit mehr. Wenn wir nicht mehr hier her zurückkehrten, würde niemand erfahren, wer hier begraben lag.
    Ich erinnerte mich daran, dass Grandpa immer ein Stückchen Teig stibitzt hatte, bevor Grandma den Kuchen in den Ofen schob. Sie hatte ihn jedes Mal dabei erwischt und ihm lächelnd einen Klaps auf die Hand gegeben.
    Vor 12 Tagen, 11 Stunden und 59 Minuten war Grandma gestorben.
    Vor 17 999 Minuten waren ihre Gebete erhört worden. Jetzt war sie endlich wieder mit Grandpa vereint.
    Was hätten sie wohl gesagt, wenn sie von Dad erfahren hätten? Was hätten sie getan? Grandpa hatte immer Rat gewusst. Für ihn war selbst die schwierigste Situation zu meistern. Hätte er sich auf den Weg zum Zaun gemacht – auf der Suche nach einem Heilmittel, das vielleicht gar nicht existierte?
    Ich fuhr mit den Fingern über das raue Holz der Kreuze und murmelte einen letzten Abschiedsgruß, bevor ich zum Haus zurückging. Ich sah mich nicht um.
    Mom und Bobby saßen auf dem Sofa im Wohnzimmer. Sie hatte dasselbe an wie gestern. Ihr blondes Haar war zerzaust. Sie sah auf. Ihre Augen waren völlig leer.
    Klick. Klick.
    Nachdem Dad verschwunden war, hatte sie angefangen zu stricken.
    Klick. Klick.
    Grandmas Strickerei hatte mich damals im Bunker fast in den Wahnsinn getrieben.
    Klick. Klick.
    Es war gerade mal 16 Tage, 3 Stunden und 11 Minu ten her, seit ich mit Dad den Bunker verlassen hatte – seit sich alle Hoffnungen auf ein normales Leben, die ich über die Jahre hinweg gehegt hatte, in Luft aufgelöst hatten.
    23 251 Minuten.
    Diese Zahl drückte meine Gefühle viel besser aus. 16 Tage dagegen klangen nicht nach viel, obwohl mir doch jeder einzelne davon in dieser Welt wie eine Ewigkeit vorkam. Und jetzt verlor meine Familie auch noch vor meinen Augen den Verstand.
    Klick. Klick.
    Wie würde Mom reagieren, wenn sie herausfand, dass ich in Richtung Zaun aufgebrochen war? Wie würde Bobby damit zurechtkommen? Oder meine kleine Schwes ter? Was würde aus ihr werden?
    »Wo ist Mia?«, fragte ich.
    »Bei Marie und Emma«, antwortete Bobby tonlos.
    »Fragt sie, ob sie nochmal auf die Toilette muss. Wir werden bald losfahren«, sagte ich. Ein seltsames Taub heitsgefühl durchströmte meinen Körper, was mir in die ser Situation nicht unrecht war.
    Bobby, Mom und Mia stiegen mit Geoffrey in eines der Autos und fuhren davon. Mia saß auf der Rückbank und sah sich nach Safe-haven um. Ein dumpfer Schmerz erfüllte meine Brust, als ich begriff, wie schwer ihr der Abschied fallen musste. Ich schwor mir, eines Tages ein Zuhause für sie zu finden – einen Ort, an dem unsere Familie für immer glücklich leben konnte.
    »Na komm«, flüsterte Joshua, legte seinen Arm um mich und führte mich zu dem Auto, vor dem Rachel und Tyler bereits warteten.
    Schweigend verließen wir Safe-haven. Schon bald wa ren die sanften Hügel, die das Weingut umgaben, in leich ten Nebel getaucht und glitzerten in der Sonne. Dieser Ort hatte sich fast wie ein Zuhause angefühlt – ein Ort, an dem wir beinahe ein normales Leben hatten führen können. Jetzt war er nur ein weiterer Punkt auf der Liste der Dinge, die ich verloren hatte.
    Ich wagte nicht, mich noch einmal umzublicken.
    Während der Fahrt sah ich ständig aus dem Fenster, um mich zu vergewissern, dass wir nicht von einem Heli kopter verfolgt wurden. Ich wurde einfach das Gefühl nicht los, dass uns das Militär immer noch beobachtete. Doch außer dem Hubschrauber, der über Safe-haven auf getaucht war, hatte ich keinen weiteren mehr gesehen. Damals hatte uns Tyler von dem
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