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The Walking Dead 2: Roman

The Walking Dead 2: Roman

Titel: The Walking Dead 2: Roman
Autoren: Robert Kirkman , Jay Bonansinga , Wally Anker
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Daunenweste bietet Josh Lee Hamilton einen imposanten Anblick. Obwohl er mit seinen mächtigen Schultern, Beinen wie Baumstämmen und einem muskulösen Hals gebaut ist wie ein American-Football-Spieler, ist er durchaus imstande, sich elegant zu bewegen. Seine traurigen, langen Wimpern, ehrerbietigen Augenbrauen und die sich immer wieder in Falten legende Stirn unter seinem kahl werdenden Kopf lassen ihn unerwartet sympathisch, beinahe weich erscheinen. »Das ist gar nicht so schlimm … Siehst du?« Er zeigt es ihr erneut, und sein entblößter tätowierter Bizeps, so groß wie ein Steak, zuckt, während er einen imaginären Vorschlaghammer durch die Luft schwenkt. »Verstehst du, was ich meine?«
    Lilly wendet ihren Blick etwas verlegen von seinem angespannten Arm ab. Jedes Mal wenn sie seine Muskeln sieht, verspürt sie einen kleinen Anflug von Schuldgefühlen. Obwohl sie schon so lange miteinander durch dieses Höllenloch gereist sind, das manche Einheimische »Die Wende« nennen, hat Lilly stets penibel darauf geachtet, nicht intim mit Josh zu werden. Am besten, sie würden die Beziehung platonisch halten, brüderlich, schwesterlich, beste Kumpels, aber nicht mehr. Am besten, wenn sie sich an die Tagesordnung hielten … insbesondere inmitten dieser Plage.
    Aber das hält Lilly nicht davon ab, den großen Mann kokett von der Seite anzulächeln, wenn er sie seine »Freundin« oder »Kleines« nennt … oder wenn er sich nachts, während sie in ihren Schlafsack kriecht, darum bemüht, einen Blick von dem chinesischen Zeichen zu erhaschen, das sie als Tattoo über ihrem Hintern trägt. Spielt sie mit ihm? Manipuliert sie ihn etwa, dass er sie weiterhin beschützt? Die rhetorische Frage bleibt für Lilly Caul unbeantwortet.
    Die Glut der Furcht glimmt schon immer in Lilly. Sie ist es, die langsam aber sicher sämtliche ethischen Gesichtspunkte sowie angemessenes soziales Verhalten stetig aushöhlt wie der berühmte Wassertropfen auf dem Stein. Es begann in der Highschool mit einem Magengeschwür, und während ihres abgebrochenen Studiums am Georgia Institute of Technology musste sie sogar Medikamente gegen ihre Angstzustände nehmen. Mittlerweile ist die Furcht ihr immerwährender Begleiter geworden. Sie vergiftet Lillys Schlaf, beeinflusst ihre Gedanken, macht sich in ihrem Herzen breit. Die Furcht bestimmt sie.
    Sie greift so fest um den Stiel des Vorschlaghammers, dass die Venen in ihren Handgelenken zum Vorschein kommen.
    »Das ist doch keine schwarze Magie, verdammt noch mal!«, bellt sie, hebt das schwere Werkzeug in die Höhe und haut den metallenen Pfahl voller Wut in den Boden. Sie schnappt sich einen neuen, geht zur gegenüberliegenden Ecke der Zeltplane und durchbohrt sie mit dem Metall, während sie wild, beinahe verrückt zuschlägt und mindestens so oft danebenhaut, wie sie trifft. Der Schweiß steht ihr auf der Stirn und im Nacken. Sie versucht es immer wieder, nimmt ihr Umfeld für einen Augenblick überhaupt nicht mehr wahr.
    »Okay … So geht es natürlich auch«, bemerkt Josh sanft und stellt sich wieder auf die Beine. Sein markantes braunes Gesicht lächelt verschmitzt, als er das halbe Dutzend Pfähle sieht, die dazu dienen sollen, die Zeltplane auf dem Boden zu befestigen. Lilly würdigt ihn keiner Antwort.
    Die Zombies, die sich noch immer unbemerkt durch die Wälder nördlich von ihnen vorarbeiten, sind jetzt keine fünf Minuten mehr vom Lager entfernt.
    Kein Einziger der anderen Überlebenden – es sind immerhin beinahe hundert an der Zahl, die sich mehr oder weniger widerwillig hier zusammengerauft haben und versuchen, eine Flickwerkgemeinschaft zu gründen – ist sich des fatalen Nachteils dieses ländlichen Plätzchens bewusst. Des Ortes, den sie nun mal zu ihrer provisorischen Heimat erkoren haben.
    Auf den ersten Blick scheint die Gegend ideal: Sie sind achtzig Kilometer südlich der Stadt mitten im Grünen – in einer Landschaft, die zu besseren Zeiten noch Millionen von Pfirsichen, Birnen und Äpfel produziert hat. Die Lichtung selbst erstreckt sich über ein natürliches Flussbecken, auf dessen ausgetrocknetem Boden dürre Fingerhirse wächst. Es ist so groß wie ein Fußballfeld und von den ehemaligen Besitzern brach liegen gelassen worden – ihnen haben wohl auch die benachbarten Obstplantagen gehört. Schotterwege erstrecken sich entlang der Grenzen, und neben den sich windenden Straßen stehen überwachsene Wände aus Kiefer und Eiche, Wälder, die sich bis in die
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