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The Tsar of Moscow (German Edition)

The Tsar of Moscow (German Edition)

Titel: The Tsar of Moscow (German Edition)
Autoren: Sandra Busch
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erinnerte er sich an den Skater, den er gestern beinahe gebissen hätte. Im letzten Moment hatte sich sein Gewissen stärker als sein Hunger erwiesen und er hatte den jungen Mann ohne Erinnerungen an einen Überfall ziehen lassen. Obgleich er anfangs über So-lians und Fars Moralvorstellungen gelacht hatte, konnte er sich jetzt nicht zum Zubeißen durchringen.
    Er zog die Tür des Wartungsraums hinter sich zu und sank an der Betonwand zu Boden. Den gepeinigten Leib mit den Armen umfangend lag er auf dem kargen Boden. Es gab nicht einmal mehr Ratten hier unten. Kaum hatte er seinen Ekel überwunden und die ersten gejagt, waren die schlauen Tiere ziemlich schnell verschwunden. Ihm war bewusst, dass er zu lange gezögert hatte. Für einen Rückzieher nach New York und zu So-lians Kühlschrank mit den Blutkonserven war es zu spät. Selbst wenn er Songlian um Geld für ein Ticket anbettelte. Nicht auszudenken, was geschehen würde, säße er mit hunderten Passagieren eingesperrt in einem Flugzeug und sein Hunger würde die Kontrolle übernehmen. Phillips gieriges Knurren hallte unheimlich in dem kahlen Raum wider. Er konnte nur noch an Blut denken. Sogar Bhreac geriet vor dem Hunger in den Hintergrund.
    „Hilf mir“, flüsterte er in das Dunkel hinein. „Bitte hilf mir.“ Bestimmt würde Bhreac in letzter Sekunde auftauchen und ihn retten. Ein winziger Teil von ihm glaubte ganz fest daran. Der weitaus größere Teil sagte ihm, dass er bis zur Nacht warten sollte und sich dann eigenhändig helfen musste. Er musste sich überwinden und einem Menschen – einen Menschen, wie er einst einer war – die Zähne ins Fleisch schlagen und beten, dass er ihn in seiner Gier nicht umbrachte. Phillip grinste müde. Wie schnell man unverhofft gläubig wurde.
     
     
    „Er scheint am Ende seiner Kräfte zu sein. Der Junge konnte kaum aufrecht laufen.“
    Mit unbewegtem Gesicht hörte sich Bhreac den täglichen Bericht des Handlangers an. Doch in seinem Inneren brodelte es. Der Bengel hatte tatsächlich jeden Tag pünktlich vor der Kathedrale gestanden. Er war zu stolz, um an seiner Tür zu betteln, aber er hoffte offenbar auf ein Wiedersehen. War das über den beachtlichen Zeitraum von drei Wochen lediglich Hartnäckigkeit oder wirklich Liebe, wie es dieser Rotzlöffel behauptet hatte?
    „Wo ist er hingegangen?“ Diese Frage stellte er heute zum ersten Mal. Dementsprechend verunsichert sah ihn sein Gegenüber an.
    „Zur Metrostation. Da geht er an allen Tagen hin. Hätte ich ihm folgen sollen?“
    Idiot! Er beschäftigte lediglich Idioten! Wie angenehm wäre es, wenn zur Abwechslung wenigstens einer mitdenken würde.
    „Nimm dir so viele Männer, wie du brauchst und finde den Jungen. Sofort!“
    „Der kann mit der Metro überall hingefahren sein.“
    Ach? Tatsächlich? Da hatte er ja eine richtige Intelligenzbestie vor sich.
    „Du solltest hoffen, dass dem nicht so ist“, sagte Bhreac sehr leise. Er wusste um die Wirkung seines Tonfalls. Der Mann vor ihm nahm Augenblicklich Haltung an und versicherte:
    „Ich finde ihn.“
    „Dazu müsstest du dieses Zimmer verlassen. Hier ist er nämlich nicht.“
    Etwas verspätet bemerkte der Handlanger, dass er verschwinden sollte. Hastig ließ er Bhreac allein.
    „Nur Idioten“, murmelte er resigniert.
     
     
    Die Nacht war beinahe vorüber. Am Horizont zeigte sich bereits ein violetter Streifen, der den neuen Tag einläutete. Bhreacs Finger krallten sich so fest in das Fensterbrett, dass es schmerzte. Es gab bislang keine Informationen über Phillip. Er machte sich allmählich richtige Sorgen. Jawohl, Sorgen! Und warum auch nicht? Der Bengel war recht … unterhaltsam gewesen. Genau. Unterhaltsam. Er löste seinen krampfhaften Griff um das Fensterbrett, drehte sich um und lehnte sich nun dagegen. Ein schwerer Seufzer entrang sich seiner Brust. Wieso hatte er den Burschen bloß rausgeworfen? Weil er der große Zar von Moskau war, dem diese reizende Form der Zerstreuung als Schwäche ausgelegt werden könnte? Dessen finsterer Ruf mit einem Rotzlöffel an seiner Seite eventuell Schaden nehmen würde?
    Jetzt denke ich schon darüber nach, ihn zu behalten, als ob er ein Schoßhündchen wäre. Dabei haben die Idioten ihn immer noch nicht gefunden. Und wenn ich der mächtigste Mann von Moskau bin, wieso darf ich mir dann keinen Amant, keinen Gespielen nehmen? Soll es ruhig jemand wagen, sich darüber das Maul zu zerreißen.
    Ein weiterer Seufzer entschlüpfte ihm. Wieso zerbrach er sich
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