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Teuflisch erwacht

Teuflisch erwacht

Titel: Teuflisch erwacht
Autoren: Simone Olmesdahl
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rief er, lenkte Magie in seine Beine und rannte mit übermenschlicher Geschwindigkeit hinter ihr her. »Cynthia, warte!«

4. Kapitel
    Vermenschlichte Magier
     
     
     
    J onathan Fingerless stand vor dem großen elektrischen Tor und spähte prüfend die Einfahrt hinauf. Das riesige Haus lag düster vor ihm. Zwei Eingangslaternen beleuchteten die Auffahrt, warfen ihr schwaches Licht auf das Villenanwesen. Zypressen, aneinandergereiht, als ständen sie Spalier, ragten den hellen Kiesweg entlang aus dem Boden. Lange Schatten tanzten auf der weiß verputzten Fassade. Die Äste bewegten sich im seichten Wind und erweckten den Eindruck, als ob das Gebäude lebte.
    Leben bedeutete ihm nichts. Er hatte unzählige Menschen getötet, Dämonen vernichtet und seinesgleichen enthauptet. Der Tod war ihm in Fleisch und Blut übergegangen, und jeder Mord langweilte ihn auf eine besonders träge Weise.
    Jonathan ließ die Fingerknöchel knacken. Kein Fünkchen Licht fiel aus den imposanten Sprossenfenstern der Villa. Er schob den Ärmel seines Mantels hoch und stellte fest, dass es mitten in der Nacht war. Die Fahrt hatte ewig gedauert und Antonio del Rossi schlief vermutlich fest. Ob er seinen Besuch auf den nächsten Tag verschieben sollte? Eigentlich duldete er keinen Aufschub.
    Sebastian hatte sie nach Neapel geführt. Der Grund blieb sein Geheimnis, allerdings konnte es nur etwas mit den del Rossis zu tun haben. Jonathan beschlich der schreckliche Verdacht, dass er etwas im Schilde führte. Sebastian war ein cleverer Bursche und hatte schließlich bei dem Besten gelernt. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, Antonio den Tod seiner Tochter so lang vorzuenthalten. Versuchte Sebastian, das Wissen für sich zu nutzen? Aber das ergab kaum einen Sinn, schließlich hatte er Kira getötet. Der Fluch trug eindeutig seine Handschrift. Es blieb ein Rätsel, aber um auf Nummer sicher zu gehen, musste er Antonio reinen Wein einschenken.
    »Ihr wartet draußen. Ich brauche euch in der Hinterhand, denn ich weiß nicht, was uns erwartet. Falls Sebastian bereits hier war, besteht die Möglichkeit, dass sie uns angreifen. Wenn alles in Ordnung ist, rufe ich euch.«
    Thea und Josh begleiteten ihn. Sie nahmen links und rechts ihre Positionen ein und verschwanden aus dem Blickfeld der Kamera, die neben dem Tor befestigt war. Jonathan konnte sich beim besten Willen nicht ausmalen, wozu Antonio dieses Spielzeug brauchte. Für einen Magier gab es bessere Mittel und Wege sich zu schützen. Er zweifelte keine Sekunde daran, dass Antonio davon ebenfalls Gebrauch machte. Er war ein weiser und starker Magier, auch wenn er sich die vergangenen Jahrzehnte zurückgezogen hatte. Vermutlich wollte er mit der Kamera den Anschein für die Menschen wahren, warum auch immer. Wen scherte es, was die Menschen dachten?
    »Wenn ihr in dreißig Minuten nichts von mir gehört habt, kommt ihr hinein. Versucht es unter diesen Umständen erst gar nicht in Freundschaft. Wenn wir nur wüssten, was Sebastian hier will.« Er raufte sich die Haare.
    Thea nickte, Josh starrte in die Dunkelheit. Seine Augen leuchteten wie die einer seltenen Katze.
    Jonathan räusperte sich, zupfte den Kragen zurecht und nahm eine anmutige Körperhaltung ein. Er war Antonio weit überlegen. Was auch immer ihn erwartete, er würde als Sieger hervorgehen. Trotzdem rumorte sein Magen, als er den silbernen Klingelknopf betätigte. Er kam in Freundschaft. Wozu es anders aussehen lassen, indem er sich ungefragt Zutritt verschaffte? Eine gefühlte Ewigkeit lang geschah nichts. Er beobachtete das Haus, wurde kribbelig und wartete, ob sich etwas regte.
    Jemand zog einen Vorhang zur Seite und blickte aus einem der oberen Fenster. Die undefinierbare Gestalt verschwand. Sekunden später surrte die Sprechanlage.
    »Hallo?«, krächzte eine verzerrte Stimme, die er nicht zuordnen konnte.
    »Ich wünsche, Antonio del Rossi zu sprechen«, erwiderte Jonathan fest.
    »Die Herrschaften schlafen schon, Signore.«
    Die elektrische Anlage vermittelte der Stimme ein Quaken, trotzdem meinte er, einen weiblichen Ton herauszuhören. Offenbar leistete sich Antonio ein Dienstmädchen. Der alte Casanova ließ es sich gut gehen.
    »Es ist dringend. Wecken Sie ihn und teilen Sie ihm mit, dass Jonathan Fingerless augenblicklich mit ihm sprechen muss. Er wird hören wollen, was ich zu sagen habe.«
    »Die Herrschaften haben den ausdrücklichen Wunsch geäußert …«
    »Jetzt bewegen Sie schon Ihren faulen Arsch. Herrgott noch
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