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Tenebra 2 - Dunkle Reise

Tenebra 2 - Dunkle Reise

Titel: Tenebra 2 - Dunkle Reise
Autoren: Dave Luckett
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Vorbergen des Jotungebirges, Ser.«
    »Des Manas wegen.«
    »Genau, Ser. Des Manas wegen. Und weil es ein befestigter Ort und doch auf dem Wasserweg erreichbar ist.« Das Gesicht des grauen kleinen Mannes war starr und frostig. »Ich werde mir die Ehre geben, Sie in einer Stunde wieder aufzusuchen. Alle Vorbereitungen werden gegenwärtig getroffen.« Er verbeugte sich, öffnete die Tür hinter sich und fügte dann wie ein Vater, der ein kleines Kind ermahnt, beinahe geistesabwesend hinzu: »Arienne, mein Liebes.«
    Nein, wie ein Mann, der seinen Hund ruft. Und das Mädchen, das nicht ein Wort gesagt hatte, verabschiedete sich mit einem knappen Knicks, legte die Hände vor sich zusammen, senkte den Kopf und folgte ihm zur Tür hinaus; ihre Schritte waren so leise wie der Flug einer Eule. Grames hielt ihr die Tür mit einer Hand, ließ sie vorbei und nickte uns mit einer halben Verbeugung noch einmal zu, wie man es von einem Handelsmann erwarten würde, der einen Besuch beim Adel gemacht hat. Die Tür fiel hinter ihnen zu. In meinen Ohren klang es wie das Aufreißen des Himmels am Jüngsten Tag.
    Wir standen schweigend. Silvus starrte die geschlossene Tür an, ich blickte auf meine Füße, dann zu ihm. Wie gewöhnlich verspürte ich ein Bedürfnis, die Leere auszufüllen. »Was nun?«, fragte ich.
    Silvus sah mich an. »Was sonst?«, fragte er zurück. »Es scheint, dass wir eine weitere Reise unternehmen müssen. Ich hoffe, sie wird weniger verhängnisvoll enden als die Letzte.«
    »Die Letzte verschaffte mir einen Adelstitel und gab dir deinen zurück. Was ist daran verhängnisvoll?«
    »Du wurdest mehrere Male beinahe umgebracht, und Nathan wird nicht so oft daneben halten wie Ruane. Unser Fürst ist erfolgreich.«
    »Nathan will uns nicht tot sehen. Er braucht uns.«
    »Falsch. Er fordert mein Talent. Hat Nathan jemals vor etwas Halt gemacht, wenn er es sich vorgenommen hatte?«
    Das bedurfte keiner Antwort. Ich begann mir ernstlich Sorgen zu machen.
    Drei Angehörige der Palastgarde in Gelb und Schwarz geleiteten uns zum Flusshafen hinunter. Zwei weitere gingen voraus und bahnten uns den Weg. Trotzdem dauerte es an diesem ruhigen, sonnigen und warmen Tag eine Zeit, denn die Straßen waren sehr belebt, sehr viel mehr, als ich es aus meiner Zeit bei der Stadtwache in Erinnerung hatte. Fürst Nathan hatte offensichtlieh einen guten Riecher gehabt, als er außerhalb der Mauern einen neuen Markt gegründet hatte. Geschäftstüchtig wie er war, hatte er das Land zuerst ohne Aufsehen erworben und hinterher mit großem Gewinn verkauft. Gleichwohl beklagte sich niemand über die Belebung des Handels.
    Handel war ohnedies der Grund für die Entstehung der Stadt gewesen und bildete bis in die Gegenwart ihre Existenzgrundlage. Tenabra liegt am Fluss Wydem, ungefähr an der Stelle, wo bei Flut das Salzwasser vom Meer hereingedrückt wird und dem Süßwasser begegnet. Barken brachten Waren von den fruchtbaren Ebenen und den Hügeln jenseits davon den Fluss herab – Stoffe, Getreide, Eisen, Alaun, Pferde –, und im Flusshafen wurden diese und andere Waren in rundbäuchige Handelskaravellen umgeladen, die dann nach Übersee gingen. Bei ihrer Rückkehr brachten die Schiffe Gewürze aus Khiree, Glaswaren und Silber aus Sarcena und Edelhölzer aus Brynel weit im Osten. Hier war der Umschlagplatz, wo Tauschgeschäfte gemacht, ausund eingeladen, abtransportiert und mit Gewinn verkauft wurde. Sogar nach Abzug der Steuern.
    Indes hatten nicht alle am Wohlstand teil. Die Straßen in der Hafengegend waren voll von Bettlern und Strolchen, Seeleuten und leichten Mädchen, Schnapsläden, Spelunken und Schlimmerem. Die Männer der Palastgarde brauchten die Leute nicht beiseite zu stoßen, weil sie ihnen von selbst mit einer Gewandtheit auswichen, die das Ergebnis langjähriger Erfahrung in der Vermeidung von Auseinandersetzungen war. Jedenfalls bei Tageslicht.
    Wir passierten die Gefällstrecke zum Hafen, dann die massiven, gemauerten Lagerhäuser entlang dem Kai, wo die Anlegebrücken hölzerne Finger in den Strom hinausreckten, ein wenig brauner als das Wasser. Am unteren Ende des Kais wurde ein plumper Segler aus Khiree beladen. Schwitzende Arbeiter hatten ein Hebezeug bemannt, das Stoffballen emporhob, über den Laderaum schwenkte und dort hinabließ. Die Wasseroberfläche glänzte bronzegrün wie ein alter, von Schlägen und Beulen genarbter Schild, und Kloakengestank lag wie fauliger Dunst über Fluss und Hafen. Es war noch früh,
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