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Tausche Brautschuh gegen Flossen

Tausche Brautschuh gegen Flossen

Titel: Tausche Brautschuh gegen Flossen
Autoren: Juliane Kobjolke
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kommen zügig voran, da so gut wie keine anderen Autos unterwegs sind.
Derartige Verkehrsverhältnisse wären in Deutschland toll, überlege ich bei dem Gedanken
an LKW-Kolonnen auf den heimischen Bundesstraßen und durch Baustellen sinnentfremdete
Autobahnen mit 40 Kilometer langen Staus.
    Mit einigem Bedauern sehe ich die
ersten Häuser von San Sebastián und würde gern den imaginären Pauseknopf drücken.
Ich möchte noch auf La Gomera bleiben! Ich bin verliebt in La Gomera!
     
    Im hoteleigenen Souvenirgeschäft kaufe ich eine Postkarte, die ich
Hannah schicken will.
    Ein schadenfrohes Grinsen auf den
Lippen schreibe ich:
    ›Hallo, liebste Hannah.
    Meine Grüße erreichen dich von der
umseitig abgebildeten Insel. Das Hotel ist schön. Der Pool ist sauber. Der Sand
am Meer ist schwarz. Das Essen ist ganz vorzüglich. Das Personal ist äußerst zuvorkommend.
Das Wetter – wie könnte ich das Wetter vergessen? – lässt keine Wünsche offen. Sicher
wurmt dich nur eine einzige Frage, mit deren Klärung ich dich auf meine Heimkehr
vertröste … falls ich denn heimkehre. Grüß Lilly, wenn ihr euch seht, und lästert
nicht zu viel über uns! Wir tun hier nur, was wir nicht lassen können. Sogar Nina,
von der ich dir eine Kusshand zuwerfen soll.
    Deine Lena‹
    Hannah wird mich umbringen wollen,
wenn sie das liest, womit die Postkarte ihren Zweck erfüllt hätte. Aber sie wird
sie auch an ihre Wand hängen, zwischen all die Zeitungsausschnitte, Fotos, Notenblätter
und Poster von Elvis – oder an ihre Fensterscheibe zu den gefalteten Kranichen und
uralten Perlenketten. Auf jeden Fall wird sie sie so lange grimmig anstarren, bis
ich bei ihr bin.
     
    Nina und Markus sind gerade bei der Sache, als ich unser Zimmer betrete.
Mein offensichtlich verfrühtes Erscheinen überrascht sie. In Sekundenschnelle sind
alle Blößen bedeckt und zwei Paar entsetzte Augen linsen unter der Decke hervor.
Ich verdrücke mich ins Bad, um mir den Bikini anzuziehen und wieder zu verschwinden.
    Eine Stunde später legt Nina sich
auf die Liege neben mir an den Pool. »Wir müssen miteinander reden«, beschließt
sie und schiebt ihre Sonnenbrille von der Stirn auf die Nase.
    Ich packe das Buch beiseite und
stelle meine Liege in die Sitzposition. »Das glaube ich auch.«
    »Gut! Vorausgesetzt, du willst mir
nicht wieder mit Vorschriften kommen.«
    »Nein, wir sollten einfach über
uns reden.« Wo soll ich beginnen? »Was meinst du, sind wir noch miteinander befreundet,
wenn dieser Urlaub vorbei ist?«
    Sie richtet sich ein Stück auf und
runzelt die Stirn. »Natürlich«, entrüstet sie sich, doch stockt dann. »Zumindest,
wenn es nach mir geht.«
    »Bis gestern dachte ich, umso weniger
ich dich sehe, desto weniger muss ich mich ärgern.«
    »Bis gestern?«
    »Aber ich hab dich viel zu lieb
… Ich wünschte nur, du wärst …«
    »Lena!« Nun klingt sie verärgert.
»Fass dich an deine eigene Nase! Seit du Christoph getroffen hast, bin ich abgeschrieben.
Lass mich hier meinen Spaß haben und ich lasse dir deinen!«
    »Genau das meine ich. Du und dein
Spaß! Wie sahen denn die ersten Tage aus? Wer war da abgemeldet?«
    »Ich habe immer versucht, dich einzubinden,
aber du wolltest ja lieber im Hotel hocken und Trübsal blasen.«
    »Weil ich keine Lust hatte mit anzusehen,
wie du dich aufführst. Natürlich hast du recht, in den vergangenen Tagen habe ich
dich links liegen gelassen. Das geschah jedoch hauptsächlich, weil du mich wütend
gemacht hast.«
    »Oh! Na dann, entschuldige vielmals!«
    Das Gespräch nimmt einen vollkommen
falschen Verlauf. Es bewirkt das Gegenteil von unserer Absicht. Wenn wir nicht gleich
die Biege bekommen, verhärten sich unsere Fronten und eine von uns wird ihr Handtuch
nehmen und abhauen.
    Nina ist noch nicht am Punkt der
Einsicht angelangt. Sie grollt vor sich hin, setzt sich dann mit einem Ruck auf
und nimmt die Sonnenbrille ab. »Und wenn ich jeden männlichen Einwohner dieser Insel
vögeln würde«, knurrt sie mit gedämpfter Stimme. »Es hätte dich nicht zu interessieren.«
    Schlagartig ist mein Unmut wie weggeweht.
Ich muss mir sogar Mühe geben, nicht loszulachen. »Vor mir aus vögele sie alle!«,
sage ich und mache es mir wieder bequem. »Nur lass die Finger von Christoph!«
    Auch ihr Zorn verpufft. Was bleibt,
ist ein schiefes Grienen. »Das kannst du gefälligst selber machen.«
    »Das habe ich aber nicht vor.«
    »Pah«, schnaubt Nina. »Im nächsten
Leben möchte ich du sein.«
    »Und ich du.«
    In
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