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Tastenfieber und Liebeslust

Titel: Tastenfieber und Liebeslust
Autoren: Elke Mascha Blankenburg
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mich, dass ich nunmehr nicht mehr alles selber machen muss, und mein bester Freund in Zukunft mit Kraft gestaltet und im Takt geführt wird. Meine Finger hacken heute nur auf der Tastatur des PC herum. Dabei könnten diese doch einer viel sinnvolleren und erregenderen Tätigkeit nachgehen! Auch von mir einen Kuss. Du weißt schon, wohin!
    Habe ich die Form eigentlich schon überschritten oder noch nicht?
    Dein Teufelchen
     
     
    30. März – 21:04 Uhr
    Meine liebe Eva,
    Deinen Brief – welch schöne Überraschung in meinem Briefkasten – habe ich mehrmals gelesen. Ich bin nun ein bisschen beschämt über die Mails, die ich Dir schrieb.
    Meine Sätze sind noch von zu viel Spott und Ironie geprägt, viel weniger vom Gefühl als Deine! Bitte nimm es mir nicht übel und vor allem nicht tragisch. Glücklicherweise hast Du ja viel Verständnis für die Unarten der Zwillinge!
    Ich brauche doch noch etwas Zeit, um ähnlich wie Du, Gefühle ausdrücken zu können. Ich bin lernfähig, und wenn Du etwas Geduld aufbringst, dann wird aus mir noch ein ganz brauchbarer, Dich liebender und verehrender Partner.
    Wenn Dir etwas zu viel wird oder auf die Nerven geht, dann sag es bitte. Aber im Moment überlagert meine Begeisterung, Dich kennengelernt zu haben, und zugleich das – unerhoffte, unerwartete – Gewusel, das meine Hose mit neuem Leben erfüllt, noch romantischere, von tiefem Gefühl und Vertrauen gezeichnete Briefe. (Hat du dat fastanden?)
    Ich schließe Dich in meine Arme, lasse Dich nicht mehr los und drücke Dich ganz fest.
    Dein Formalist
     
     
    30. März – 21:15 Uhr
    Lieber Max,
    Du fragst mich, ob Du die Form schon überschritten hast oder noch nicht. Also jedenfalls bist Du nahe dran. Bist Du eigentlich Verbalerotiker?
    Eva
     
     
    30. März – 21:31 Uhr
    Evachen, was für eine Frage!
    Ich musste mir mal vor Jahren mit einer Dame einen Porno ansehen. Anstatt erregt und ungestüm zu werden, schlief ich zum Entsetzen der Dame ein. Ich werde eben nicht von viel Fleisch und den Kopulationen anderer erregt. Ein weibliches Wesen hinter einer Burka wirkt auf mich wesentlich erotischer. Das reale, vollständige Bild ist Diktatur, es tötet die Fantasie. Schemenhafte Konturen regen meine Fantasie und meinen Geist an. Zur Frage betreffend den Verbalerotiker: Ja, ich bin’s von Kopf bis Fuß!
    Kuss, Kuss, Kuss!
    Dein Verbal (ob Erotiker wird sich noch herausstellen)
     
     
    30. März – 21:39 Uhr
    Mein Lieber,
    ›Nippelchen‹! ›Nümmerchen‹! Süffisantes Altherrengesäusel! Ich finde Verbalerotiker neurotisch und abstoßend.
    Eva
     
     
    30. März – 22:46 Uhr
    Wow!
    Was soll ich denn auf die Frage: ›Bist Du eigentlich ein Verbalerotiker‹ antworten? Etwa: Nein, um Gottes willen, so was bin ich doch nicht! Oder langatmig erklären: Aus diesen oder jenen Gründen bin ich es nicht? Oder einfach sagen: Ja, wenn’s der Erkenntnisfindung dient und in die halb geöffnete Schublade passt, dann bin ich eben auch das.
    Meine liebe Eva: Stell nicht Fragen, die man nicht beantworten kann. Find’s einfach selber raus. Wegjagen kannst Du mich doch immer und zu jeder Zeit! Ich klebe nicht. Also mache Deine Schubladen zu, und schaff Dir einen schönen, neuen Sekretär an (mein Wunsch wäre: Empire, Mahagoni mit feuervergoldeten Bronzeappliken). Dessen Fächer kannst Du mit neuen Inhalten füllen.
    Ich denke, wir blasen das vietnamesische Curryhuhn für morgen Abend ab. Ich bin sehr, sehr traurig.
    Dein Max
    PS: Hast Du Dich mit Adler, Jung und Freud und deren Erkenntnissen zur Neurosenlehre oder Erotik beschäftigt?
     
     
    30. März – 23:31 Uhr
    Lieber Max,
    Du hättest mir direkt, und nicht scherzhaft ausweichend antworten können. In Wirklichkeit drückst Du Dich einfach um eine ehrliche Antwort. Schade.
    Mit Adler, Jung und Freud und deren Erkenntnissen zur Neurosenlehre habe ich mich noch nicht beschäftigt. Meinst Du, ich sollte das tun?
     
    Wenn Du mir auf meine Fragen keine differenzierten, sondern meist ironische, humorige Antworten gibst, dann nimmst Du sie – und damit mich – nicht ernst. Meine Frage signalisiert Interesse an Dir und den Wunsch, Dich besser zu erkennen, und da man am Anfang sowieso unsicher ist, tragen Deine hingeworfenen, oft etwas trivialen Scherze (pardon!) nicht unbedingt zu wachsendem Vertrauen bei. Ich bin sehr direkt, das weiß ich, und das mögen nicht alle Menschen. Du kannst mich alles fragen, und ich werde mich immer bemühen, Dich dann nicht mit scherzhaften Antworten
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