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Tanz der Engel

Tanz der Engel

Titel: Tanz der Engel
Autoren: Jessica Itterheim , Diana
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Hemd mit Jabotspitze und einen venezianischen Hut. Dazu eine schwarze, enganliegende Hose und Schuhe mit silbernen Schnallen. Jeder konnte sehen, dass wir zusammengehörten, als wir den Ballsaal betraten.
    Der Prunk in diesem Teil des Dogenpalasts war unglaublich. Spiegelblank polierte Böden, goldglänzende Rahmen riesigen Ausmaßes mit imponierenden Malereien an Decken und Wänden und einem gigantische Engelgemälde, unter dem der Rat des Dogen – wie immer erhöht – über den anderen thronte. Die Masken waren geblieben, der Rest nicht. Anstelle von schlichten Umhängen trugen die anwesenden Ratsmitglieder bunte, brokatdurchwirkte Gewänder über engsitzenden Hosen, manche lang und schwarz wie die von Christopher, andere farbig und kurz mit weißen Kniestrümpfen. Dazu dunkle Schuhe mit Schnallen und Schleifen, die zu den Gehröcken oder den Gewändern ihrer Begleitung passten.
    Eine von ihnen überstrahlte alle. Doch erst als ich die Augen des Engels wiedererkannte, der vor dem leeren Thron stand, begriff ich, dass die Damen auf den Plätzen daneben nicht die Begleitung, sondern selbst Mitglieder des Rats waren.
    Wie war ich nur auf die Idee gekommen, dass alle Ratsmitglieder männlich waren? Und dass der Doge auch ein Mann sein musste?
    Sie trug ein ausladendes, golddurchwirktes Kleid – ich war mir ziemlich sicher, dass es sich um echte Goldfäden handelte –, mit einem goldenen, brokatbelegten Oberteil. Selbst die Maske war mit einem dünnen goldfarbenen Metallgespinst überzogen, ebenso die Handschuhe und der reichlich verzierte Kopfschmuck. Einzig der Stein, der wie ein Diadem die barocke Frisur schmückte, war nicht golden, sondern lindgrün – wie ihre Augen.
    Die Farbe veränderte sich, als sie Christopher und mich entdeckte. Ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen war, konnte ich nur raten. Christopher bemerkte nichts – oder wollte nichts bemerken – und lief weiter zu einer Gruppe, die dem offiziellen Beginn des Balls entgegenfieberte. Alle hörten beinahe gleichzeitig auf zu reden, als sie uns entdeckten.
    »Sie wollen, dass du rätst, wer unter den Masken steckt. Nur deshalb schweigen sie«, raunte Christopher mir zu, als er bemerkte, wie ich zusammenzuckte.
    Ich war froh, dass es nicht Angst war, die sie verstummen ließ. Irgendwie stand ich schon wieder unter Anspannung. Christopher verstärkte den Druck an meiner Taille, um mir Halt zu geben.
    Vor mir standen zwei Jungs mit orangefarbenen Gehröcken und weißen Kniestrümpfen. Der größere mit passenden Schleifen an den Schuhen und einem aufwendig verzierten Hut. Hannes und Sebastian. Sie verbeugten sich theatralisch, als ich sie begrüßte, was mir ein Lachen entlockte.
    Das Mädchen neben ihnen in dem grünschillernden Kleid, das ihre hellbraunen Locken hervorhob, spielte mit und knickste. Natürlich knickste ich zurück. Leonie, mit ihren auffälligen Haaren, war leicht zu erraten.
    Auch bei dem Jungen in Blau, der ein wenig steif und unsicher wirkte, und seiner Begleiterin, deren Kleid in den schönsten Erikafarben leuchtete, tippte ich mit Markus und Erika richtig.Das zierliche Mädchen, das sich unter einem blauen Cape versteckte, war Lisa. Der Typ mit dem schwarzen Fetzenkostüm, der helmartig aufragenden, federverzierten Kopfbedeckung und der Schnabelmaske, der aussah wie ein gigantischer Rabe, konnte eigentlich nur Paul sein. Er verzichtete auf eine Verbeugung und nahm mich stattdessen in die Arme.
    »Schön, dass du da bist«, sagte er und drückte mich kurz an sich.
    »Und dass nun doch die meisten Prüflinge aus unserer Schule stammen«, verkündete Aron der jubelnden Gruppe, was er mir schon verraten hatte.
    Er stand neben Susan – er, ganz in Schwarz mit goldbesetzten Säumen, sie in edlem Weiß mit Fächer –, als wären sie ein Paar.
    Es dauerte eine Weile, bis bei mir die Informationen zusammenflossen und sich ordneten. Susan und Aron? Seit wann denn das? War sie deshalb so zickig zu mir, weil ich seit meiner Verwandlung zum Racheengel so viel Zeit mit Aron verbracht hatte? Ich schaute genauer hin. Eindeutig: Ihre Augen leuchteten, sobald sie ihn ansah. Wusste Aron, was sie für ihn empfand?
    »Lass ihn das selbst herausfinden«, warnte mich Christophers leise Stimme, da ich nicht aufhören konnte, die beiden anzustarren. Sanft zog er mich an sich, und ich vergaß Susan und Aron und strahlte meinen Engel an. Selbst dann noch, als Christopher mich zum Tanzen aufforderte.
    »Ich kann nur Disco und Tango«, warnte ich ihn.
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