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Tante Dimity und der Kreis des Teufels

Tante Dimity und der Kreis des Teufels

Titel: Tante Dimity und der Kreis des Teufels
Autoren: Nancy Atherton
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dich – und du warst mir nicht länger gleichgültig.« Er lachte hilflos.
    »Zuerst wollte ich dich verführen, Lori, aber dann hast du mich verführt.«
    »Claire hat dich verführt«, sagte ich entschieden. Anstandshalber erlaubte ich mir, ihn kurz und böse anzufunkeln, ehe ich ehrlich zugeben musste: »… mit ziemlich viel Hilfe meinerseits.«
    Stumm saßen wir da und betrachteten unsere Hände. Wir brauchten beide einen Augenblick, um die Wahrheit zu verdauen, die wir uns gerade gebeichtet hatten. Aber es dauerte nicht lange, bis ich mir bewusst wurde, dass es eine Wahrheit war, wie sie nur zwischen wirklich guten Freunden möglich ist. Ich griff nach Adams Hand, und er nahm meine und hob sie an die Lippen.
    »Ich danke dir«, sagte er.
    »Gern geschehen.« Ich verengte die Augen.
    »Aber dass mir das nicht wieder passiert.«
    Er wischte sich mit dem Ärmel über die Augen und runzelte die Stirn. »Wie wusstest du eigentlich, dass Nicole mich am Fenster gesehen hat?
    Hatte sie mich schließlich doch erkannt?«
    »Nein, aber ich. Warte mal.« Ich stand auf.
    »Bin gleich zurück.«
    Ich ging hinaus und kam mit Claires Porträt zurück. Als ich es ans Fußende von Adams Bett lehnte, schmolz er dahin.
    »Claire«, flüsterte er. »Wo hast du sie gefunden?«
    »Das zeige ich dir, sobald du wieder auf den Beinen bist.« Ich kletterte auf das Bett und kuschelte mich neben ihm in den Berg Kopfkissen.
    »Sofort fiel mir die Ähnlichkeit mit Nicole auf, aber es dauerte einen Moment, bis mir klar wurde, an wen sie mich noch erinnerte.«

    Während mein Blick von dem Porträt zu Adams Gesicht wanderte, sah ich die gleichen dunklen, leuchtenden Augen, die gleiche helle Haut, das gleiche glänzende schwarze Haar –
    selbst die Hände waren ähnlich. Ich sah von Adams Zigeunerlocken auf Claires Korkenzieher und wunderte mich darüber, wie lange ich gebraucht hatte, um es zu bemerken.
    »Auch mit meinem Großvater habe ich Ähnlichkeit.« Adam holte ein Foto unter der Bettdecke hervor. »Ich fand es in den Archiven des Regiments. Vorhin, als du reinkamst, habe ich es mir gerade angesehen.«
    Das sepiafarbene Bild, eine Studioaufnahme, zeigte einen schlanken jungen Mann in zu großer Uniform, der vor einer Kulisse aus gemalten Trauerweiden stand. Der dunkelhaarige, dunkel äugige Junge sah eher wie ein Primaner als wie ein gestandener Soldat aus.
    »Du hast seinen Mund«, sagte ich, »und seine Begeisterung für die Sprache. Du bist auch gebaut wie er. Darum hatte Claire wohl gewollt, dass ich …« Mit der Fingerspitze berührte ich Edwards Lippen auf dem Foto. »Für sie muss es gewesen sein, als küsste sie ihn ein letztes Mal.«
    »Ja, genauso ein Kuss war es.« Adam hielt kurz inne. »Ein ziemlich merkwürdiger Kuss für einen Enkel, findest du nicht?«
    »Dimity sagt, Claires Geist sei schon lange getrübt gewesen«, gab ich zu bedenken. »Ich nehme an, ihre großmütterlichen Empfindungen sind mit ihren … anderen Empfindungen durcheinandergeraten. Du siehst Edward wirklich ähnlich.
    Außerdem wurde ja alles durch mich gefiltert, und was ich für dich empfand, war kein bisschen großmütterlich.«
    »Das freut mich«, sagte Adam.
    Ich sah ihn grinsend an, dann lehnte ich den Kopf an seine Schulter.
    »Und was machen wir jetzt?«
    »Ich vermute, ein weiterer Kuss kommt wohl nicht in Frage?«, wagte Adam sich vor.
    »Du vermutest richtig. Dazu sind wir viel zu ehrbar.« Mein Blick blieb an Edwards Mund hängen. »Außerdem wäre es nicht dasselbe. Claire hat die Sehnsucht eines ganzen Jahrhunderts in diesen Kuss gepackt.«
    »Dann probiere ich es wohl am besten in hundert Jahren noch mal bei dir, ja?«
    »Das kannst du.«
    Mit diesem Geplänkel versuchten wir, die Intensität der letzten Stunde zu überspielen, aber wir wussten beide, dass es über den Scherz hinausging. Wir brauchten es nicht auszusprechen, um zu wissen, dass wir zu anderer Zeit und an anderem Ort mehr als nur gute Freunde gewesen wären.
    »Ich werde Nicole und ihrem Onkel die Wahrheit sagen«, erklärte Adam. »Und wenn sie mich danach noch ertragen können, werde ich ihnen helfen, nach Edwards Schatz zu suchen.«
    Ich lächelte, aber ich meinte es ernst, als ich sagte: »Wenn du mich fragst, so hat Claire ihren Schatz bereits gefunden.«

25
    WÄHREND ADAM NICOLE und Onkel Dickie seine Geschichte erzählte, saß ich in meinem Zimmer, das blaue Tagebuch auf dem Schoß, und berichtete Tante Dimity, was inzwischen geschehen war. Von der
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