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Talivan (German Edition)

Talivan (German Edition)

Titel: Talivan (German Edition)
Autoren: Andrea Tillmanns
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auf zierliche, gar nicht zu der sonst so massig wirkenden Gestalt passende Beine fre i gab.
    Sirka und Belan sahen Werezin an diesem Tag nicht mehr. Am späten Abend, als die Pferde sich völlig verausgabt hatten, fanden sie nur noch ausgebrannte, zerstörte und menschenleere Dörfer vor, so dass sie gezwungen waren, unter freiem Himmel zu übe r nachten.
    Beide erwachten gleichzeitig von einem schrec k lichen Knall, und bevor sie sich Vorwürfe machen konnten, auf ihr Glück vertraut und nicht abwechselnd gewacht zu h a ben, hatte Sirka schon ihr Schwert gezogen und Belan die Umgebung nach feindlichen Geisten abgesucht. Wenig sp ä ter entdeckte die Schwertkämpferin in der Nähe ein Feuer. Ihre Freundin erzählte leise, dass sich wohl ein Magier in der Gegend au f halten müsse, gab dann aber zu bedenken, es könne auch Werezin sein, auf alle Fälle ein Mensch, der sich geistig stark abschirme. Lautlos schlichen sie durch das lichte Unterholz des kleinen Wäldchens zu dem Feuer, das Sirka erspäht hatte. Belan wandte sich nach einem ku r zen Blick schnell ab, während sie die Übelkeit in sich aufsteigen spürte. Die fünf oder sechs Männer so för m lich zu zerfetzen, dazu musste Zauberei nötig gewesen sein, und dennoch spürte Belan, als sie sich wieder b e ruhigt hatte, keine Anwesenheit von Magie. Die Schwertkämpferin, e her an den Anblick verstümmelter, verbrannter Leichen gewöhnt, hatte ihre Augen derweil kurz über die Reste der Rüstungen der Toten schweifen lassen, und so wusste auch ihre Freundin, als die beiden ihr Nachtlager wieder erreichten, dass die Ermordeten Djakons Farben g e tragen ha t ten. Wer auch immer sie getötet hatte, er hatte den Frauen damit wahrscheinlich das Leben gerettet. Und noch immer fand Belan in ihrer Umgebung nur eine einzige Person, die i n zwischen unbekümmert zu schlafen schien und alleine niemals in der Lage gewesen wäre, dieses grauenvolle Blutbad anzurichten. Es sei denn, sie verfügte über eine Waffe, die mächtiger war als alle anderen b e kannten. Und noch eines sah die Zauberin, als sie den im Schlaf ein w e nig gelockerten geistigen Schutz dieser Person ein winziges Stück weit au f brechen konnte: Es war Werezin.
    „Sag nicht, du hättest nichts gehört!“
    Belan hatte Sirka diesmal davon überzeugen können, zu der nur wenige hundert Meter vorausreitenden Stummen au f zuschließen, und begann jetzt schon, es zu bereuen.
    Werezin schien zu zögern, bevor sie durch Gesten ein „vielleicht“ formulierte. Sirkas Blick, den die Zauberin kurz auffing, sprach Bände. Wahrlich, bei drei Frauen war eine zuviel, eine unnötige Bürde. Es war schon immer so gewesen, dass Schwert- und Zauberschwestern zu zweit ri t ten, und diese Tradition hatte durchaus ihren Sinn. Die Frauen warfen sich, hinter dem Rücken der Stummen, einen zweiten Blick zu. Belan verstand die unau s gesprochene Frage ihrer Freundin. Sie ritt zu Werezin und wollte gerade zu einer Erklärung ansetzen, warum die beiden Frauen li e ber alleine vorauseilen sollten, als die Stumme sich mit einem heiseren Schrei auf die völlig u n vorbereitete Schwer t kämpferin warf und sie zu Boden riss. Bevor Belan vom Pferd springen und ihre Schwer t schwester befreien konnte, hörte sie den Pfeil über Sirkas Reittier hinwegsausen und den unte r drückten Fluch des wohl im Gebüsch versteckten Schützen. Sie fand den Geist des Mannes sofort, zwar stark abgeschirmt, aber von einer gut spürbaren Kraft u m geben, jetzt, da sie wusste, dass sie suchen musste, und tötete ihn, bevor er auch nur die geringste Chance zur Flucht hatte.
    Dann erst wandte sie sich Sirka zu, die sich gerade wuten t brannt aus Werezins Umhang befreite und die Fremde a n schrie: „Was hast du dir eigentlich dabei g e dacht? Hier ist kein Platz für Leute, die überall Gespenster sehen! Ve r dammt, mach doch, was du willst, aber lass uns in Ruhe!“ Die Schwertkämpferin beruhigte sich erst wieder, als sie das blasse Gesicht ihrer Freundin sah.
     
    Es wäre Sirka zu schwer gefallen, sich bei der so u n nahbar wirkenden Frau zu bedanken, aber Werezin schien ihr nichts nachzutragen. Wahrscheinlich hatte die Stumme den wor t losen Dank verstanden, als die Schwertkämpferin ihr vom Boden aufhalf und sie an der Spitze reiten ließ.
    Erst abends, nachdem Belan ein Feuer entzündet hatte, fiel Sirka wieder ein, was sie stutzig gemacht hatte. „Sag, Werezin“, sie zögerte kurz, als die Stumme sich zu ihr u m drehte, „du hast geschrien –
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