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Tagebuch (German Edition)

Tagebuch (German Edition)

Titel: Tagebuch (German Edition)
Autoren: Anne Frank
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warmes Essen bekommen, aber das störte uns nicht. Mutter und Margot waren zu müde und zu überspannt, um zu essen, Vater und ich hatten zu viel Arbeit. Dienstagmorgens fingen wir dort an, wo wir am Montag aufgehört hatten. Bep und Miep kauften mit unseren Lebensmittelmarken ein, Vater reparierte die unzureichende Verdunklung, wir schrubbten den Küchenboden und waren wieder von morgens bis abends beschäftigt. Zeit, um über die große Veränderung nachzudenken, die in mein Leben gekommen war, hatte ich bis Mittwoch kaum. Dann fand ich zum ersten Mal seit unserer Ankunft im Hinterhaus Gelegenheit, dir die Ereignisse mitzuteilen und mir gleichzeitig darüber klar zu werden, was nun eigentlich mit mir passiert war und was noch passieren würde.
    Deine Anne

Samstag, 11. Juli 1942
    Liebe Kitty!
    Vater, Mutter und Margot können sich noch immer nicht an das Geräusch der Westerturmglocke gewöhnen, die jede Viertelstunde angibt, wie spät es ist. Ich schon, mir hat es sofort gefallen, und besonders nachts ist es so etwas Vertrautes. Es wird dich vermutlich interessieren, wie es mir als Untergetauchter gefällt. Nun, ich kann dir nur sagen, dass ich es selbst noch nicht genau weiß. Ich glaube, ich werde mich in diesem Haus nie daheim fühlen, aber damit will ich überhaupt nicht sagen, dass ich es hier unangenehm finde. Ich fühle mich eher wie in einer sehr eigenartigen Pension, in der ich Ferien mache. Eine ziemlich verrückte Auffassung von Untertauchen, aber es ist nun mal nicht anders. Das Hinterhaus ist ein ideales Versteck. Obwohl es feucht und ein bisschen schief ist, wird man wohl in ganz Amsterdam, ja vielleicht in ganz Holland, kein so bequem eingerichtetes Versteck finden.
    Unser Zimmer war mit seinen nackten Wänden bis jetzt noch sehr kahl. Dank Vater, der meine ganze Postkarten- und Filmstarsammlung schon vorher mitgenommen hatte, habe ich mit Leimtopf und Pinsel die ganze Wand bestrichen und aus dem Zimmer ein einziges Bild gemacht. Es sieht viel fröhlicher aus. Wenn die van Daans kommen, werden wir aus dem Holz, das auf dem Dachboden liegt, ein paar Schränkchen und anderen netten Krimskrams machen.
    Margot und Mutter haben sich wieder ein bisschen erholt. Gestern wollte Mutter zum ersten Mal Erbsensuppe kochen, aber als sie zum Schwätzen unten war, vergaß sie die Suppe. Die brannte so an, dass die Erbsen kohlschwarz und nicht mehr vom Topf loszukriegen waren.
    Gestern Abend sind wir alle vier hinunter ins Privatbüro gegangen und haben den englischen Sender angestellt. Ich hatte solche Angst, dass es jemand hören könnte, dass ich Vater buchstäblich anflehte, wieder mit nach oben zu gehen. Mutter verstand meine Angst und ging mit. Auch sonst haben wir große Angst, dass die Nachbarn uns hören oder sehen könnten. Gleich am ersten Tag haben wir Vorhänge genäht. Eigentlich darf man nicht von Vorhängen sprechen, denn es sind nur Lappen, vollkommen unterschiedlich in Form, Qualität und Muster, die Vater und ich sehr unfachmännisch schief aneinander genäht haben. Mit Reißnägeln wurden diese Prunkstücke vor den Fenstern befestigt, um vor Ablauf unserer Untertauchzeit nie mehr herunterzukommen.
    Rechts neben uns ist das Haus einer Firma aus Zaandam, links eine Möbeltischlerei. Diese Leute sind also nach der Arbeitszeit nicht in den Gebäuden, aber trotzdem könnten Geräusche durchdringen. Wir haben Margot deshalb auch verboten, nachts zu husten, obwohl sie eine schwere Erkältung erwischt hat, und geben ihr große Mengen Codein zu schlucken.
    Ich freue mich sehr auf die Ankunft der van Daans, die auf Dienstag festgelegt ist. Es wird viel gemütlicher und auch weniger still sein. Diese Stille ist es nämlich, die mich abends und nachts so nervös macht, und ich würde viel darum geben, wenn jemand von unseren Beschützern hier schlafen würde.
    Sonst ist es hier überhaupt nicht so schlimm, denn wir können selbst kochen und unten in Papis Büro Radio hören. Herr Kleiman, Miep und Bep haben uns sehr geholfen. Wir haben sogar schon Rhabarber, Erdbeeren und Kirschen gehabt, und ich glaube nicht, dass wir uns hier vorläufig langweilen werden. Zu lesen haben wir auch, und wir kaufen noch einen Haufen Spiele. Aus dem Fenster schauen oder hinausgehen dürfen wir natürlich nie. Tagsüber müssen wir auch immer sehr leise gehen und leise sprechen, denn im Lager dürfen sie uns nicht hören.
     

    Gestern hatten wir viel Arbeit, wir mussten für das Büro zwei Körbe Kirschen entkernen, Herr
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