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Tagebuch der Lust

Tagebuch der Lust

Titel: Tagebuch der Lust
Autoren: Ava Pink
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Fingernägeln.
    „Wie kommt es, dass du schon verlobt bist?“, bohrte ich. „Du bist noch so jung.“
    „Thomas und ich kennen uns schon unser halbes Leben“, antwortete sie. „Er ist ein guter Mann, und wir haben uns bereits als Kinder geschworen, dass wir eines Tages heiraten. Und um ehrlich zu sein, ich bin froh, wenn ich dieses Haus endlich verlassen darf. Ich werde ein schönes Leben mit Thomas führen.“
    Ich nickte verständnisvoll. Caleb war ein so ignoranter Mensch, dass er nicht einmal merkte, wie er seine Kinder aus dem Haus trieb.
    „Und wann wird die Hochzeit sein?“, fragte ich weiter.
    „Nächstes Jahr, wenn ich achtzehn Jahre alt werde. Pa erlaubt es nicht früher. Aber das ist jetzt egal, weil du da bist. Ich freue mich sehr auf unsere gemeinsame Zeit“, antwortete Alisha und ergriff meine Hand.
    Ich auch, aber nicht mehr lange und sie würde fort sein. Jedoch wollte ich mir mit diesen dunklen Gedanken nicht den Tag vermiesen lassen. Gut gelaunt stand ich auf und gemeinsam schlenderten wir zu den Stallungen. Alisha hatte für mich einen wunderschönen Wallach ausgesucht, der – wie sie mir versicherte – sehr folgsam war. Ich schmunzelte, denn hätte sie von meinen Reitkünsten gewusst, hätte sie mir ein anderes Pferd gegeben. Aber ich sagte nichts und stieg in den Sattel. Als wir durch die satten Wiesen trabten, fragte ich Alisha weiter aus.
    „Was ist mit Jethro? Hat er eine Dame in Aussicht?“ Ich hoffte, meine Stimme würde nicht ganz so interessiert klingen, denn im Grunde ging es mich ja auch nichts an.
    „Jethro?“, rief Alisha amüsiert. „Mein Bruder hat mehr Herzen gebrochen, als ich zählen kann. Jede Dame in Atlanta leckt sich die Finger nach ihm, und ich glaube, er war auch schon mit fast jeder im Bett. Ich würde es gerne sehen, wenn er endlich eine nette Frau zum Heiraten treffen würde. Eine nette Frau wie … dich. Es hätte mich gefreut, wenn du statt meinen Vater Jethro geheiratet hättest.“
    „Sag so etwas nicht, Alisha“, mahnte ich, doch meine Gedanken waren ähnlich.
    Zu meinem Ärger stellte ich fest, dass es mir einen Stich versetzte, als ich mir Jethro mit anderen Frauen vorstellte. Das ist doch absurd , dachte ich wütend. Du kennst Jethro genauso wenig, wie du seinen Vater kennst. Also, was soll die kindische Schwärmerei?
    „Da drüben sind die Unterkünfte der Arbeiter“, wechselte Alisha plötzlich das Thema, und ich war mehr als froh darüber. Doch was ich zu sehen bekam, schockierte mich über alle Maßen.
    Die Hütten, oder viel mehr die Baracken der Sklaven, waren in einem schlimmen Zustand. Die Dächer wiesen zahllose Löcher auf, das Areal, auf dem die Hütten standen, war schlammig und verdreckt. Große, leere Augen starrten mich an, als wir näher kamen. Alisha stieg vom Pferd und bedeutete mir, ihr zu folgen. Meine Beine zitterten, und ein Gefühl des Ekels und der Abscheu überfiel mich. Jedoch nicht gegen diese Menschen, sondern gegen Caleb. Alisha und ich liefen an den Sklaven vorbei, die mich nicht aus den Augen ließen und artig knicksten. Plötzlich stand ein hünenhafter Mann vor uns, und erschrocken wich ich einen Schritt zurück. Seine schwarzen Augen funkelten, als er mich anblickte. Er wies eine gewisse Ähnlichkeit mit Moses auf, jedoch war seine Haltung stolzer und ehrfurchteinflößend.
    „Das ist Matthew, unser Vorarbeiter“, erklärte Alisha. „Matthew, das ist die neue Mrs Sheldon, also benehme dich ihr gegenüber respektvoll. Master Jethro wird weiterhin dein Ansprechpartner sein, aber Mrs Sheldon hat das Sagen, wenn mein Vater nicht zu Hause ist.“
    Matthew nickte gehorsam und warf mir wieder diesen unergründlichen Blick zu. Mir wurde heiß. In seinen Augen lag eine gewisse Feindseligkeit, aber gleichzeitig auch glühende Leidenschaft. Ich spürte, wie mein Herz heftig schlug und meine Handflächen feucht wurden. Mein Blick glitt an seinem sehnigen Körper entlang, der in abgewetzte Lumpen gehüllt war. Doch unter der schäbigen Kleidung vermutete ich einen wunderschönen, schwarzen Leib, mit flachem Bauch und langen, muskulösen Beinen. Fast hätte ich aufgestöhnt, als ich mir vorstellte, wie sein Penis aussah. Das Bild des nackten Moses tauchte vor meinem geistigen Auge auf, und mir wurde für einen Moment schwindelig. Ich vergaß völlig, wo ich mich befand. Dass ich inmitten von Armut stand und die Herrin über all das war. Auf meiner Stirn bildeten sich kleine Schweißperlen und aus dem Augenwinkel bemerkte
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