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Symbiose Herbstgewitter

Symbiose Herbstgewitter

Titel: Symbiose Herbstgewitter
Autoren: K. H. Scheer
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Reg. Es mußte sein. Man kann Männern unserer Art nicht zumuten, im Zeitlupentempo unterrichtet zu werden. Das ist vorbei. Halten Sie sich das stets vor Augen.«
    Als er schwieg, erkannte ich, daß ich wieder einen Fehler be gangen hatte.
    Warum hatte ich nicht abgewartet? Warum hatte ich ihn jäh überfallen?
    »Weil du in Überraschungsmomenten wohl nicht mehr anders handeln kannst«, gab Hannibal telepathisch durch. »Ich bin schon vor dir an dieser Schwelle angekommen. Das läßt sich wahrscheinlich nicht verhindern. Reflexhandlungen und logischer Verstand sind zweierlei Dinge. Auch eine Katze fährt oftmals ungewollt die Krallen aus. Dann ziehen die Leute, die sie streicheln wollten, schnell die Hand zurück. Warum tut sie das? Instinkt? Reflex? Gewollt? Berechnet? – Nichts von dem, mein Bester! Das hat die Natur einprogrammiert. Bei uns verändern sich einige Dinge, die wir mit dem Verstand nicht erfassen können, in immer schnellerem Tempo. Vielleicht werden wir wirk lich zu Ungeheuern. Steamers ist jedenfalls abgrundtief schockiert. Vergiß es. Du hast keine andere Wahl, als es zu vergessen.«
     
     
3.
     
    Der Steigflug hatte uns an die Grenzen des Weltraums geführt. Ich glaubte jetzt noch das Donnern des kernchemischen Atomtriebwerks zu hören. Das schubverleihende Medium war normale Luft, die nach der spontanen Aufheizung mit hohen Expansionswerten aus der Heckdüse schoß.
    Clipper dieser Art waren schon seit zwei Jahrzehnten narrensicher. Unfälle waren kaum zu registrieren. Und wenn es zu einem kam, lag es meistens an Leichtsinn oder Nachlässigkeit in der Wartung.
    Die Reise führte nach Westen. Zur Zeit standen wir in Höhe der Hawaii-Inseln. Dort war die fünfundzwanzigfache überschallschnelle Fahrt auf 2,1 Mach reduziert worden.
    Der Auftrieb der angeklappten Tragflächen reichte bei dieser Geschwindigkeitsstufe gerade noch aus, um die Maschine in der Luft zu halten. Eine weitergehende Reduzierung hätte ein geringfügiges Schwenken der Flächen nach vorn erforderlich gemacht. Der Auftrieb wäre erhöht worden.
    Das schien aber nicht in der Absicht der Piloten zu liegen – oder noch nicht! Es sah nämlich danach aus, als sollten wir im riesigen, doppelstöckigen Leib des Clippers nicht nur unterrich tet, sondern auch »behandelt« werden. War das der Fall, mußte die Flugzeit unbedingt verlängert werden.
    Das Räderwerk der Geheimen Wissenschaftlichen Abwehr schien wieder auf vollen Touren zu laufen.
    Es war schon immer geheimnisvoll und für Außenstehende völlig unergründbar gewesen. Diesmal aber schien man gewillt zu sein, alle bisherigen Leistungen zu überbieten. Jedenfalls waren wir noch nie von einem fliegenden Labor aus, das gleichzeitig eine behelfsmäßige Befehlszentrale war, in den Einsatz geschickt worden.
    Steamers und einige Leute seines Eingeweihtenteams schirmten uns ab wie Heiligtümer. Wir hatten längst ertastet, daß sich an Bord des Clippers mindestens hundert Personen befanden. Viele gehörten zum wissenschaftlich-technischen Einsatzstab der GWA, aber nur einige Personen waren informiert.
    Unser hochverehrter Chef, der Vier-Sterne-General – plus Komet nicht zu vergessen! – Arnold G. Reling täuschte sich ebenfalls, wenn er annahm, er hätte seine Abwesenheit vor uns geheimhalten können. Hannibal hatte Relings charakteristische Hirnimpulse schon geortet, noch ehe wir den Clipper bestiegen hatten. Wir hatten darüber geschwiegen. Die Panne mit Steamers gab uns noch zu denken.
    Fest stand, daß sich ein militärischer Orbitclipper dieser Bauserie viele Monate lang in der Luft halten konnte. Wir hatten also Zeit.
    Hannibal hatte seine Tarnung als »kleiner, dicklicher Mann« noch nicht ablegen dürfen. Die Dienstmasken trugen wir ohnehin.
    Wir hielten uns in einem fensterlosen Innenraum auf. Er war spartanisch mit zwei Wandklappbetten, einem viel zu kleinen Spind und einem versenkbaren Tischchen möbliert. Im Vergleich zur Unterkunft an Bord der Außenstation SCOUT I war das ein besseres Verlies, aber bei der GWA mußte man stets auf alles gefaßt sein.
    Steamers hatte sich noch vor dem Start zurückgezogen. Jetzt stand er schon wieder vor der Tür. Ich fühlte seine paramentalen Schwingungen.
    »Er hat Angst«, gab Hannibal telepathisch durch. »Mein Gott, er hat plötzlich Angst! Jetzt gibt er sich innerlich einen Ruck und schimpft sich einen Narren. Wir sind nur etwas anders als er, meinte er bei sich. Das kann ja noch heiter werden.«
    Ich hütete mich,
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