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Süße Worte, heißes Flüstern

Süße Worte, heißes Flüstern

Titel: Süße Worte, heißes Flüstern
Autoren: Barbara McCauley
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Auch die Begegnung mit zwei zähnefletschenden Rottweilern hatte er einigermaßen heil überstanden. Dass er aber eines Tages vor der Aufgabe, zwei bockigen sechsjährigen Mädchen eine warme Mahlzeit zu verabreichen, fast kapituliert hätte, hätte er nicht für möglich gehalten.
    Auf einem Tablett auf dem Tisch im Kinderzimmer standen zwei Schalen mit dampfender Suppe. Maddie und Missy jedoch saßen in ihren Betten und weigerten sich standhaft, auch nur davon zu kosten.
    “Wir mögen keine Suppe”, erklärte Maddie kategorisch.
    “Wir mögen nur Charlie Choo Choo’s Coco Crazies”, ergänzte Missy.
    Von diesem Nahrungsmittel hörte Seth zum ersten Mal. Er tippte auf eine Art Schokocornflakes, die ursprünglich wohl einmal für das Frühstück gedacht waren und vermutlich sechsundneunzig Prozent reinen Zucker enthielten. Genauso gut konnte er die beiden gleich mit Smarties füttern. Persönlich hatte Seth nichts gegen ausgefallene Essgewohnheiten – davon hatte er selbst einige. Hier aber ging es um die ausgewogene Ernährung von Sechsjährigen.
    “Ihr seid beide heute nicht zur Schule gegangen, weil ihr krank seid”, stellte er klar, “und eure Mutter hat mir den Auftrag gegeben, auf euch aufzupassen und euch Hühnersuppe mit Nudeln zu machen.”
    Tatsächlich waren die Mädchen nach ihrem Ausflug ins Camp am nächsten Morgen mit verschnupften Nasen und leicht erhöhter Temperatur aufgewacht. Da Hannah zur Arbeit musste, hatte Seth nun die Kinder zu hüten.
    “Scheußlich!”, rief Maddie voller Empörung. “Wir mögen überhaupt keine Hühnersuppe.”
    “Hühnersuppe schmeckt eklig!”, drang es gedämpft unter Missys Bettdecke hervor.
    Gleich darauf hatte auch Maddie sich die Decke über den Kopf gezogen.
    So ging es jetzt bereits seit fünf Minuten. Seth sah seine Felle davonschwimmen. “Wie wäre es mit einer kleinen Portion Cornflakes für jeden, der ein bisschen Suppe gegessen hat”, schlug er listig vor. Er hatte keine Ahnung, ob Hannah dieses Verfahren billigen würde, aber das war ihm im Augenblick egal.
    “Nein, erst die Cornflakes”, forderte Maddie.
    “Dann essen wir auch die Suppe – vielleicht – ein bisschen”, legte Missy nach.
    Darauf falle nicht einmal ich herein, dachte Seth. Als Hannah vorhin gegangen war, um die Abendschicht für eine Bedienung im Restaurant zu übernehmen, hatte sie ihn gewarnt, als er sich anbot, auf die Kinder aufzupassen. “Die sind manchmal ganz schön schwierig”, hatte sie gesagt. Schließlich hatte sie, wenn auch zögernd, doch zugestimmt. Seth hatte darauf bestanden. Er fühlte sich nach dem Debakel um Martha noch in ihrer Schuld. Außerdem hatte er leichtfertigerweise gedacht, dass es nicht so schwierig sein könne, für ein paar Stunden auf zwei kleine Mädchen aufzupassen und ihnen dabei etwas zu essen zu geben.
    Inzwischen war er klüger.
    Letzter Versuch. “Passt mal auf, Mädchen. Ich kann auch nichts anderes tun als das, was eure Mutter mir aufgetragen hat. Ihr könntet doch mir zuliebe ein kleines Schüsselchen Suppe essen, ein paar Löffel, mehr nicht.”
    Maddie und Missy lugten vorsichtig unter ihren Bettdecken hervor. “Vielleicht”, meinte Missy, “aber nur wenn du auch was davon isst.”
    Warum nicht? Ein wenig Hühnersuppe konnte nie schaden.
    “Und nur, wenn wir spielen, dass die Suppe Tee ist”, fügte Maddie hinzu.
    Nichts leichter als das. “Ich erkläre hiermit die Hühnersuppe offiziell für Tee”, verkündete Seth feierlich.
    Die Mädchen tauschten einen verschmitzten Blick, dann sprangen sie aus den Betten und liefen zu ihrem Spielzeugschrank, aus dem sie ihr Puppengeschirr holten.
    “He, was soll das?”, rief Seth, “ihr müsst im Bett bleiben.”
    “Aber wir können doch im Bett nicht Damenkränzchen spielen”, erklärte Maddie geduldig, während sie und Missy dabei waren, den Tisch zu decken. “Du sitzt hier”, sagte sie dann zu Seth und zeigte auf einen winzigen Kinderstuhl.
    “Aber, Moment mal”, protestierte Seth, “ich kann doch nicht Damenkränzchen spielen. Ich bin doch ein Mann.”
    Ein enttäuschter Blick aus ihren ernsten Kinderaugen genügte, um den Einwand zunichtezumachen.
    Dass sie ihre Füße kaum noch spürte und ihr die Arme vom Schleppen der schweren Tabletts schmerzten, machte Hannah wenig aus, als sie nach Hause kam. Sie hatte dicke Trinkgelder bekommen, die zusammen mit ihrem Stundenlohn ein hübsches Sümmchen ergaben. Das half ihr zwar nicht aus ihrer allgemeinen Finanznot, war
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