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Suesse Versuchung

Suesse Versuchung

Titel: Suesse Versuchung
Autoren: Mona Vera
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hier Hals
    über Kopf zu verlieben und sich unziemlich verführen zu lassen. Sie wollte nur die
    Zeit absitzen und dann heimkehren. Zu den wunderbaren Highlands, dem hellblauen
    Sonnenhimmel, den violetten Gewitterwolken, den grünen Wiesen, den Schafen,
    Vaters alter Burg. Und zu Patrick. Ihr Freund fehlte ihr. Sie war sich bei der Abreise
    gar nicht bewusst gewesen, wie sehr sie ihn vermissen würde. Sie hatte ihn zwar
    gebeten, ihr Briefe zu schreiben, aber mit demselben Ergebnis hätte sie auch eine von
    Vaters Ritterrüstungen, die in der Halle herumstanden, darum ersuchen können.
    „Im Grunde darf ich mich nicht beklagen“, sagte sie zu Rosalind, die ruhig stehen
    geblieben war, während ihre Herrin das Haus in Augenschein genommen hatte. „Es
    hätte im Fall einer Ehe mit Phaelas weit schlimmer kommen können.“ Schließlich
    musste sie Tante und Cousine nur einige Monate und nicht ein ganzes Leben lang
    ertragen.
    Ihre dunkelbraune Stute tänzelte und schnaubte, als ihre Herrin sich herabbeugte, um
    das quietschende Gartentor zu öffnen. Sophie tätschelte ihr den Hals. „Was ist, spürst
    du schon die Gespenster?“
    Sie trieb Rosalind in den kleinen Park hinein. Hinter dem Tor hielt sie an. Henry
    hatte, als er bemerkte, dass Sophie sich nicht vor Gespenstern zu ängstigen schien,
    eindringlich vor der Baufälligkeit des Hauses gewarnt. Fürchtete er tatsächlich, das
    Haus könnte über ihr einstürzen? War dies vielleicht der Grund, weshalb der Schlüssel
    im ganzen Haushalt nicht auffindbar gewesen war? Nun, dachte sie mit einem schiefen
    Grinsen, sie hatte schon Erfahrungen mit einem zusammenstürzenden halben Berg
    gesammelt, da konnte ihr so ein Häuschen keine Furcht einjagen.
    Erstaunt bemerkte sie, dass der Weg zum Haus weitaus öfter benutzt wurde, als sie
    dies bei einem leer stehenden Gebäude angenommen hätte. Henry hatte ihr zwar
    gesagt, dass er und der Verwalter seiner Mutter öfter einmal herkamen, um nach dem
    Rechten zu sehen, aber hier fanden sich tiefe Wagenspuren. Der vom letzten Regen
    noch feuchte Boden wies unzählige Hufabdrücke auf, und links und rechts vom Weg
    war das hohe Gras niedergetrampelt, als wären hier viele Menschen durchgestapft.
    Henrys Gespenster schienen sich wohl recht heimisch zu fühlen.
    Sophie lenkte Rosalind um das Haus herum, bis sie wieder vorne angelangt waren.
    Ein neuer Zaun und ein Schloss am Tor wären nicht schlecht. Viel konnte im Park
    nicht mehr zerstört werden, aber wenn man das Haus renovieren ließ, dann sollten
    auch keine fremden Gespenster mehr eindringen können. Sophie war allerdings der

    Überzeugung, dass es sich bei diesen Besuchern eher um übermütige Geister handelte.
    Tante Elisabeth hatte erst am Vorabend von einigen jungen Leuten aus London
    erzählt, die viel Unfug in der Stadt angestellt hatten.
    „Ich bin sicher, so viel wird gar nicht zu reparieren sein“, erzählte sie Rosalind, die
    aufmerksam die Ohren spitzte. Sie redete oft mit Rosalind. Wenn sie alleine ausritten,
    wenn sie sie im Stall besuchte, sie striegelte, und noch viel mehr, seit sie beide in
    Eastbourne angekommen waren, und Sophie sich unter all den Engländern vereinsamt
    fühlte.
    „Ich glaube ja nicht, dass jemals einer von uns hier wohnen will“, sprach Sophie
    weiter, „aber wenn Mutter wüsste, wie das Haus aussieht, in dem sie gelebt und wo sie
    Vater kennengelernt hat, dann wäre sie bestimmt sehr traurig.“ Rosalind schnaubte,
    und Sophie ließ ihren Blick nachdenklich über die Fensterreihen schweifen. Jedenfalls
    könnte ein genauerer Blick nichts schaden. Vielleicht kam sie doch ins Haus – auch
    ohne Schlüssel.
    Sie schwang kurz entschlossen das in Hosen steckende Bein über Rosalinds Hals, ließ
    sich aus dem Sattel rutschen und band die Zügel um einen morschen Pfahl – weit
    genug vom Haus entfernt, falls doch Dachziegel herabfallen sollten. Sie presste
    sekundenlang das Gesicht auf den warmen, kräftigen Pferdehals und ging dann mit
    energischen Schritten auf das Haus zu. Rosalind zerrte am Zügel und wollte ihr
    nachlaufen.
    „Bleib dort. Ich komme ja gleich. Ich schaue nur, ob es noch andere Eingänge gibt,
    oder ob eine Hintertür offensteht, ein Fenster vielleicht nicht verschlossen ist, oder
    eine Kellertreppe, durch die man ins Haus kann. Du weißt ja, Vater sagt immer, einen
    entschlossenen Schotten hält nichts auf!“
    Sie stieg die wenigen Stufen zur Haustür hinauf, rüttelte daran. Fest verschlossen. Sie
    sprang leichtfüßig
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