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Sueße Verfuehrung an der Cote d'Azur

Sueße Verfuehrung an der Cote d'Azur

Titel: Sueße Verfuehrung an der Cote d'Azur
Autoren: Christina Hollis
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einmal in dem Internat blicken zu lassen.
    Alessandro war zwar mit einer stolzen Familientradition aufgewachsen, aber das Verhältnis seiner Eltern zu ihrem Sohn grenzte an Armseligkeit. Michelle las, dass er praktisch alle Ferien in den Gästehäusern der besten englischen Schulen verbracht hatte und selten nach Hause kommen durfte. Das musste schrecklich für ihn gewesen sein. Das Unrecht, das man ihm angetan hatte, empörte sie. Sie wollte wissen, wer ihn so gestraft hatte. Und warum.
    Schließlich fand sie mit Maschine getippte und flüchtig unterschriebene Briefe, in denen wichtige Geschäfte irgendwo in New York, Melbourne, London oder Südfrankreich vorgeschoben wurden. An jeden dieser Briefe waren Zeitungsausschnitte, datiert in Alessandros Handschrift, geheftet. Sie zeigten Fotos von einem selbstbewusst aussehenden eleganten Aristokraten beim Besuch von Pferderennen, Tennis-Cups und Filmfestspielen. Meist in wechselnder weiblicher Begleitung. Michelle schüttelte finster den Kopf. So wie Alessandro sollte ihr Kind nicht aufwachsen.
    Er musste nicht nur dieses Leben, sondern auch die Presseberichte darüber gehasst haben. Einer war mit „Armer kleiner reicher Junge“ überschrieben und schilderte mit falschem Mitleid seine Verlassenheit. Michelle sah nun ein, dass sie durch Angriffe und Vorwürfe gar nichts erreichen würde. Er wollte es mit seinem Kind besser machen als seine Eltern, schlug aber auch nicht den richtigen Weg ein. Mit Streit ließe sich keine Lösung finden.
    Mit dem Rücken zur Kiste setzte sie sich nun auf den Boden und dachte nach. Es musste sich doch ein Weg finden lassen …
    Solange ihre Mutter lebte, hatte sie alles brav hingenommen, und das hatte zu nichts Gutem geführt. Nun führten die Auseinandersetzungen mit Alessandro zu nichts als Herzweh. Sie war als Kind unterdrückt worden. Alessandro vernachlässigt. Er hatte selbst für sich sorgen müssen.
    Plötzlich erkannte Michelle, dass sie ihr Leben zu schnell hatte verändern wollen. Sie hatte noch zu wenig Übung in unabhängigem Handeln. Da sie es noch nicht gelernt hatte, für sich zu kämpfen, tat sie es auf grobe und ungeschickte Weise.
    Ganz langsam lichtete sich der Nebel, und sie erkannte einen Weg. Alessandro war Geschäftsmann und gewohnt zu verhandeln. Sie nicht. Er hatte seine Höchstforderungen gestellt, und sie hatte die Verhandlungen abgebrochen. Wenn sie es lernte, klug zu verhandeln, könnte sie vielleicht erreichen, dass wenigstens das gemeinsame Kind am Leben seines Vaters teilnehmen durfte.
    Sie lächelte. Ein warmer Hoffnungsschimmer erfüllte sie. Bald würde sie noch einmal versuchen, die Tür zu öffnen, zurück zur Villa laufen, sich entschuldigen und ihrem Plan Taten folgen lassen. Jetzt noch nicht.
    Es war so warm und behaglich hier. Fast ein wenig stickig. Doch wenn sie Luft hineinließe, würde sie wieder frieren. Sie schloss die Augen. Dann wäre die Mühe von vorhin vergeblich gewesen. Ein kleines Nickerchen würde ihr jetzt guttun, denn all das viele Denken hatte ihr Kopfschmerzen bereitet. Wenn sie schmerzlos aufwachte …
    Gedankenverloren rieb Alessandro sich die Stirn. Es war ihm ein Rätsel, wieso Michelle wie vom Erdboden verschluckt war. Zuletzt hatte man sie gesehen, als sie aus der Villa hinausgestürmt war. Doch niemand hatte bemerkt, wie sie das Anwesen verlassen hatte. Das beschäftigte ihn. Erst hatte sie sein gut geordnetes Leben durcheinandergebracht, und nun war sie einfach verschwunden.
    Das war doch nicht möglich! Dass eine Frau ihn einfach verließ, war eine lächerliche Vorstellung. Aber tief in seinem Herzen hatte er längst begonnen, sich Sorgen um sie zu machen. Diese Unruhe, diese Enge in der Brust, dieser Ansturm schrecklicher Vermutungen, die ihn anfielen wie tollwütige Hunde, all das hatte er noch nie erlebt. Wenn er doch endlich wüsste, wo sie sich befand und dass es ihr gut ging!
    Er hatte nicht erwartet, dass sie ihn auf diese Weise unter Druck setzte. Nicht einmal im Traum hätte er daran gedacht, dass sie weglief.
    Aber vor allem verwunderte ihn seine Reaktion darauf.
    Er wollte, dass sie zurückkam und für immer bei ihm blieb.
    Wenn er es recht bedachte, wollte er sie zurückhaben, seit er sie in Frankreich zurückgelassen hatte.
    Während er in die Flammen des Kamins in der Bibliothek starrte, erinnerte er sich an ihr Gesicht, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren. Aus großen Augen hatte sie ihn angesehen und war sehr nervös gewesen. Ihr nächtliches
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