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Sündige Seide: Roman (German Edition)

Sündige Seide: Roman (German Edition)

Titel: Sündige Seide: Roman (German Edition)
Autoren: Sandra Brown
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verlegt gehabt.«
    »Das sieht dir gar nicht ähnlich, Claire. Indem du mit ihrer
Waffe geschossen hast, hast du Yasmine in einen Mord verwikkelt.«
    »Ich dachte nicht, daß die Waffe noch einmal abgefeuert würde. Ich habe jedenfalls nicht damit gerechnet, daß Yasmine sich das Leben nehmen könnte.« Tränen traten ihr in die Augen. Seit ihrer Rückkehr aus New York war so viel passiert, daß sie keine Zeit gefunden hatte, um ihre Freundin zu trauern. »Ich war zu beschäftigt mit dieser Morduntersuchung, um zu merken, daß sie lautlos um Hilfe rief. Ich habe sie im Stich gelassen.«
    Cassidy schwieg ein paar Sekunden. Dann fragte er: »Was hast du empfunden, als du Jackson Wilde in dieser Nacht im Superdome gegenübergestanden bist?«
    »Es war eigenartig«, antwortete sie leise. »Ich spürte keinen hemmungslosen Haß, wie ich es erwartet hatte. Weil er mich für eine neu Konvertierte hielt, legte er mir die Hand aufs Haupt. Es gab keine kosmischen Strahlen. Ich fühlte keine mystische Verbindung, weder physisch noch psychisch. Als ich ihm in die Augen sah, erwartete ich, ihn irgendwie wiederzuerkennen, einen biologischen Funken, irgendwas tief in mir zu spüren.
    Statt dessen schaute ich in die Augen eines Fremden. Ich fühlte mich nicht zu ihm hingezogen. Ich wollte ihn nicht zum Vater haben, genausowenig, wie er mich vor zweiunddreißig Jahren zur Tochter haben wollte.« Sie hob den Kopf ein wenig. »Ich bin froh, daß er mich nie kennengelernt hat. Nachdem er meiner Mutter soviel Leid und Krankheit zugefügt hatte, hatte er es nicht verdient, mich kennenzulernen.«
    »Bravo, Claire.« Er starrte sie lange und voller Bewunderung an. Er bewegte sogar seine Hand auf ihre Wange zu, senkte sie aber wieder, bevor er sie berührte. Schließlich schob er seinen Stuhl zurück und stand auf. »Ich muß zu meinem Wagen und Crowder anrufen. Wahrscheinlich hat er inzwischen zwei Schlaganfälle hinter sich. Gibt es hier im Haus irgendwas zu essen?«
    »Ich habe keinen Hunger.«
    »Du solltest trotzdem was essen.«
    Sie zuckte gleichgültig mit den Achseln. »Um die Ecke gibt es
ein Café. Es sieht nicht besonders aus, aber Mr. Thibodeaux macht gute Austernsandwichs.«
    »Klingt gut. Gehen wir.«
    »Ich bleibe hier.«
    »Auf keinen Fall. Außerdem hast du Harry versprochen, anzurufen.«
    Claire hatte keine Kraft mehr, mit ihm zu streiten. Sein Mund war energisch zusammengekniffen und seine Haltung verriet, daß er keinen Widerspurch duldete. Mit schweren Schritten ging sie ihm voran aus dem Haus.
     
    »Ich versuche, Assistant District Attorney Cassidy zu erreichen.«
    »Da haben Sie sich verwählt. Hier ist das Polizeipräsidium, Sir.
    »Ich weiß, aber das Staatsanwaltsbüro ist geschlossen.«
    »Ganz recht. Das ist es. Rufen Sie morgen an.«
    »Nein, warten Sie! Legen Sie nicht auf.«
    Andre Philippi war vollkommen aufgelöst. Endlich hatte er den Mut aufgebracht, Mr. Cassidy anzurufen, und nun wurden all seine Versuche vereitelt, erst durch den automatischen Anrufbeantworter und jetzt durch einen gleichgültigen, begriffsstutzigen Trottel in der Polizeizentrale.
    »Es ist äußerst wichtig, daß ich Mr. Cassidy heute nacht erreiche. Er muß doch irgendwie aufzutreiben sein. Hat er einen Piepser?«
    »Keine Ahnung.«
    »Dann fragen Sie bitte Ihren Vorgesetzten.«
    »Wollen Sie ein Verbrechen melden?«
    »Ich will mit Mr. Cassidy sprechen!« Andres von Natur aus hohe Stimme kippte ins Falsett. Er merkte, daß er allmählich hysterisch wurde und daß seine Stimme das verriet, deshalb zwang er sich zur Ruhe. »Es geht um den Fall Jackson Wilde.«
    »Den Fall Jackson Wilde?«
    »Ganz recht. Und wenn Sie mir nicht behilflich sind, dann behindern Sie damit die Arbeit der Justiz.« Andre hoffte, daß
er sich richtig ausgedrückt hatte. Er hatte den Satz irgendwo gelesen, und er schien auf diese Situation zu passen. Auf jeden Fall schüchterte er den Beamten damit ein.
    »Bleiben Sie dran.«
    Während Andre darauf wartete, daß der Beamte an den Apparat zurückkam, überflog er wieder die Titelseite der Abendzeitung. Den neuesten Artikeln zufolge hatte Yasmine nichts mit dem Mord an Wilde zu tun. Aber die Bildunterschrift unter ihrem verschwommenen Schwarzweißfoto deutete an, daß sie an umstürzlerischen Aktionen teilgenommen hatte und höchstwahrscheinlich psychisch gestört war. Für Andre waren die ungerechtfertigten Anschuldigungen ein Schlag ins Gesicht. Wie seine maman war auch Yasmine zu wenig geliebt und beschützt
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