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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht
Autoren: Jennifer Blake
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Kampf beweisen.«
    »Ich brauche Euer Entgegenkommen nicht«, erwiderte Meyer.
    »Oh! Aber war es denn nicht das, was du die ganze Zeit schon wolltest? Dein Bedürfnis, dich mit mir zu schlagen, ist mir längst aufgefallen. Es war bei keinem anderen aus der Garde so ausgeprägt. Warum, glaubst du, habe ich mich immer geweigert, mit einem von euch zu kämpfen? Ich wollte nicht, daß beim Unterlegenen Bitterkeit aufkommt. Los, jetzt hast du deine Chance!«
    »Es wäre an Euch, zu unterliegen und diese Bitterkeit zu fühlen.«
    »Beweise es«, provozierte ihn Rolf. »Dein Drang nach Auszeichnung ist doch so groß. Meine Tapferkeit war dir immer ein Dorn im Auge, sie war der Maßstab, an dem du dich selbst messen mußtest. Maximilians Stellung und mein Ruf mit seinen Licht- und Schattenseiten und natürlich unsere Geliebten - danach hast du dich verzehrt. Jetzt nimm sie dir, wenn du kannst.«
    »Dann legt die Pistole weg.«
    Rolf lachte. »Soll ich mir für deinen ersten Stoß noch die Brust entblößen? Laß Angeline los, und ich tu’s.«
    »Auf Euer Wort?« In dieser Frage mischte sich Vertrauen mit Verachtung.
    »Bei allen Heiligen oder dem Thron unseres Vaters? Ich schwöre bei allem, was du willst.«
    Ein Prostestschrei wollte sich Angelines Kehle entringen, aber sie hielt ihn zurück. Sie durfte Rolf in diesem kritischen Augenblick der Entscheidung nicht ablenken. Sie spürte, wie Meyers Armmuskeln sich allmählich lockerten. Er ließ sie los. Mit einem tiefen Aufatmen wich sie zurück.
    Rolf legte bedächtig die Pistole auf den Tisch. Als Meyer sich in den Korridor zurückzog, schlüpfte Rolf an Angeline und der am Boden liegenden Claire vorbei, wobei er seinen Halbbruder keinen Moment lang aus den Augen ließ.
    Sobald die Kämpfer im Treppenhaus waren, kniete Angeline neben Claire nieder. Sie legte die Hand auf die mit weißem Taft bedeckte Brust und wußte doch schon, daß diese Geste vergebens war. Nichts war zu spüren, nicht das mindeste Heben und Senken der Brust, nicht der geringste Pulsschlag. Die Augen ihrer Kusine waren weit aufgerissen, und auf ihrer grünen Oberfläche lag der Frost des Todes wie die Eisschicht auf einem stillen See.
    Angeline sah Rolf an, und die Tränen stiegen ihr in die Augen. Sein Blick war auf sie gerichtet. Sie stand auf und schüttelte den Kopf. Er schaute Meyer an und nahm das Messer in die rechte Hand.
    »Noch ein Opfer, Bruderherz, noch ein Mord, jetzt an einer wehrlosen Schönen. Ich hoffe, du bist stolz darauf.«
    Meyer warf seine Jacke übers Treppengeländer und befühlte mit dem Daumen die Schneide seines Messers. »Sprecht Ihr von Claire? Ihr braucht ihr keine Träne nachzuweinen. Sie hat Max ebenso sicher umgebracht, als hätte sie ihm selbst die Pistole an den Kopf gesetzt.«
    »Weil er ihre Liebe zurückgewiesen hat?«
    »Aus Haß und Rachedurst, weil er ihre Liebe verschmähte. Er hat sie mit ein bißchen Glitzerkram abgespeist und davongejagt. Natürlich war es dumm von ihr, andere Erwartungen zu hegen, aber da sie die nun mal hatte, war sie wütend, als sie sich nicht erfüllten.«
    Ohne Vorwarnung stieß Meyer zu. Die Klinge verfehlte Rolf. Mit kurzem Auflachen brachte er sich in Sicherheit, und Meyer ging mit grimmigem Gesicht in die Hocke und drang wieder auf Rolf ein.
    »Ich war zwar nicht da«, sagte Rolf und beschrieb einen Bogen, um zu verhindern, daß Meyer ihn auf die Treppe zutrieb, »aber vom Tenor seiner Briefe her hätte ich geschworen, daß er ganz vernarrt in sie war.«
    »War er auch, bis die Gerüchte aufkamen. Er war stolz und heikel. Er legte Wert darauf, daß kein anderer auf seiner Stute ritt.«
    Ihre Füße schlurften über den schmutzverkrusteten Teppich. Er warf unter Meyers Füßen Falten, während dieser auf seinen Vorteil lauerte.
    »Ich hatte nicht den Eindruck«, erwiderte Rolf ruhig, »daß die Dame dumm genug war, sich besteigen zu lassen.«
    »O nein, aber es gab Hinweise, subtile Andeutungen, behutsame Bemerkungen...«
    »Von dir?« spottete Rolf und wich mit Leichtigkeit, fast nachlässig, einem jähen Vorstoß aus, als gelte dem Kampf auf Leben und Tod nur seine halbe Aufmerksamkeit.
    Meyer runzelte die Stirn. Er beantwortete die Frage des Bruders in schneidendem Ton. »Später, in der Zeit zwischen ihrer Entlassung und seinem Tod, war jedes Wort davon wahr.«
    »Du hast Max und Claire entzweit, und als dir das gelungen war, hast du sie verführt, ihren Zorn genährt, sie zur Rache angestachelt und ihr die Möglichkeit dazu
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