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Stiefkinder der Sonne

Stiefkinder der Sonne

Titel: Stiefkinder der Sonne
Autoren: Edmund Cooper
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Abstand stetig.
    „Hinwerfen!“ brüllte Greville.
    Der Flüchtling schien ihn nicht zu hören oder nicht zu verstehen.
    „Wirf dich flach hin!“ brüllte er noch einmal und fuchtelte mit seinem Schrotgewehr in der Luft herum.
    Dieses Mal wurde sein Befehl befolgt.
    Die Gestalt fiel zu einem stolpernden, rollenden, ungelenken Haufen auf den Boden.
    Die Anführer des Rudels waren nur noch ungefähr ein Dutzend Yards davon entfernt, als Greville ihnen den ersten Lauf zu schmecken gab. Ein Hund brach schreiend und sich windend zusammen, und ein zweiter jaulte auf und klemmte den Schwanz ein. Drei Hunde stürzten sich auf ihren gefallenen Begleiter.
    Greville rannte mit lautem Schreien auf sie zu. Auf der Brücke waren insgesamt etwa zwanzig Hunde. Ihr Vormarsch kam kurz zum Stehen, während sie sich die neue Entwicklung überlegten.
    Greville rannte noch immer und war nun von der Gestalt auf dem Boden noch ungefähr zehn Yards entfernt. Er hielt an, feuerte den zweiten Lauf auf die Hunde ab, ließ das Schrotgewehr aufschnappen, tastete in seiner Tasche nach weiteren Patronen und rief zur gleichen Zeit: „Kriech hierher und komm hinter mich, verdammt noch mal!“
    Er sah die Gestalt nicht einmal an, die ohne Worte seinem Befehl gehorchte. Seine gesamte Aufmerksamkeit galt dem quirlenden, bedrohlichen Rudel von Hunden auf der Brücke.
    Das Licht verbesserte sich jetzt. Sie glotzten ihn bösartig an. Sie kannten die Macht des Dings in seiner Hand, aber sie wußten auch, daß diese Macht nicht unbeschränkt war. Sie knurrten ihn mit triefenden Mäulern an und machten sich für den letzten Angriff fertig.
    Er schoß wieder auf einen der Hunde, der zu den Anführern zu gehören schien. Dann schwang er die Flinte und erledigte einen Schäferhund, der versucht hatte, ihn von der Seite her anzugreifen. Er wußte, daß er nicht noch einmal die Möglichkeit zum Nachladen bekommen würde, und so tat er mit einem wilden Schrei das Unmögliche, völlig Unerwartete. Er schwang sein Gewehr wie eine Keule und stürzte sich auf die restlichen Hunde.
    Das allein schon lag völlig außerhalb des Erfahrungsbereichs des Rudels. Sie hatten schon viele Menschen laufen sehen – aber immer fort, nie auf sie zu. Sie waren verblüfft. Und ihre Unfähigkeit, Grevilles Verhalten als einen Akt der Verzweiflung zu erkennen, stürzte sie in ihr Verderben.
    Einen Augenblick oder zwei standen sie da wie angefroren, und eine magere Promenadenmischung fiel mit gebrochenem Genick unter Grevilles Gewehrkolben. Er stieß noch einen fürchterlichen Schrei aus, hob das Gewehr und schmetterte einen Terrier zu Boden, der ihm an den Bauch springen wollte. Einen kurzen, schrecklichen Moment zögerte die Meute unsicher – und dann floh sie.
    Greville lud mit zitternden Fingern mit den Patronen nach, die er sich aus der Tasche gefischt hatte. Dann begann er, sich vorsichtig zu seinem Auto zurückzuziehen. Am anderen Ende der Brücke sammelten sich die Hunde für einen weiteren Angriff. Sie hatten ihre Chance jedoch verpaßt. Die Krise war vorbei.
    Die Gestalt auf der Brücke – der Flüchtling, der wie ein verängstigtes Kind hinter ihm dahingekrochen war – humpelte nun auf das Auto zu. Greville starrte sie verblüfft an.
    Hier auf dieser Brücke hatte er vor zehn Jahren durch einen Zufall (?) eine Frau getötet, und nun hatte er durch einen Zufall (?) eine gerettet.
    Er begann zu lachen. Die Ironie schien so geartet zu sein, daß sie ein Lachen verdiente …
     
     

4
     
    Das Mädchen hieß Liz. Elizabeth Hopper, Alter zwei und zwanzig Jahre, Nationalität – transnormal. Sie sagte, sie sei auf einem Motorroller aus einer Art Bordell/Krankenhaus/Fort in Richmond geflohen und habe die wilde, optimistische Hoffnung gehabt, ihre Zwillingsschwester zu finden, die kürzlich von einer Bande von Räubern aus dem gleichen Bordell/Krankenhaus/Fort ‚befreit’ worden war, Räubern, die, ihrem Akzent nach zu urteilen, aus dem Norden stammen mußten. Es sah so aus, als seien Liz und Jane Hopper nicht nur Zwillinge, sondern sogar Super-Zwillinge. Der Grad von Vertrautheit oder Einfühlung, der zwischen den beiden bestand, hätte jeden Psychologen, der sich mit dem Abnormen beschäftigte, mit genug Material für eine fünfjährige Bearbeitung und eine Monographie über emphatische Kommunikationsmechanismen und den Erfahrungsaustausch zwischen komplementären psychischen Strukturen versorgt, die ihn berühmt gemacht hätte.
    All dies und noch mehr erfuhr Greville in
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