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Sternenwind - Roman

Sternenwind - Roman

Titel: Sternenwind - Roman
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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großen Wuchs noch Kayleens lange Füße und extrastarken Zehen.
    Das Grüne Tal breitete sich unter uns aus, als ich Joseph über den festgetretenen Sandweg zum Haus der Wissenschaftlergilde folgte. Artistos schmiegte sich an den Samtwald. Der Samtfluss, von dem wir uns entfernten, bildete die Nordgrenze der Stadt. Die steilen Klippen ragten in Richtung Osten immer höher auf. Im Süden ging das gerodete Land irgendwann in dichten Wald über. Eine weitere Steilwand begrenzte das Tal. Dahinter fiel das Land zur Grasebene ab, die schließlich am Meer endete. Die Stadt selbst breitete sich geordnet von der größten Freifläche aus, dem Stadtpark, und schmale Grünstreifen zogen sich am Fluss entlang, um Platz zum Spazierengehen, zum Angeln und für Versammlungen zu bieten. Die beiden Steilhänge, einer nach oben, einer nach unten, der Hochweg und die Straße zum Meer drängten das kleine Industriegebiet der Stadt nach Norden ab, auf die andere Flussseite, während sich die Felder und Scheunen bis zu den breiten Zeltbäumen und den hohen, dickstämmigen Scheinulmen des Waldes im Süden erstreckten. Durch das dichte dornige Unterholz war der Wald tatsächlich eine Barriere. Das Land, das wir bisher benötigt hatten, war schon vor langer Zeit gerodet worden, obwohl wir in jedem Frühjahr die Grenzen gegen den Wald verteidigen mussten.
    Fast jeder wohnte so nahe am Stadtpark und den Gildehäusern wie möglich, so dass es am Stadtrand von Artistos nahezu menschenleer war. Trotzdem kamen Joseph und ich an kleinen Gruppen vorbei, die eilig zum Fluss unterwegs waren, um ihn zu überqueren und mit der Arbeit zu beginnen.
    Auch wir liefen schneller. Wenn wir die Letzten waren, würde Nava wütend werden. Wir verärgerten sie bereits damit, dass wir waren, was wir waren, dass wir überhaupt auf der Welt waren. Dagegen konnten wir nichts tun, aber wir konnten uns bemühen, pünktlich zu sein. Unsere Arbeit war einfach, zumindest für uns. Joseph würde sich den Datennetzen öffnen und die subtileren Botschaften erspüren, die in den gesendeten Informationen steckten. Sein Blut, seine Knochen und schließlich sein Hirn vibrierten mit den zahllosen Geschichten, die von den Hunderten winzigen drahtlosen Datenknoten rund um Artistos kamen, um sie schließlich zu verstehen. Heute würde er ein Reparaturteam überwachen, das die Stadtgrenzen verlassen und ausgefallene Netzwerkknoten in Ordnung bringen oder ersetzen sollte. Artistos war auf dieses drahtlose Netzwerk angewiesen, in das auch Satellitendaten und Bilder von der Weltenreise einflossen, um die Bewegungen großer Tiere, meteorologische und seismische Entwicklungen zu verfolgen und große Mengen anderer Informationen zu verarbeiten. Das Datennetzwerk diente gleichzeitig als Alarmsystem, wissenschaftliche Quelle und beruhigendes Sicherheitnetz.
    Ich würde Joseph assistieren, ihm zu trinken bringen, Fragen von den anderen an ihn und seine Antworten an sie weiterleiten und so viel wie möglich auf meinem Pad dokumentieren, damit wir später darüber diskutieren konnten. Ich würde dafür sorgen, dass er Nahrung zu sich nahm.
    Wir überquerten die Parkstraße und näherten uns dem Gebäude der Wissenschaftlergilde. Garmin, Klia und May kamen auf uns zu. Alle waren ungefähr in unserem Alter und in Eile, damit sie nicht zu spät an ihren Arbeitsplätzen im Industriekomplex auf der anderen Seite des Flusses eintrafen. Klia blickte auf, sah uns und gab Garmin einen Ellbogenstoß in die Seite. Dieser schaute in unsere Richtung, griff nach Klias und Mays Hand und zog sie auf die andere Straßenseite, weg von uns.
    »Guten Morgen, Garmin!«, rief ich, so laut und fröhlich, wie ich konnte.
    Garmin funkelte mich an, nur für einen kurzen Moment, und ich rechnete bereits damit, dass er etwas Gemeines erwiderte. Aber er wandte sich nur um und flüsterte Klia, die auf den Boden starrte, etwas ins Ohr. Trotzdem hörte ich die Worte: »… verdammte Mutanten. Man sollte sie nicht frei rumlaufen lassen.«
    Ich war Mutant genug, um sein Geflüster zu verstehen, aber nicht unhöflich genug, um darauf einzugehen. Joseph zog eine finstere Miene, aber auch er ignorierte die drei.
    May betrachtete aufmerksam den Park, als würde sie erwarten, dass etwas Unheimliches aus dem Gras emporspringen und ihr Angst machen könnte. Oder als wollte sie es einfach nur vermeiden, uns anzusehen. Wenn wir May allein begegnet wären, hätte sie vielleicht höflich genickt, möglicherweise sogar Hallo gesagt. Doch
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