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Sternenspiel

Sternenspiel

Titel: Sternenspiel
Autoren: Sergej Lukianenko
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fünfundzwanzigjähriger Milchbubi mit strohblondem Wuschelkopf und vollen Wangen! Jeder Pilot las mir meine Biographie auf den ersten Blick ab: Luftwaffe, selbständige Flüge, die sich an einer Hand abzählen ließen, Astrokurse im Schnelldurchgang und ein altes Shuttle, für das ein erfahrener Mann zu schade war.
    Geschenkt.
    Im Großen und Ganzen fielen die Unterschiede zwischen uns Piloten kaum ins Gewicht.
    Ich zog mich an und packte meine paar Habseligkeiten in einen Aktenkoffer. Nachdem ich das Zimmer verlassen und die Tür hinter mir zugezogen hatte, händigte ich dem Zimmermädchen der Etage die Schlüssel aus und wartete, bis sie meinen Auszug im Computer eingegeben hatte.
    Die Frau war überarbeitet und müde. Alle Weltraumbahnhöfe litten unter Personalmangel. Jeder Arbeitsplatz kostete Unsummen! Steuern für die veratmete Luft, Steuern für die Schuldentilgung des Grundstücks, Steuern für Veränderung der Planetenmasse … Den Außerirdischen mangelte es in dieser Beziehung nicht an Phantasie. Und das waren ja noch nicht mal die direkten Ausgaben. Von mir aus hätten sie ruhig ein paar von diesen absolut überflüssigen Marinesoldaten entlassen können, statt den Leuten aus dem Kontrollzentrum und dem Dienstpersonal immer noch mehr aufzubürden.
    »Wünsche guten Flug«, sagte die Frau mit polnischem Akzent. »Kommen Sie wieder?«
    »Glaub schon.«
    »Wünsch gute Erholung, Panie.« Die Frau seufzte. »Ach ja … mein Urlaub … oi-oi … muss noch ein halbes Jahr warten.«
    Ich schüttelte mitfühlend den Kopf.
    »Sie kennen Boris Kossuch? Von Aeroflot?«
    »Nein«, antwortete ich. Mit unseren Hauptkonkurrenten hatten wir nicht häufig zu tun. Und zwar nicht, weil unsere Linie eine solche Politik ausgab, sondern einfach, weil unsere Flüge sich selten überschnitten.
    »Ein lustiger Mann«, erklärte die Frau. Sie seufzte erneut. »Ich habe gedacht, alle russischen Piloten sind lustig …«
    Mit einem dummen Lächeln ging ich weiter zum Fahrstuhl. Was hatte sie wohl damit sagen wollen? Man konnte ja glauben, ich sei ein alter Trauerkloß!
    Da mir noch Zeit blieb, schaute ich auf einen Sprung in der Bar im Erdgeschoss vorbei, um einen starken »intergalaktischen Kaffee« zu trinken, mit Zimt und Ingwer. Nichts vertreibt die Bierfahne besser. In diese Bar kamen niemals Piloten. Irgendwie hatte es sich so ergeben, dass wir das Donald mit Beschlag belegt hatten, die Hotelbar jedoch fest in der Hand der Soldaten vom Bodenpersonal war. Anständigen Kaffee machten sie aber.
    Jetzt noch der Arzt.
    Die Verwaltungsgebäude lagen ganz in der Nähe. Überhaupt war in den Raumhäfen auf anderen Planeten immer alles konzentriert beieinander. Trotzdem geriet ich ins Schwitzen, während ich über den Betonweg zu den piekfeinen zweistöckigen Häusern stapfte. Ich schlüpfte gleich ins erste, waren die Bauten untereinander doch mit Gängen aus Spiegelglas verbunden, so dass ich mich nicht mehr als nötig zu quälen brauchte. Der Wachtposten nickte mir mitfühlend zu. »Heiß draußen?«
    »Und wie«, antwortete ich.
    Damit endete unser karges Gespräch wie von selbst. Ich ging durch die Korridore zum Krankenhaus.
    Die Tür zu Zimmer 12 stand offen, Stimmen klangen zu mir herüber, auch ein Lachen. Sofort wurde mir leichter zumute: Die Leute unterhielten sich auf Russisch. Ich klopfte gegen den Türpfosten und steckte den Kopf ins Zimmer.
    »Ah!« Der Arzt, ein nicht sehr großer, kräftiger Mann in grünem Chirurgenkittel, erhob sich hinter seinem Tisch. »Von der Transaero?«
    »Genau.«
    »Worauf wartest du noch? Immer rein!« Er klopfte mir zur Begrüßung auf den Rücken. »Kostja!«, stellte er sich vor. »Einfach Kostja.«
    Er war um die dreißig, vielleicht etwas älter. Seine Vitalität und die rötlichen Wangen ließen keinen genaueren Schluss zu.
    »Petja«, brummte ich.
    Die beiden Krankenschwestern, die höchst sittsam auf einer Bank vorm Fenster saßen, brachen in Gelächter aus.
    »Einen Monat lang habe ich jetzt keinen Russen zu Gesicht bekommen!«, gestand der Arzt. »Wann fliegst du?«
    »In zwei Stunden.«
    »Hast du Beschwerden?« Der Arzt versuchte hartnäckig, eine offizielle Miene aufzusetzen. »Ach, was rede ich denn … Setz dich!«
    »Es ist alles in Ordnung.« Als ich nach meiner Flugkarte kramte, hätte ich beinahe Elsas Brief mit herausgerissen. Die Karte hielt ich dem Arzt hin.
    »Woher bist du?«
    »Aus Moskau.«
    »Hmm … weit weg. Ich bin aus Abakan. Also, raus mit der Sprache, wie
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