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Sternenspiel

Sternenspiel

Titel: Sternenspiel
Autoren: Sergej Lukianenko
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gab es nichts als Dunkelheit und Sterne.
    Der Sitz sackte unter mir weg, mein »Gravitationsindikator« – ein mit einer Angelschnur befestigtes Mäuslein aus weichem synthetischen Fell – schwebte durch die Luft. Die Rampe hatte sich abgeschaltet, und die Schwerelosigkeit nahm das Schiff in die zärtlichste Umarmung der Welt. Das war’s. Ich befand mich im freien Flug. Und -was am wichtigsten war – außerhalb der Atmosphäre. Jetzt konnte ich den Jumper einschalten, ohne mir darüber Sorgen zu machen, dass ein Teil des Planeten zusammen mit meinem Schiff auf Reisen ging. Abermals blickte ich auf das Radar.
    Ein winziger Punkt leuchtete am äußersten Bildschirmrand. Ein großer Raumkreuzer. Ein sehr großer. Die kleinen, possierlichen Alari liebten gigantische Schiffe …
    »Komm schon!«, beschwor ich meinen Rechner. Die Meldung »Berechne Jump« auf dem Monitor flößte mir kein sonderliches Vertrauen ein. Manchmal dauerte eine solche Berechnung bis zu einer halben Stunde.
    Der Punkt kam näher. Ich schätzte die Richtung ab, riss den Kopf herum und schaute nach vorn, in Flugrichtung. In dem Moment erspähte ich den fernen Schimmer über dem gebogenen Horizont.
    Meine Fähre würde kaum so unglücklich fliegen, dass sie den Kreuzer frontal rammte. Aber das war auch gar nicht nötig. Näherte ich mich ihm bis auf acht Kilometer, würde mich der Energieschild des Kreuzers einfach zermalmen. Vielleicht würde ich auch bloß in den Bereich des gekrümmten Raums abdriften und die nächste Viertelstunde im Kielwasser des Kreuzers festhängen. In dem Fall würde das Shuttle bersten wie ein morsches Boot unter den Peitschenschlägen eines Tsunamis.
    »Komm schon, du Miststück!«, schrie ich den Jumper an. Er schien mich irgendwie zu verstehen.
    Berechnung beendet.
    Ich guckte mir die Kursdiagramme gar nicht erst an. Den Blick fest auf den Raumkreuzer gerichtet, diese inzwischen mit bloßem Auge erkennbare Scheibe, entfernte ich die Verriegelung und drückte den Starter. Der Jumper fuhr sich leise surrend hoch.
    Der alarische Kreuzer war wunderschön. Die Scheibe hatte einen Durchmesser von achthundert Metern und war mit Türmen bestückt, deren Funktion sich mir nicht erschloss. Vielleicht handelte es sich um Waffenstationen, vielleicht auch um Wohneinheiten. Welcher Mensch konnte sich schon damit brüsten, je auf einem Kreuzer der Alari gewesen zu sein? Falls mich mein Gedächtnis nicht im Stich ließ, war die Scheibe fünfzig Meter dick und wies an der Unterseite drei Gitter von Gravitationstriebwerken auf. Jetzt mussten sie mit einem fliederfarbenen Licht blinken, denn der Raum, welcher die Gigawatt Energie nicht ertrug, die in den Kosmos strömten, riss auf. Möge Gott verhüten, dass ich dieses Licht je sah!
    Die Alari galten nicht als sonderlich kriegerische Rasse. Dennoch waren ihre Kreuzer hervorragend ausgestattet. Ich erinnerte mich an einen Dokumentarfilm, der uns während der Ausbildung gezeigt wurde: Zwei alarische Kreuzer, die einen Planeten in Staub verwandelten. Ein graziöser Tanz in den Umlaufbahnen, zarte Strahlen, die Streifen auf die Planetenoberfläche warfen, und matt orangefarbene Feuerwellen, die über die Kontinente wogten. Als die Alari irgendwann die Triebwerke des Schiffs dem Planeten zudrehten, hatte eine fliederfarbene Flamme den Bildschirm eingenommen. Danach gab es nur noch Staub und Asteroidenschwärme, in die sich der Planet verwandelt hatte. Steinbrocken, die an den Kraftschilden der Kreuzer verbrannten. Ein Inferno, geschaffen binnen weniger Minuten.
    Wir wussten nicht mal, um welchen Planeten es sich handelte. Ob er bewohnt war oder nicht. Die Alari hatten uns die Aufzeichnung einfach so zur Verfügung gestellt, zur Kenntnisnahme.
    Und wir hatten sie zur Kenntnis genommen.
    Sahen sie mich jetzt, die Alari? Bestimmt. Ich schaute auf die Maus, die über dem Pult tanzte. Sie könnte als leicht verkleinerte Kopie eines Alari durchgehen. Wie komisch der Kosmos war – er hatte uns gelehrt, vor Mäusen Angst zu haben. Vor zwanzig Kilo schweren bepelzten Nagern, deren Kreuzer Planeten zerlegen.
    Was ging ihnen durch den Kopf, wenn sie eine dieser Nussschalen von uns Menschen erblickten? Wenn ihnen diese Schiffe mit ihren Flüssigkeitsraketentriebwerken entgegenkamen? Erwarteten sie dann ein Feuerwerk? Jetzt leiteten sie jedenfalls kein Manöver ein. Seit ein paar Monaten schon krochen sie auf Hyxi zu, brachen sie sich stur durch den Raum. Nun träumten sie bloß noch davon, endlich
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