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Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga

Titel: Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga
Autoren: Anne Laureen
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Prellungen, infizierter Haut und Wunden setzten die Maori die Rinde als Heilmittel ein.
    Harakeke hingegen war der Maoriname für ein Liliengewächs, dessen Pflanzenfasern wie Flachs verarbeitet wurden. Daraus fertigten die Maori nicht nur Kleidung, Matratzen, Netze, Angelschnüre und Körbe, sondern sie kurierten mit dem Pflanzensaft auch Entzündungen und setzten Teile der Wurzel gegen Zahnschmerzen ein.
    Ricarda nickte auf den Ratschlag hin. Noch zeigte der Einschuss keine Zeichen von Wundbrand, doch wenn sie den Verdacht hatte, würde sie diese Heilpflanzen anwenden.
    Moana setzte ihre Rituale fort. Sie entzündete ein paar gemahlene Blätter in einer Schale und schwenkte diese wie einen Weihrauchkegel über seinem Kopf. Dabei sang sie erneut.
    Vor dem Hintergrund des Regens, der wie Tausende von Fingern gegen die Fensterscheiben trommelte, wirkten die Melodien beinahe gespenstisch.
    Nach einer Weile holte Moana ein seltsames Instrument aus ihrem Bündel hervor. Das Mundstück war in Form eines Gesichtes geschnitzt, am hinteren Ende war ein großes Gehäuse einer Meeresschnecke angebracht. Schneeweiße Federn baumelten an Perlensträngen von dem Instrument herab.
    »Was ist das?«, fragte Ricarda. Ähnliche Muschelhörner hatte sie schon bei dem Ritual auf der Matariki-Feier gesehen.
    »›Putatara«, erklärte Moana. »Ich Tane bitten, zu helfen, Geister fortzuschicken.«
    Sie setzte das Instrument an die Lippen, schob die rechte Hand ein wenig in das Schneckengehäuse und begann zu spielen.
    Der Klang war zunächst überraschend hell, doch Moana modellierte ihn mit ihrer Stimme so, dass er anschwoll und wieder abflachte. Auch die Tonhöhe veränderte sie mit ihrer Stimme. Manche Klänge konnte Ricarda förmlich unter ihrer Schädeldecke oder hinter den Augen spüren. Einige Töne und Tonwellen setzten sich hinter ihrer Stirn fest und brachten dort scheinbar etwas zum Schwingen. Ricarda verspürte den Zwang, die Augen zu schließen.
    Immer tiefer versank sie in den Klängen, bis sie über einer grünen Landschaft zu schweben glaubte, die Wairere Falls hinauf. Ein schmerzvolles Stöhnen riss sie jedoch aus ihrer Vision. Ricarda fuhr zusammen.
    Jack erwachte! Schnell ertastete sie seinen Puls. Sein Herz schlug wieder kraftvoller!
    Als der Kranke zu husten begann, legte Ricarda die Arme um seine Schultern. Auf seinem Nachthemd erschien ein Blutfleck; offenbar hatte sich durch die Anstrengung die Wunde wieder geöffnet. Darauf achtete Ricarda aber nicht.
    »Jack, liebster Jack, bitte wach auf!«, beschwor sie ihn, während sie ihn immer noch in den Armen hielt. »Komm zu mir zurück!«
    Nachdem es so ausgesehen hatte, als kämpfe sich sein Bewusstsein zurück ins Licht, fiel sein Körper plötzlich wieder zusammen.
    Ricarda schrie verzweifelt auf. Sie schmiegte den Kopf an seine Brust, um seinem Herzschlag zu lauschen - doch noch ehe sie den vernahm, hörte sie über sich ein Flüstern.
    »Ricarda.«
    Ein Seufzer der Erleichterung kam über ihre Lippen und ging in ein Schluchzen über. Jack war aufgewacht. Er würde leben! Dankbar sank Ricarda neben dem Bett auf die Knie. Die Tränen strömten ihr über die Wangen und verschleierten die Sicht auf Jack, denn sie weinte die Anspannung der vergangenen Tage aus sich heraus, während Moana ihr Spiel noch eine Weile fortführte.
 
    »Fluch war mächtig«, behauptete Moana, als Ricarda sie schließlich nach draußen begleitete. »Jemand nicht nur Kugel geschickt, sondern auch großen Zorn. Das ihn gehalten in Geisterwelt. Aber jetzt vorbei.«
    Bessetts Zorn?, fragte sich Ricarda in Erinnerung an Kerrigans Erzählung.
    Kann es sein, dass sein Geist im Tode Jack besessen hatte?
    Nein, daran wollte sie nicht glauben.
    Wichtig war in diesem Moment nur, dass der Klang der putatara Jack aus seiner Bewusstlosigkeit geholt hatte. Wahrscheinlich gab es eine ganz natürliche Erklärung dafür. Wenn das Instrument schon auf sie und ihre Empfindungen eine solch starke Wirkung ausgeübt hatte, war es doch auch möglich, dass die Schallwellen etwas in Jacks Gehirn bewirkt hatten.
    Ricarda nahm sich vor, es eines Tages herauszufinden. Vielleicht könnte auch sie eine Art Klangtherapie in ihr Repertoire aufnehmen.
    Aber nun verabschiedete sie sich erst einmal voller Dankbarkeit von Moana. Sie versprach der Heilerin, in den nächsten Tagen wieder nach Taiko zu sehen. Anschließend kehrte sie ins Schlafzimmer zurück.
    Jack war zunächst zu sich gekommen, dann aber in einen normalen Schlaf
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