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Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Titel: Sterne der Karibik: Roman (German Edition)
Autoren: Beatrice Fabregas
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Und jetzt das! Am liebsten hätte Fela geflucht, um sich geschlagen, doch er war gefesselt und im Übrigen fehlte ihm die Kraft. Es war, als wäre alle Stärke, aller Mut im Straßendreck vor der Kirche versickert. Er sah nicht die Leute, die stehen blieben und ihn unverhohlen anstarrten. Er hörte die Kutsche nicht, die an ihm vorüberrumpelte, er hörte nicht einmal, wie sie anhielt, ein Mann heraussprang und über die Straße auf den Polizisten zueilte.
    »He, was machen Sie da?« Erst jetzt hörte Fela die Stimme, die auf den Polizisten eindröhnte. »Lassen Sie den Mann los. Sofort. Auf der Stelle.«
    Fela kam die Stimme bekannt vor, aber er war zu müde, zu verzweifelt, um auch nur den Kopf zu heben. Am liebsten wäre er auf dem Pflaster zusammengebrochen und einfach gestorben.
    »Ich bringe diesen Halunken auf die Wache«, erwiderte der Polizist. »Gehen Sie aus dem Weg, Sie stören eine polizeiliche Maßnahme.«
    »Was wird ihm vorgeworfen?«, wollte die fremde Stimme, die Fela doch so vertraut schien, wissen.
    »Man hat beobachtet, wie er das Haus des Kaufmanns Groth ausspioniert hat. Wahrscheinlich hat er einen Überfall geplant.«
    Jetzt hörte Fela schallendes Gelächter. »Er? Einen Kaufmann ausrauben? Niemals! Machen Sie den Mann endlich los, bevor Sie sich gehörigen Ärger einhandeln.«
    Der Polizist brummte etwas, machte aber keine Anstalten, die Fesseln zu lockern. Stattdessen fragte er: »Wer sind Sie eigentlich und was wissen Sie über diesen Dreckskerl?«
    Die bekannte Stimme wurde barsch, sprach im Befehlston: »Bei diesem Herrn hier handelt es sich um meinen Schwager. Er steht mit Kaufmann Groth in Geschäften und wird überdies zum Weihnachtsfestmahl in seinem Haus erwartet. Wenn Sie das nicht glauben, so können wir Groth gern dazuholen. Er wird Ihnen meine Angaben bestätigen und hernach dafür sorgen, dass Sie die längste Zeit Polizist in dieser Stadt gewesen sind.«
    Fela hörte diese Worte. Er verstand jedes davon, und doch konnte er sich einfach keinen Reim darauf machen. Was ging hier vor? Wer war der Mann, der sich für ihn verwandte? Oh, wenn er doch nicht so müde wäre. Er zwang sich dazu, den Kopf zu heben. Und da blickte er genau in das Gesicht, das er sich jahrelang vorgestellt hatte. Es war das Gesicht von Hermann Fischer.
    Der wartete, bis der Polizist ihm endlich die Stricke abgenommen hatte. Dann reichte er Fela die Hand und sagte leise und ernst: »Willkommen, Fela. Willkommen in Havanna und willkommen in der Familie.«

Zweiunddreißigstes Kapitel
    S ie saßen an einem Seiteneingang der Kirche auf den Stufen. Sie saßen nebeneinander, der schwarze Mann mit der grässlichen Narbe im Gesicht und der weiße Mann mit der grässlichen Narbe im Gesicht, und schwiegen.
    Es hätte so viele Worte gegeben, die sie sich sagen könnten, aber die beiden Männer brauchten keine Worte. Mit Hermanns Satz: »Er ist mein Schwager«, war alles gesagt. Der Rest waren Kleinigkeiten, über die man sich einigen würde. »Er ist mein Schwager«, das hieß: Verzeih, was ich dir angetan habe. Das hieß aber auch: Du bist Mitglied der Familie, bist mir gleichgestellt, bist ein Mann wie ich. Und mehr brauchten die Männer in diesem Augenblick nicht. Also saßen sie einfach nur da, blickten auf die Steine vor sich, bewegten hin und wieder die Füße, lockerten die Schultern.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis sich Hermann erhob. Er streckte Fela seine Hand hin und sagte: »Ich habe vorhin nicht gelogen. Mit keinem Wort. Und es ist auch wahr, dass du im Hause Groth erwartet wirst.«
    Und Fela nickte, ließ sich von Hermann hochziehen. Dann standen sie voreinander, maßen sich mit Blicken, schließlich schlugen sie sich gegenseitig auf die Schultern und gingen einträchtig nebeneinander über die Straße zu Groths Haus.
    Das Dienstmädchen öffnete ihnen. »Der Don hat mir aufgetragen, Sie in den kleinen Rauchsalon zu führen«, sagte sie. »Dort sollen Sie sich an der Bar nach Herzenslust bedienen. Er wird gleich zu Ihnen kommen.«
    Hermann nickte und dirigierte Fela durch das Haus in den kleinen Salon. Dort goss er ihnen beiden einen kräftigen Schluck Rum ein, gab Fela ein Glas, stieß mit ihm an und sagte: »Auf die Zukunft.«
    Und Fela nahm das Glas, sprach: »Auf die Zukunft«, und dann stürzten beide Männer das Getränk mit einem Zug hinunter.
    Sie hatten die Gläser gerade abgesetzt, als Joachim Groth sich zu ihnen gesellte. Er begrüßte Fela warmherzig, als wäre er ein alter Freund und nicht
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