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Stephane Hessel - ein Jahrhundertleben

Stephane Hessel - ein Jahrhundertleben

Titel: Stephane Hessel - ein Jahrhundertleben
Autoren: Hermann Vinke
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Widerstandskämpfer, Diplomat und Kosmopolit, ist Großoffizier der Französischen Ehrenlegion. Das ist nur eine von vielen hohen Auszeichnungen, die diesem Mann mit seiner ungewöhnlichen Biografie zuteil wurde n – Ambassadeur de France ist ein anderer Ehrentitel, den er ebenfalls mit Freude trägt.
    Stéphane Hessel ist eine Legende. Sein Leben steht für ein ganzes Jahrhundert. Der 91-Jährige hat wieder ein volles Programm, für das er sich in Schale geworfen hat. Den eleganten, unaufdringlichen Auftritt liebt er; der ist Teil seiner Charme-Offensive, mit der er andere für seine Ideen gewinnen will. Am Nachmittag etwa trifft er sich mit Freunden in einem Pariser Vorort, um über den Konflikt zwischen Israel und Palästina zu sprechen. Nach den israelischen Luftangriffen auf den Gaza-Streifen soll Hessel sagen, was man für die betroffenen Palästinenser tun könnte. Hessel hat schon eine Idee, wie man mit dem Geld der von einem Freund gegründeten Stiftung Filter kaufen kann, um im Gaza für sauberes Trinkwasser zu sorgen. Dafür gibt er das Preisgeld, das ihm seine Auszeichnungen einbringen, gern her.
    Pakt mit der Glücksgöttin
    Hessel strahlt Zuversicht aus. Schlechte Nachrichten, etwa die vom Ausmaß der Zerstörungen im Palästinenser-Gebiet, können ihn nicht abschrecken. Und sein Optimismus wirkt ansteckend. »Wissen Sie«, sagt er, »ich habe im Leben oft Glück gehabt. Und wenn ich schon gut davongekommen bin, warum sollte dann nicht auch die Menschheit gut davonkommen!«
    Schon als Kind hat Hessel einen Pakt mit Fortuna, der Glücksgöttin, geschlossen. An seinem achten Geburtstag wird er vor den Augen seiner Mutter Helen in Paris von einem Auto überfahren und bleibt »unversehrt«. In seinen Erinnerungen Tanz mit dem Jahrhundert bemerkt er zu dem Unfall: »Ich habe bei Helen große Aufregung ausgelöst und ihr mein Glück bewiesen.« Im Gespräch ergänzt er, seiner Mutter habe er versprechen müssen, im Leben stets glücklich zu sein. »Sie hatte eine große Beziehung zum Glück, gerade auch dann, wenn die Umstände schwierig waren.«
    Auch sonst prägen außergewöhnliche Erfahrungen seine Kindheit. Stéphane Hessel wird 1917 in Berlin geboren. Die Eltern sind Künstler. Die Modejournalistin Helen Grund-Hessel und der Schriftsteller Franz Hessel reisen häufig nach Frankreich.
    In Paris lernen sie den Literaten Henri-Pierre Roché kennen. Helen verliebt sich in ihn. Die Eltern führen in den 1920er-Jahren eine offene Dreierbeziehung mit Roché. Diese ménage à trois wird 1953 zur Vorlage für Jules et Jim, den Kultfilm des französischen Regisseurs François Truffaut. 1925 zieht die Mutter mit Stéphane ganz nach Paris. Der Vater bleibt in Berlin, wo er als Autor, Lektor und Übersetzer tätig ist. Die Beziehung der Mutter zu Roché ist nicht von Dauer. Er hat noch eine weitere Geliebte, die er heimlich heiratet.
    Als Hitler 1933 in Berlin an die Macht kommt, macht Stéphane seinen Abschluss an der berühmten Oberschule École Alsacienne in Paris. »Durch die Schule wurde ich zum Franzosen«, berichtet er. Seine Eltern sin d – das versteht sich für ihn wie von selbs t – »entschiedene Antifaschisten«.
    Der jüdische Vater Franz Hessel wird rechtzeitig vor den Novemberpogromen 1938 nach Paris geholt. 1940, nach der Kapitulation Frankreichs, wird Franz Hessel allerdings interniert. Der Aufenthalt im Lager schwächt seine Gesundheit. 1941 stirbt der Schriftsteller im Alter von 6 0 Jahren.
    Im Widerstand
    Als sein Vater stirbt, ist Stéphane Hessel bereits französischer Staatsbürger. Er hat 1939 seine Militärausbildung als Offizier beendet. Nach dem Überfall der Wehrmacht auf Frankreich kennt er nur ein Ziel, und zwar, die deutschen Angreifer mit aller Macht zu bekämpfen. Noch bevor Hessel die Front erreicht, hat Frankreich bereits kapituliert. Er selbst wird von einer deutschen Streife festgenommen und in ein provisorisches Offizierslager in Bourbonne-les-Baines in Lothringen gesteckt. Einen Tag später gelingt ihm die Flucht.
    Hessel will unbedingt weiterkämpfen. »Als Kind deutscher Eltern konnte ich es nicht hinnehmen, dass Hitler den Sieg davontrug.« Der junge Offizier steht vor der Wahl zwischen der Résistance interieure, also im Inneren Frankreichs, und den Forçes Françaises Libres von General de Gaulle in London. Er entscheidet sich für den General, gelangt Anfang Mai 1941 auf Umwegen nach Großbritannien und wird für Einsätze im besetzten Frankreich ausgebildet.
    Ein
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