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Staub zu Staub

Staub zu Staub

Titel: Staub zu Staub
Autoren: Olga A. Krouk
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beugte sich über sie und mit dem Luftzug wehte Schweißgeruch heran. „Weißt du, letzte Weihnachten habe ich ihm die Vier Jahreszeiten geschenkt. Er hat die CD gegen die Wand geschleudert.“ Sie stellte die Teetasse auf den Nachttisch und seufzte. „Ich konnte nie verstehen, warum Vivaldi von den Wiener Philharmonikern so viel schlechter sein sollte als vom Stockholmer Orchester.“
    Erst wollte Mirjam das Vivaldi-Cover zu den anderen Alben in der Schublade legen, stattdessen holte sie alle CDs heraus. Mozart, Bach, Mendelssohn-Bartholdy. Der alte Mann liebte Violinkonzerte. Nachdenklich drehte sie die Hüllen in der Hand, bis ein Name ihre Aufmerksamkeit auf sich lenkte.
    „Helmgren.“
    „Was für’n Ding?“
    „Maximilian Helmgren. Er ist der Solist auf jedem Album!“ Sie drückte Kristin den Stapel in die Hand. „Ich glaube …“
    Schritte an der Tür unterbrachen sie und ein junger Kriminalkommissar trat ein. Mit einem flüchtigen Blick begutachtete er das Zimmer und steckte die Nase in seinen Schreibblock, als gehörten die beiden Frauen zur Möbeleinrichtung. Sekunden verstrichen und nur das Rascheln der Blätter störte die Stille.
    „Schöbel ist mein Name“, nuschelte er ohne aufzublicken. „Ich möchte Ihnen ein paar Fragen stellen.“ Nachdem er die Personalien notiert hatte, sprudelten aus Mirjam die Worte hervor. Sie bemühte sich, kein Detail auszulassen, verlor jedoch bald den Faden. Ihre Stimme wurde immer leiser, bis sie gänzlich verstummte und Hilfe suchend zum Beamten aufblickte. Sein Gesicht wirkte gefühllos. Die Karos seines Notizblocks schienen sein ganzes Interesse zu beanspruchen. „Und wie sahen die zwei Männer aus?“
    Mirjam versuchte, sich die beiden genau vorzustellen. Doch wie bei Schreck-gestalten ihrer Kindheit sah sie nur verschwommene Züge. „Es ging alles so schnell. Ich bin zur Treppe gelaufen und …“
    „Waren sie groß, klein, dick, dünn? Haarfarbe?“
    „Zimt. Einer roch nach Zimt.“
    Allein der Gedanke an den Geruch reichte aus, um Übelkeit und Angst hervorzurufen. Nicht einmal hier, im beleuchteten Zimmer mit Kristin und dem Gesetz-eshüter, fühlte sie sich sicher. Als wären die Mörder unsichtbar geworden und lauerten irgendwo in einer dunklen Ecke.
    Der Kriminalkommissar seufzte übertrieben schwer. „Okay, noch mal: Wie sahen sie aus? Irgendwelche Merkmale? Tätowierungen? Narben?“
    „Nein. Einer war kräftig und groß, der andere etwas schlaksig.“
    Der Beamte schaute kurz auf, bevor er sich wieder in seine Kritzeleien vertiefte. „Alter?“
    „Einer hatte eine Glatze. Naja, nicht ganz, Haare hatte er, aber so im Ansatz. Der andere war jünger. Ich … ich weiß es nicht.“
    Der Mann verdrehte die Augen und trommelte mit dem Kugelschreiber auf den Notizblock. „Alter? Ungefähr? Schätzen Sie doch!“
    „Ich weiß es nicht!“, rief sie unter Tränen. „Ich kann nicht schätzen! Konnte ich nie!“
    „Mein verehrter Schöbel.“ Kristin legte Mirjam die Hand auf die Schulter. „Das Mädchen hat schon genug durchgemacht, zeigen Sie doch ein wenig Einsicht. Das ist nicht zu viel verlangt, oder?“
    Der Beamte brach das Klopfen mit dem Kugelschreiber ab. „Und es waren Pfleger?“ Sein Blick schweifte zu Mirjam.
    „Nein. Sie trugen eine Pflegeruniform, gehörten aber nicht hierher. Ich glaube, den Brand haben sie gelegt, um Panik zu stiften. Sie waren hinter Preschke her.“
    Der Kriminalkommissar pustete sich eine seiner blonden Strähnen aus der Stirn. „Frau Belzer, mich interessieren nur die Fakten, nicht woran Sie glauben oder nicht. Die Fakten!“ Sein Ton schlug in einen sarkastischen über, während der Kugelschreiber wieder auf den Block zu trommeln begann. „Zum Beispiel, wie es sein kann, dass ein alter Mann allein auf dem Flur gelassen wird. Nicht nur, dass er sich eine Rauchvergiftung hätte zuziehen können … ach, was rede ich da. Dank Ihrer Fahrlässigkeit hat sich das eh erledigt.“
    Kristin knallte den CD-Stapel neben die Musikanlage und stampfte auf den Kommissar zu, mit einem Gesichtsausdruck, als würde sie ihn gleich zu Boden schmettern. „Nun halten Sie mal die Luft an! Hier werden Stellen abgebaut und dann kommen Sie und husten uns was von Fahrlässigkeit?“
    Sein Gesicht bedeckte sich mit roten Flecken. Die Hand mit dem Kugelschreiber zuckte zu Kristins Nasenspitze.
    „Frau Wiebke! Mäßigen Sie Ihre Ausdrucksweise!“
    Kristin drückte seinen Arm herunter. „Passen Sie auf, sonst stechen Sie mir
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