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St. Leger 03 - Die Nacht der Feuerfrau

St. Leger 03 - Die Nacht der Feuerfrau

Titel: St. Leger 03 - Die Nacht der Feuerfrau
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an diesem Abend nur wenig Treiben. Tobias, der Kutscher, hockte auf einer Bank und rauchte seine Pfeife. Doch bei Valentines Erscheinen kamen sofort zwei kräftige Knechte aus dem Stall gelaufen, die sich darin zu überbieten schienen, Kate aus dem Sattel zu helfen. Der Arzt runzelte die Stirn und empfand den Übereifer der beiden als höchst lästig. Das Mädchen stieg jedoch ab, wie es ihr gefiel. Bevor Valentine sie zurückhalten konnte, war sie schon aus seinen Armen geglitten und rutschte in einem Wirbel von Röcken und Unterröcken vom Ross. Der Arzt seufzte verdrossen. Wenigstens ein Mal hätte er es sich gewünscht, als Erster auf dem Boden zu stehen und ihr dann beim Absteigen zu helfen. Aber sein Bein fühlte sich heute Abend wieder so steif an, dass er schon von Glück sagen konnte, beim Absteigen nicht aufs Gesicht zu fallen und sich zum Gespött zu machen.
    Als er sein schlimmes Bein belastete, schoss neuer Schmerz durch das kaputte Knie. Valentine konnte nur die Zähne zusammenbeißen und darauf warten, dass er verebbte.
    Das Mädchen löste derweil seinen Gehstock mit dem Elfenbeingriff vom Sattel und reichte ihn ihm - ganz so, wie im Mittelalter die Burgdame ihrem Ritter das Schwert gereicht hätte, auf dass er es nicht vergesse. Aber Kate kannte sich mit seiner Behinderung aus, sagte sich der Arzt. Eigentlich kannte sie ihn gar nicht anders. Das Mädchen hatte nie erlebt, dass er genauso stolz und fest dastehen und laufen konnte wie jeder andere junge Mann.
    Dieser Gedanke war ihm schon früher gekommen, aber heute Abend betrübte ihn die Vorstellung. Und schon wieder konnte er sich nicht erklären, warum. Während die Knechte Vulkan in den Stall führten, versuchte der Arzt, sich nicht so fest wie sonst auf den Gehstock zu stützen. Stattdessen bot er Kate seinen Arm an, um sie ins Haus zu führen.
    Aber sie ergriff seine Hand und wollte ihn in die entgegengesetzte Richtung ziehen. »Ach, Val, müssen wir denn wirklich schon reingehen?«
    Der Arzt betrachtete sie mit einem Anflug von Überraschung. »Ich fürchte, ich bin reichlich spät dran, und du weißt doch, welchen Wert mein Vater darauf legt, dass das Abendbrot pünktlich eingenommen wird.« »So spät ist es doch nun auch wieder nicht. Ach bitte, Val. Wir könnten einen Spaziergang durch den Garten unternehmen.«
    »Durch den Garten?«, fragte er. »Wo die Nacht mit Dunkelheit und Kälte hereingebrochen ist?« »Der Mond geht ja schon auf, und es ist nur ein bisschen frisch. Außerdem habe ich dich den ganzen Tag noch nicht gesehen. Ach was, die ganze Woche schon habe ich dich kaum zu Gesicht bekommen. Ich möchte dich ganz einfach ein bisschen für mich haben. Ach, Val, bitte!« Das Mädchen zog stärker an seiner Hand und sah durch ihre dichten Wimpern zu ihm hinauf. Der Arzt war müde, und sein Knie brannte wie flüssiges Feuer - aber er hatte diesem Blick noch nie widerstehen können ... Vielleicht weil Kate so gut wie nie jemanden um einen Gefallen bat. Dafür war sie nämlich viel zu stolz. Natürlich schickte es sich längst nicht mehr, dass sie beide so viel Zeit miteinander verbrachten. Aber wenn Valentine ehrlich zu sich war, musste er sich eingestehen, dass er sie in dieser Woche auch ziemlich vermisst hatte. Und die Zeit verging in Riesenschritten ... Wer wusste schon, wie viel ihm noch blieb?
    Also ergab er sich Kates Wünschen und ließ sich von ihr den ausgetretenen Pfad hinaufziehen, der zum Garten führte - eine wild wachsende Ansammlung von Blumen und Sträuchern. Der Halbmond bestrahlte ihn von oben und hing wie ein zerbrochenes Medaillon am Himmel. Der Obergärtner hatte den ganzen Sommer daran gearbeitet, schmucke Wege und ordentliche Heckenreihen anzulegen, die gepflegte Blumenbeete umschließen sollten ... doch nichts wollte ihm gelingen. Zu Edmonds großem Verdruss wehrten sich die Pflanzen schlichtweg gegen jede von Menschen ersonnene Ordnung. Der Garten schien, wie so vieles hier auf Burg Leger, seine eigene Zauberkraft zu besitzen. Deidre St. Leger, die zur Zeit Oliver Cromwells lebte, hatte ihn damals angelegt. Diese St. Leger hatte die erstaunliche Gabe besessen, Samenkörner zum Sprießen zu bewegen. Blumen erblühten unter ihrer Pflege sozusagen über Nacht... Doch ihr waren viel zu wenige Jahre beschieden gewesen. Valentine kam es oft so vor, als würde der Garten immer noch seinen Schmerz über ihren Verlust wispern. Die letzten Rosen eines Jahres ließen ihre Blütenblätter auf den Pfad fallen, bis der in
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