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Spuren des Todes (German Edition)

Spuren des Todes (German Edition)

Titel: Spuren des Todes (German Edition)
Autoren: Judith O'Higgins , Fred Sellin
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Drogeneinfluss stand oder irgendwelche Medikamente eingenommen hatte.
    In seinem Urin konnten tatsächlich verschiedene Abbauprodukte von Haschischinhaltsstoffen nachgewiesen werden, und in seinem Blut fanden sich THC und THC -Carbonsäure. THC steht für Tetrahydrocannabinol, das ist der Hauptwirkstoff der Hanfpflanze. All diese Stoffe waren nur in sehr geringer Konzentration vorhanden. Das ließ darauf schließen, dass der Konsum einige Stunden zurückliegen musste. THC lässt sich in der Regel sechs bis acht Stunden, nachdem es inhaliert wurde, nachweisen – wenn man in der Zeit nicht »nachlegt«. Die niedrige Konzentration sprach auch dafür, dass er nur gelegentlich Haschisch konsumierte. Bei regelmäßigem, stärkerem Konsum hätte man einen deutlich höheren THC -Carbonsäure-Spiegel erwarten können. Da die Tat, als er festgenommen wurde, weit mehr als acht Stunden zurücklag, musste er sich das Haschisch danach reingezogen haben. Das schloss aber nicht aus, dass er davor auch welches geraucht hatte. Doch selbst dann dürfte seine Steuerungsfähigkeit – und um die ging es hierbei vor allem – nicht erheblich beeinträchtig gewesen sein.
    Zumindest nicht durch den Haschischkonsum. Nach der Blutalkoholbestimmung konnte man da schon eher ins Zweifeln geraten. Bei seiner Festnahme, die vormittags erfolgte, hatte der junge Mann einen Blutalkoholgehalt von knapp zwei Promille. Dementsprechend unkonkret fiel seine Antwort auf die Frage aus, was er getrunken hatte und wie viel davon? Er meinte, sich an Wodka und Bier erinnern zu können, war aber nicht sicher, ob er sich dazu noch etwas anderes gegönnt hatte.
    Aufschlussreich war hier vor allem die Begleitalkoholanalyse, bei der ein ungewöhnlich hoher Methanolgehalt im Blut festgestellt wurde – fast zwölf Milligramm pro Liter. Den konnte er sich unmöglich erst nach der Tat angetrunken haben. Zu solch einem Wert bringt man es nur, wenn man täglich trinkt, und zwar nicht wenig. Ab einer Methanolkonzentration von zehn Milligramm pro Liter geht man davon aus, dass der Betroffene Alkoholiker ist und äußerst selten nüchterne Phasen erlebt. Sollte er also seine Freundin getötet haben, dann garantiert nicht im nüchternen Zustand. Ob deswegen eine Schuldminderung oder gar eine Schuldunfähigkeit in Betracht zu ziehen war, blieb zunächst offen. Darüber würde später das Gericht entscheiden, wenn alle Fakten auf dem Tisch lagen.
    Lange bevor der Prozess begann, lieferte Jan, mit dem ich am Tatort gewesen war, noch wichtige Erkenntnisse zur wahrscheinlichen Todesursache. Die gewann er durch die feingeweblichen Untersuchungen der asservierten Gewebeproben. Demnach schied eine Fettembolie der Lungen als Todesursache ebenso aus wie eine Perthes’sche Druckstauung. Letzteres konnte man von der Liste der Möglichkeiten schon deshalb streichen, weil die Verletzungen an den Schultern und am Brustkorb dem Opfer zu unterschiedlichen Zeiten zugefügt worden waren. Also hatte der Täter sie nicht bekniet, wie ursprünglich angenommen, jedenfalls nicht gleichzeitig mit beiden Knien.
    Auch für eine mögliche Vergiftung fanden sich keinerlei Beweise. Dagegen war die akute Lungenüberblähung in Verbindung mit der Zerreißung von Lungenbläschen, die er feststellte, ein Hinweis darauf, dass die Frau gewaltsam erstickt worden sein könnte. Und das blieb dann auch die wahrscheinlichste Erklärung für ihren Tod. Ein endgültiger Beweis war es allerdings nicht.
    Im Bereich des Vagen musste am Ende auch die Aussage dazu bleiben, ob die Frau vor ihrem Tod anal vergewaltigt wurde. Die beschriebenen Verletzungen, die ein Zeichen dafür sein konnten, wurden ihr zwar zu Lebzeiten zugefügt. Sie fielen aber nicht so massiv aus, dass sie unbedingt die Folgen einer analen Penetration sein mussten. Wobei man es allein daran sowieso nicht hätte festmachen können, da Penetrationen häufig kaum Spuren hinterlassen. Also auch wenn man so gut wie keine Spuren findet, heißt das nicht automatisch, dass es vorher keine Penetration gab. In den Abstrichen aus After und Vagina fanden sich jedenfalls keine Spermien. Gut, er konnte ein Kondom benutzt haben. Doch wie wahrscheinlich war das in seiner Verfassung? Oder es war nicht zum Samenerguss gekommen.
     
    Es verging ein gutes halbes Jahr, dann musste sich der junge Mann wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge vor Gericht verantworten. Obwohl die Beweise gegen ihn erdrückend waren, hatte er noch immer kein Geständnis
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