Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sprengstoff

Sprengstoff

Titel: Sprengstoff
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Mitte. Im Sommer war das Dach des Häuschens immer voller Vogeldreck. Auch ein paar Schaukeln hat es dort gegeben. Charlie hat seine ersten Schaukelerfahrungen im Hebner Avenue Park gesammelt. Wie findest du das, Fred, altes Haus? Zuerst hat er fürchterliche Angst gehabt und geschrien wie am Spieß, und dann, als es Zeit war, nach Hause zu gehen, hat er geheult, weil ich ihn von der Schaukel runternehmen wollte. Auf dem Heimweg hat er dann den Vordersitz vollgepinkelt. War das alles wirklich schon vierzehn Jahre her?
    Ein weiterer Tieflader fuhr mit einem Bagger vorbei.
    Vor vier Monaten hatten sie den Garson Block abgerissen, der nur drei Häuserblocks von der Hebner Avenue entfernt stand. Ein paar Bürohäuser, in der einige Kreditanstalten untergebracht gewesen waren, einige Banken, Zahnärzte, Chi-ropraktiker und Fußärzte. Die waren ihm weniger wichtig, aber, Himmel, es hatte ihm weh getan, das alte Grand Theater in sich zusammenstürzen zu sehen. Dort hatte er sich Anfang der fünfziger Jahre seine Lieblingsfilme angesehen. Dial M for Murder mit Ray Milland oder The Day the Earth Stood Still  mit Michael Rennie. Der war vor kurzem im Fernsehen wiederholt worden. Er hatte ihn sich unbedingt ansehen wollen, war dann aber vor dem blöden Fernseher eingeschlafen und erst bei der Nationalhymne wieder aufgewacht. Er hatte seinen Drink dabei verschüttet, und Mary hatte ihm am nächsten Morgen anständig den Marsch geblasen.
    Das alte Grand, ja, das war noch etwas gewesen. Heute gab es ja nur noch diese neumodischen Filmtheater in den Vorstädten, diese aufgeplusterten Gebäude inmitten von riesigen Parkplätzen. Kino I, Kino II, Kino III, Vorführraum, Kino MCMXLVII. Er war mit Mary einmal zu so einem Palast nach Waterford hinausgefahren, um sich The Godfather anzusehen, und hatte sage und schreibe 2 Dollar 50 pro Karte bezahlt. Und drinnen hatte es dann ausgesehen wie in einer Bowlingbahn. Keine Empore. Das alte Grand hatte noch einen Marmorfußboden in der Eingangshalle gehabt, eine große Empore und einen liebenswerten, altmodischen, fettverschmierten Popcornautomaten, bei dem die große Packung nur einen Dirne kostete. Der alte Mann an der Tür, der die Karten abgerissen hatte (die damals nur sechzig Cents kosteten), hatte eine rote Uniform getragen. Er hatte darin wie ein Portier ausgesehen und war mindestens sechshundert Jahre alt gewesen. Immer wieder hatte er denselben Satz vor sich hin gekrächzt: »Ich hoffe, daß Ihnen der Film gefällt.«
    Und drinnen sah man dann den großen Kronleuchter über dem Parkett. Niemand wollte direkt unter ihm sitzen, denn wenn er einmal runterfallen sollte, könnte man vermutlich nur noch mit einem Taschenmesser vom Boden abgekratzt werden. Das Grand war …
    Er blickte schuldbewußt auf seine Armbanduhr. Jetzt hatte er schon fast vierzig Minuten vertrödelt. So ein Quatsch. Dabei hatte er noch gar nicht mal viel nachgedacht. Nur über den Park und das Grand Theater.
    Ist etwas nicht in Ordnung mit dir, Georgie?
    Könnte sein, Fred. Ich glaube, du hast recht.
    Er rieb sich mit einem Finger über die Wange und die Augen und stellte fest, daß er naß war. Er hatte geweint. 
    Er ging nach unten, um mit Peter zu reden, der die Aufsicht über die Auslieferungen hatte. Die Wäscherei lief jetzt auf Hochtouren. Die Heißmangeln dampften und zischten, als die ersten von Howard Johnsons Laken hindurchgezogen wurden. Die Waschmaschinen stampften und ließen den Boden vibrieren, und die Hemdenpressen klapperten und säuselten, während Ethel und Rhonda die Oberhemden einlegten.
    Peter berichtete ihm, daß die erste Ladung in ihrem Lastwagen Nr. 4 verstaut sei, und fragte ihn, ob er sie noch anschauen wolle, bevor sie ans Geschäft ausgeliefert würde.
    Das wollte er nicht, sondern fragte Peter statt dessen, ob die Holiday-Inn-Wäsche schon rausgegangen sei. Peter antwortete, daß sie gerade aufgeladen würde und daß der Dummkopf, der das Hotel leitete, schon zweimal angerufen und nach den Handtüchern gefragt hätte.
    Er nickte und ging nach oben in die chemische Reinigung, um Vinnie Mason aufzusuchen. Phyllis erklärte ihm, daß Vinnie und Tom Granger in das neue deutsche Restaurant gegangen seien, um einen Auftrag wegen der Tischtücher zu ergattern.
    »Würden Sie ihn bitte in mein Büro schicken, wenn er zurückkommt?«
    »Das werde ich, Mr. Dawes. Ach ja, Mr. Ordner hat angerufen und bittet um Ihren Rückruf.«
    »Danke, Phyllis.«
    Er ging zurück in sein Büro und nahm die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher