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Spione, die die Welt bewegten

Titel: Spione, die die Welt bewegten
Autoren: Manfred Reitz
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musste.
    Die alten Ägypter waren Meister im Organisieren, und ein straff geführter Beamtenapparat versorgte den Pharao stets mit neuesten
     Nachrichten. Schreiber waren allgegenwärtig und notierten jede Beobachtung. Sie hinterließen Berge von Akten, die manchmal
     noch heute gefunden werden und Aussagen über das Alltagsleben aber auch über wichtige politische Entscheidungen ermöglichen.
     Bereits die Geografie verlangte ein wohl organisiertes Nachrichtensystem: Das Herrschaftsgebiet des Pharao glich einem langen
     schmalen Schlauch von über tausend Kilometern Länge, der sich an beiden Seiten des Nils dahinzog. Da alle wesentlichen Entscheidungen
     vom Herrscher selbst gefällt wurden, gab es schon früh ausgeklügelte Nachrichtenwege. Boten waren ständig unterwegs, um Fragen,
     Berichte oder Beobachtungen zur Hauptstadt zu bringen und dort auf Entscheidungen für eine Antwort zu warten. Damit die |12| Boten nicht zu rasch ermüdeten, war jeder nur für eine bestimmte Strecke zuständig und reichte in einer Stafette die meist
     schriftliche Nachricht anschließend an einen noch ausgeruhten Boten weiter. Dabei waren die Wege der Boten vorgeschrieben
     und wurden überwacht. Nicht nur die üblichen Polizeikräfte sondern auch eine Geheimpolizei war stets präsent. Sollte es besonders
     schnell gehen, wurden die Informationen nachts mit Fackeln oder tagsüber mit Trompetensignalen übermittelt. Der Pharao wusste
     immer sehr früh, wann beispielsweise das für die Landwirtschaft so wichtige Nilhochwasser zu erwarten war und zeigte dadurch
     der Bevölkerung seine gottähnliche Allwissenheit. Mancher Aufstand wurde im Land verhindert, weil der Pharao durch ein gut
     funktionierendes Informationssystem bereits reagieren konnte, bevor sich die Rebellen überhaupt gesammelt hatten. Solche Kontrollen
     waren notwendig, denn während der gesamten ägyptischen Geschichte hatten die Pharaonen immer wieder mit zentrifugalen politischen
     Kräften zu kämpfen. Das Alte Reich zerbrach, weil zahlreiche lokale Herrscher ihre Eigenständigkeit anstrebten.
    Wichtige Nachrichten waren verschlüsselt, wobei bereits verschiedene Codes zur Verfügung standen. Beliebt war der Gebrauch
     von Akrostichen. Der Bote, der in der Regel selbst nicht lesen konnte, hielt beispielsweise ein Dokument mit einem – für Außenstehende
     – beliebigen Text in den Händen. Das konnten ein Gedicht oder Teile einer Erzählung sein, doch für den Eingeweihten bedeutete
     der Text viel mehr. Wurden nach einem geheimen Schlüssel bestimmte Schriftzeichen ausgewählt und neu kombiniert, ergab sich
     erst aus der Neufassung der eigentliche Informationsgehalt. Nur Absender und Empfänger kannten diesen Schlüssel, so dass der
     Bote auch bei einer Gefangennahme und unter Folter den eigentlichen Inhalt der Botschaft nicht verraten konnte. Er wusste
     nicht, was er transportierte. Untergebracht waren die Boten in besonderen Häusern, die von ausgesuchten Beamten des Pharao
     geleitet wurden, so dass stets größte Verschwiegenheit herrschte.
     
    Aus dem alten Babylon ist eine solche Nachricht erhalten. Auf den ersten Blick sieht der Betrachter den aufgeschriebenen Text
     eines Gedichts mit 27 Strophen zu je 11 Zeilen. Werden von jeder Strophe jeweils die ersten Silben abgetrennt und zu einem
     neuen Text zusammengesetzt, ergibt sich eine völlig neue und vom Gedicht unabhängige Aussage. Im Beispiel von Babylon stellte
     sich durch das Gedicht dem Herrscher ein vorher unbekannter Gesandter vor, dessen wahre Identität für den eingeweihten Empfänger
     erst durch die Entschlüsselung des Gedichts deutlich wurde. Für die anderen Personen blieb der Gast unverändert fremd, denn
     sie vermuteten im Gedicht ein Geschenk. Mögliche Feinde des Empfängers der Nachricht konnten den vorher unbekannten Gesandten
     nicht einfach beseitigen und durch einen eigenen Mittelsmann ersetzen. Der Austausch wäre dem Herrscher aufgefallen, denn
     er konnte nach der Entschlüsselung der Legitimation weitere gezielte Fragen stellen. Intriganten bei Hofe war  |13| niemals bekannt, dass das überreichte Gedicht weit mehr war als nur ein Geschenk.
    Der siegreiche Pharao fährt mit dem Kampfwagen über die Körper der getöteten Feinde hinweg
    Der Geheimdienst des Pharao funktionierte nach innen und nach außen. Nach innen mussten Rebellionen und insbesondere die Machenschaften
     der lokalen Fürsten frühzeitig erkannt und abgewehrt werden. In zahlreichen Gaststätten und
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