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Spielregeln im Job durchschauen

Spielregeln im Job durchschauen

Titel: Spielregeln im Job durchschauen
Autoren: Isabel Nitzsche
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es kein Korrektiv mehr gibt.
    Hierarchische Systeme – anziehend für Männer, befremdlich für Frauen
    Nach der Definition des Soziologen Max Weber ist Macht jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen anderen gegenüber durchzusetzen, auch gegen Widerstreben – egal, worauf diese Chance beruht. Der Begriff von Macht ist im Job gekoppelt an das Konzept eines hierarchisch strukturierten Systems. Für die meisten Männer ist es wichtig, einen Platz möglichst weit oben in der Hierarchie einzunehmen, um etwas zu sagen zu haben. Für Frauen ist Macht dagegen oft noch anrüchig, und sie haben die Vorteile einflussreicher Jobs mit ihren Gestaltungsmöglichkeiten (noch) zu wenig im Blick.
    Daniela Rastetter, Professorin für Personal, Organisation und Gender Studies an der Universität Hamburg, forscht in einem mehrjährigen Forschungsprojekt zum Thema »Mikropolitik und Aufstiegskompetenz von Frauen«. Die weiblichen Nachwuchsführungskräfte, die sie mit ihren Mitarbeiterinnen befragte, waren auffällig häufig Macht gegenüber negativ eingestellt. Bei manchen Frauen führt das sogar dazu, dass sie konkrete Jobangebote ablehnen.
    Daniela Tischner ist Schlussredakteurin. Ihren Job macht sie sehr strukturiert, verantwortungsvoll, umsichtig. Sie schaut über den Tellerrand und macht gute Lösungsvorschläge bei kniffligen Fragen. Kein Wunder, dass die Geschäftsführung ihr anbot, die Abteilungsleitung zu übernehmen. Doch sie lehnte ab: »Schließlich kenne ich doch meine Kolleginnen seit Jahren und das sind doch genauso gute Schlussredakteurinnen. Und denen sollte ich dann etwas sagen? Dazu bin ich zu sehr Teamplayer und zu harmoniebedürftig.« Sie wollte lieber gut mit allen zusammenarbeiten, als zu meinen, sie sollte das besser wissen. »Wenn ich sehe, wie sich Leute aufspielen, nur weil sie eine Position in der Hierarchie haben: So wollte ich nie sein. Kollegialität ist mir wichtig und dass ich mich mit allen gut verstehe. Das schien mir als Abteilungsleiterin einfach nicht möglich.«
    Doch inzwischen gibt es auch Frauen wie Anna Böhme, Geschäftsführerin einer mittelständischen Medienberatung mit 25 Mitarbeitern, für die es selbstverständlich ist, sich Aufgaben mit Gestaltungsmöglichkeiten zu suchen. Anna Böhme ist als Mentorin für andere Frauen ein Vorbild und sie unterstützt sie auch ganz konkret bei beruflichen Problemen, wie etwa dem Hineinwachsen in eine Führungsrolle:
    »Ja, ich habe Macht«, sagt Anna Böhme. »Ich habe Macht im Sinne von Gestaltungsraum. Ich kann meine Ideen, meine Gedanken, wie sich die Organisation entwickeln und auf dem Markt positionieren soll, vorantreiben. Macht ist für mich aber auch Vertrauen, das von den Gesellschaftern und Mitarbeitern in mich gesetzt wird und das ich ausfüllen muss. Die Menschen vertrauen darauf, dass ich die richtige Entscheidung treffe, sie geben die Kontrolle ab. Für mich ist das geliehene Macht, denn wenn ich das Vertrauen nicht rechtfertige, muss ich die Macht wieder abgeben.
    Ob ich schon immer ein positives Verhältnis zur Macht hatte? Ja, allerdings. Ich bin in der ehemaligen DDR geboren, meine Mutter arbeitete Vollzeit als Sachbearbeiterin, das war sicher ein Vorbild für mich. Meine Eltern waren Mitläufer und durch mein Engagement bei den Pionieren eher überrumpelt. Dort war ich schon mit neun Jahren auf dem höchsten Posten in der Organisation. Ich musste schwerwiegende Entscheidungen treffen, etwa ob ein anderes Kind wegen seiner vielen Verweise als Pionier ausgeschlossen werden sollte. Das hätte seinen sozialen Tod bedeutet. Da war ich mir als Kind schon sicher, das möchte ich nicht. Mit 13 wurde ich kritischer gegenüber dem System, parallel kam die politische Wende, sonst wäre es sicher schwierig für mich geworden. Ich war immer schon gut darin, zu erkennen, wo mikropolitisches Handeln nötig ist. Und ich bin heute auch davon überzeugt, dass es wichtig ist, Machtmechanismen zu kennen, genau zu überlegen und dann den eigenen Weg zu gehen.
    Für mich war es sehr wichtig, zu lernen, mir die Dinge langfristig anzuschauen. Es ist überhaupt nicht geraten, zu schnell zu handeln. Ich habe viele Menschen beobachtet und darauf geachtet, wie sie agieren. Beispiel Sitzordnung: Der Machthaber sitzt an der Stirnseite oder an einem prominenten Platz. Wenn ich die Sitzungsleitung habe, setze ich mich auch bewusst an die Stirnseite, ich wähle den Machtplatz. Ich bereite mich heute auch immer sehr gut auf Termine mit
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