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Spielen: Roman (German Edition)

Spielen: Roman (German Edition)

Titel: Spielen: Roman (German Edition)
Autoren: Karl Ove Knausgård
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werden. Die Luft war kühl, und auf dem Anstieg zur Schule kam ich an einigen Mädchen aus den siebten Klassen vorbei, die alle etwas Besonderes aus sich gemacht hatten, keins von ihnen sah aus wie sonst. Ich stellte das Fahrrad ab, ging an der Clique der Raucher vorbei, bezahlte den Eintritt und betrat die dunkle, von bunten Spotlights und funkelnden Discokugeln verwandelte Turnhalle, in der die Musik aus zwei riesigen Lautsprecherboxen dröhnte. Ich schaute mich um. Es waren viele Mädchen aus den achten und neunten Klassen gekommen, die mich natürlich keines Blickes würdigten, aber die allermeisten waren Siebtklässler wie ich selbst. Wir waren die Einzigen, für die der Club etwas Neues war.
    Die Tanzfläche war vollkommen leer. Die meisten Mädchen saßen an Tischen entlang der Wand, die meisten Jungen hingen in den anderen Räumen herum, in denen die Tischtennisplatten und Carromtische standen, oder vor dem Ausgang, wo sich im Laufe des Abends immer eine Clique mit ihren Mopeds versammelte. Einige gehörten Jungen, die erst kürzlich von der Gesamtschule abgegangen waren, so dass sie die Mädchen auf der Schule noch im Auge behielten.
    Aber ich war nicht gekommen, um Tischtennis zu spielen oder mit einer Cola in der Hand auf einem Parkplatz herumzulungern. Ich liebte Musik, ich liebte Mädchen, und ich liebte es zu tanzen.
    Auf eine leere Tanzfläche wagte ich mich allerdings nicht, aber als zwei Freundinnen ein wenig tastend anfingen zu tanzen und sich ihnen zwei weitere anschlossen, betrat ich sie sofort.
    Ganz vom Rhythmus und dem lustvollen Bewusstsein durchdrungen, so sichtbar zu sein, tanzte ich los. Ein Lied, zwei Lieder, danach drehte ich eine Runde, um jemanden zu finden, den ich kannte. Ich kaufte eine Cola und setzte mich zu Erik und Lars.
    Mit meinem ganzen Wesen, meinem intensiven Interesse für Kleider, meinen langen Wimpern und weichen Wangen, meiner besserwisserischen Art und meinen nur unzureichend vertuschten Fähigkeiten als Schüler brachte ich alle Vor aussetzungen für das Eintreten einer präpubertären Katastrophe mit. Mein Verhalten an diesen Abenden verbesserte meine Position sicherlich nicht, was mir jedoch nicht bewusst war. Ich sah doch nichts von außen, erlebte vielmehr alles von innen, und dort ging es um den drängenden Rhythmus in Funkytown, den merkwürdigen Falsettgesang der Bee Gees, Springsteens mitreißendes Hungry Heart, die lichtglitzernde Dunkelheit und all diese Mädchen, die sich mit ihren Brüsten und Schenkeln, Mündern und Augen in ihr bewegten, um die erregenden Gerüche von Parfüm und Schweiß und nichts anderes. An manchen dieser Freitagabende, an denen alles Gewöhnliche in mystischer Weise verzaubert worden war und plötzlich als etwas Dunkles, fast schattenhaft Vages, jedoch unendlich Reiches und Verlockendes erschien, das voller Hoffnungen und Möglichkeiten war, kehrte ich völlig verwirrt heim. Denn he, wir reden hier über die Turnhalle! Sølvi, Hege, Unni und Marianne waren dort! Geir Håkon, Leif Tore, Trond und Sverre! Würstchen mit Ketchup und Senf wurden verkauft! Die Tische und Stühle standen normalerweise in unseren Klassenzimmern. An den Sprossenwänden turnten wir sonst. Aber wenn die Dunkelheit kam und sie von Lichtblitzen durchzuckt wurde, spielte das keine Rolle mehr, denn dann wurde alles zu dunklen Augen und weichen, bezaubernden Körpern, zu pochenden Herzen und blitzenden Nerven. Überwältigt verließ ich an jenem ersten Freitag den Jugendclub, gespannt und erwartungsvoll betrat ich ihn beim nächsten Mal.
    Am genialsten an dieser Veranstaltung war allerdings, dass sie es einem leichter machte, sich den Mädchen zu nähern. Normalerweise waren sie jenseits unserer Reichweite, denn die meisten von ihnen hatten in den letzten Monaten etwas Blasiertes und Weltgewandtes bekommen, fast alles, was wir taten, war in ihren Augen kindisch. In den Pausen saßen sie mit ihren Kassettenrekordern in der Sonne und plauderten oder strickten, und es war unmöglich, sich zu ihnen zu gesellen. Selbst wenn ich es versuchte, denn ich sprach immer noch ihre Sprache, führte es zu nichts, sobald es klingelte, trennten sich unsere Wege wieder.
    Im Jugendclub war das anders, dort konnte man umstandslos zu einem Mädchen gehen und sie fragen, ob sie tanzen wolle. Wenn man die Latte nicht zu hoch legte und zu den schönsten und umschwärmtesten aus den neunten Klassen ging, funktionierte es immer, sie sagten Ja, und dann musste man nur noch auf die
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