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Somnambul Eliza (German Edition)

Somnambul Eliza (German Edition)

Titel: Somnambul Eliza (German Edition)
Autoren: Stephanie Nailik
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kleine Kunsthistorikerin diese private Ausstellung zu
realisieren. Wie ist dein fachkundiges Urteil, Eliza?“
    „Die Exponate spiegeln ganz den
Geschmack ihres Besitzers“, sagte sie kühl.
    „Bitte nicht so diplomatisch meine
Liebe. Ich möchte wissen, wie dir meine kleine Sammlung gefällt. Ich schätze
konstruktive Kritik“, erklärte René mit schmeichelnder Stimme.
    „Nun, ich halte die Auswahl von
Newton-Fotografien für plakativ und frauenfeindlich und diese Nitsch-Arbeiten
hier für eine plumpe Demonstration vampirischer Neigungen.“
    René lachte ein affektiertes, doch nicht
minder bedrohliches Lachen.
    „Das nenne ich ehrlich. Wenn auch wenig
konstruktiv.“ Dann fügte er hinzu: „ Elle est brave. Et elle a très joli tits et une
belle crosse .“
      Eliza errötete
unter dem Gemisch aus Scham, Wut und Angst, das seine Worte in ihr auslösten.
    „Eliza ist der französischen Sprache
mächtig. Du solltest deine Zunge im Zaum halten, René“, wies Valeriu seinen
unsichtbaren Gegner harsch zurecht.
    René lachte noch immer. „Entspann dich,
mein Freund. Das war doch nur ein Kompliment.“
    „In deinen Worten und aus deinem Mund
kommt es einer Beleidigung gleich“, erwiderte Valeriu bitter. „Hör auf mit
diesen Spielchen und öffne die Tür“, befahl er streng.
    Mit Eliza im Arm trat er energisch auf
die Tür zu, doch René machte keine Anstalten, seiner Aufforderung Folge zu
leisten.
    „Es gab Zeiten, in denen deine
Willensstärke mir Einhalt geboten hätte, Valeriu. Aber diese Zeiten sind
vorbei. Ich bin älter als du und ich habe mich in all den Jahren gesünder
ernährt.“
    „Was hast du vor, René? Bist du zu
feige, mir von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten?“ wollte Valeriu
wissen.
    „Na, nun überschätzt du dich aber, mein
Lieber“, erklang Renés überhebliche Stimme. „Ich will euch lediglich
Gelegenheit geben, euch etwas intensiver mit meinem Ausstellungskonzept
vertraut zu machen. Ich hoffe, ihr werdet die Zeit zur gründlichen
Kunstbetrachtung nutzen.“
    Dann wies ein leises Knacken darauf hin,
dass René sein Mikrophon abgeschaltet hatte.
    „Was machen wir denn jetzt?“ Eliza stand
die Panik ins Gesicht geschrieben. „Und mein Handy hat kein bisschen Empfang“,
fügte sie hilflos hinzu.
    „Erst einmal Ruhe bewahren, Liebste. Und
dann sollten wir diesen Raum etwas genauer unter die Lupe nehmen.“
    Zuerst wandte sich Valeriu der schweren
Eisentür zu, doch René hatte sich offenbar auf keinen herkömmlichen
Schließmechanismus verlassen. Valeriu bot zunächst all seine Fingerfertigkeit,
dann all seine vampirische Kraft auf, doch die Tür blieb verschlossen. Dann
klopfte er systematisch Boden und Wände ab, doch alles war gleichermaßen
massiv.
    Die unauffälligen Kameraaugen, durch die
René jeden ihrer Schritte überwachen konnte, waren in allen vier Raumecken so
in die Wände integriert, dass man sie nicht zuhängen oder zerschlagen konnte.
Der ganze Raum wurde von einem LED-Beleuchtungssystem in ein kühles,
neonartiges Licht getaucht.
    „Wozu dann noch Leuchtstoffröhren?“
fragte Valeriu misstrauisch und wies auf die ausgeschalteten Neonröhren, die an
verschiedenen Stellen des Raumes in die Deckenkante eingelassen und mit einem
aufwendigen Sicherungssystem hinter stabilen Gittern vor Zugriffen geschützt
waren.
    Gleichzeitig wanderten ihre Blicke nach
oben zur Decke.
    „Das ist ein riesiges Oberlicht“, sprach
Eliza ihrer beider Beobachtung mit tonloser Stimme aus.
    „Was bedeutet, dass wir nicht allzu lang
bleiben sollten“, erwiderte Valeriu trocken.
    Eliza ließ sich auf den Lederhocker
fallen und fuhr sich mit beiden Händen unwirsch durchs Haar.
    „Es tut mir so leid. Das ist alles meine
Schuld, weil ich so neugierig auf die Kunstwerke war“, stöhnte sie.
    Valeriu ließ sich an ihrer Seite nieder
und streichelte ihr zärtlich über den Rücken.
    „Mach dir bitte keine Vorwürfe, pisică mea .
Dich trifft keinerlei Schuld. Ich habe die Gefahr selbst nicht rechtzeitig
erkannt. Ich hätte niemals zulassen dürfen, dass du in diese Situation
gerätst.“
    „Ach, das ist ja rührend“, ertönte Renés
überhebliche Stimme durch den Lautsprecher. „Diese Selbstbeschuldigungen sind
ja allerliebst. Aber ich muss Valeriu zustimmen. Wenn jemanden die Schuld an
eurer misslichen Lage trifft, dann ist er es.“
    „Dann lass Eliza gehen. Das hier ist
eine Fehde zwischen dir und mir. Sie hat nichts damit zu tun. Sei einmal in
deinem langen Leben ein
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