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Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Titel: Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
Autoren: Nicole Stoye
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...“
    „Scht!“, unterbrach sie sie. „Genug der Worte! Für weitere Erklärungen bleibt keine Zeit. Sie sind mir auf den Fersen.“
    Dann setzte Perchta sich zurück auf den Baumstamm und legte ihren Stab nieder. Und bevor das Relief erneut erstarrte, blitzten hinter den Bäumen noch die Umrisse der Merga auf, die anschließend ebenso schnell wieder verschwanden, wie sie erschienen waren.

Die Tochter des Dämmerdämons

    „Eine Leibwache, vor der selbst die alten Könige erzittern und die für das normale Auge nicht sichtbar ist?“, wiederholte Arrow nachdenklich. „Habt ihr eine Ahnung, um welche Art von Wesen es sich dabei handeln könnte?“
    Keylam reagierte nicht auf ihre Frage. Seit er Tyron wieder zurück in sein Bettchen gelegt hat, verharrte er regungslos und nachdenklich vor dem Fenster. Und obwohl Arrow genau wusste, was ihn in diesem Moment beschäftigte, versuchte sie es auszublenden. Denn wie immer sorgte er sich um sie.
    „Es sind vermutlich Banshees“, antwortete Anne.
    „Banshees?“
    „Man nennt sie auch Todesfeen“, erwiderte sie wenig begeistert. „Sie streifen durch die Lüfte und beklagen den bevorstehenden Tod einer geliebten oder nahestehenden Person. Wer ihre Rufe vernimmt, den treibt es in den Wahnsinn. Selbst die Túatha Dé Danann fürchten ihre Schreie und verschanzen sich in ihren Behausungen, sobald das Heulen ertönt. Und deshalb würde auch niemand auf die Idee kommen, dass sie jemanden geleiten. So gesehen böten sie natürlich die perfekte Möglichkeit, dich unbemerkt von einem Ort zum anderen zu geleiten. Vollkommen sicher bin ich mit meiner Vermutung allerdings nicht, doch es würde erklären, warum Perchta nach dem Schlafenden Amulett gefragt hat. Mit der richtigen Magie gefüllt, umgibt es den, der es trägt, mit so viel Leben, dass die Dämonen des Todes und des Irrsinns ihm so gut wie nichts anhaben können.“ Sie musterte Arrow kritisch. „Gleichzeitig begibst du dich aber auch in große Gefahr, sobald du den Holunderwald damit betrittst. Sollte es dort einer vom Tode gezeichneten Gestalt in die Hände fallen, wird weder Frau Perchta noch Frau Gaude oder irgendjemand sonst diese davon abhalten können, den Wald ungehindert zu verlassen.
    Ungeachtet dieser Tatsache haben wir jedoch leider keine andere Wahl, als das Amulett zu benutzen, denn es gibt keinen anderen Zauber, der jemanden vor den Schreien der Banshees schützen kann.“
    „Aber du sagtest, dass es noch mit einer Art Magie gefüllt werden muss“, entgegnete Arrow. „Hast du schon eine Vorstellung, worum es sich dabei handelt?“
    „Wenn dein Kind in der Früh erwacht“, erwiderte sie geheimnisvoll, „wirst du mit dem Amulett sein erstes morgendliches Lachen einfangen und es auf deiner Reise zum Holunderwald immer eng an deinem Körper tragen. Nichts auf der Welt hat eine größere Macht als das aufrichtige Lachen eines Kindes. Doch auch, wenn das Amulett dir einen zuverlässigen Schutz vor dem Gekreische der Todesfeen beschert, darfst du die Macht der Banshees unter gar keinen Umständen unterschätzen. Sie werden dich nicht in den Wahnsinn treiben, aber Erinnerungen in dir wachrufen, die du in die tiefsten Tiefen des Sumpfes der Erinnerungen verfluchst. Und es wird sich ebenso lebhaft und schmerzlich abspielen, wie in jenen Momenten, da du sie durchlebt hast. Unter gar keinen Umständen darfst du dich diesen Qualen hingeben! Der letzte Träger, dem das geschehen ist, sah in seinem Leben plötzlich so wenig Sinn, dass er sich das Amulett vom Hals gerissen hat und anschließend den grausamen Schreien erlegen ist. Seither befindet es sich in meinem Besitz. Meine Schwester und ich haben uns seinerzeit geschworen, es niemals wieder aus den Händen zu geben.“
    „Du hast nie erwähnt, was dich tatsächlich mit Frau Perchta verbindet“, entgegnete Arrow betrübt. Zu keiner Zeit wäre ihr in den Sinn gekommen, dass Anne Geheimnisse vor ihr haben könnte. Die Erkenntnis, dass es anders war, schmerzte sie. „Für mich hat es sich schon immer seltsam angefühlt, wenn du über sie gesprochen hast. Zwar hast du nie unaufgefordert über sie geredet, doch wenn es darum ging, sie zu verteidigen, und das ist sehr oft der Fall gewesen, bist du es nicht müde geworden.“
    Anne senkte den Blick. Für einen Moment hatte es den Anschein, als schmerzte es sie zu sehr, darüber zu reden. Nachdenklich legte sie ihre Stirn in Falten und in ihren Augen spiegelte sich eine Schwermut wider, die Arrow sofort wieder
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