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Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück

Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück

Titel: Soldatenglück - Sedlatzek-Müller, R: Soldatenglück
Autoren: Robert Sedlatzek-Müller
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Anschiss hat mir auch so schon gereicht. Nie zuvor bin ich derart angeschrien und niedergemacht worden. Selbst mein alter Küchenchef, der fluchend mit Pfannen um sich schmiss, hat es niemals geschafft, dieses Gefühl der völligen Wertlosigkeit und Unfähigkeit, das ich jetzt empfinde, in mir auszulösen.
    Komplett durch den Wind fahre ich den Lkw zurück und melde mich sofort bei meinem direkten Vorgesetzten, Leutnant Bleske. Ich sage ihm, was passiert ist, zittrig, verunsichert und innerlich bereit, die nächste Zurechtweisung zu erhalten. Leutnant Bleske aber reagiert völlig unverhofft. Ich solle mich erst mal wieder beruhigen und setzen. Dann greift er zum Telefon und lässt sich in meiner Gegenwart mit Hauptfeldwebel Strenz verbinden: »Herr Hauptfeldwebel, hier Leutnant Bleske am Apparat!«, sagt er und betont dabei die Dienstgrade in einer Art, dass sofort klar wird, wer das Sagen hat. »Was fällt Ihnen ein, einen meiner Soldaten vor der Front zusammenzuschreien? Wenn Ihnen irgendwas nicht passt, dann wenden Sie sich gefälligst an mich. Wir lesen hier keine Gedanken. Wenn Sie nicht klar sagen, was Sie wollen, dann ist das Ihr Problem! Mich brauchen Sie in Zukunft nicht mehr um einen Gefallen zu bitten. Ende.« Ein riesiger Stein fällt mir vom Herzen, als mir klar wird, dass mein Zugführer sich vollkommen auf meine Seite stellt und die Konfrontation mit einem altgedienten Hauptfeldwebel nicht scheut. Die meisten jungen Offiziere haben noch nicht den Schneid, den alteingesessenen Unteroffizieren entgegenzutreten. Sie sind die grauen Eminenzen jeder Kompanie. Wenn ein unerfahrener, junger Offizier, der gerade vom Studium kommt, versucht, alte Strukturen umzukrempeln und sein theoretisches Wissen in die Praxis umzusetzen, lassen ihn die alten Hasen einfach ins offene Messer laufen. Mit ihrer Erfahrung verfügen sie über ein Wissen, das in keinem Lehrbuch zu finden ist. Vieles von dem, was den Offizieren in der Theorie vermittelt wurde, funktioniert in der Praxis schlichtweg nicht. Sie merken dann schnell, dass sie ohne die Hilfe und Unterweisung der alten Unterführer aufgeschmissen sind.
    Leutnant Bleske blickt mich an und sagt: »Gefreiter Müller, Sie haben sich nichts vorzuwerfen.« Er erklärt mir, dass bei NATO-Übungen einheitlich die Zuluzeit gilt. Sie entspricht der Greenwich Mean Time, früher auch Weltzeit genannt. Die Alphazeit ist die in unserem Breitengrad normale Zeit und die Bravozeit ist unsere Sommerzeit. »Vergessen Sie den Vorfall und machen Sie Ihren Dienst weiterhin so ordentlich wie bisher«, sagt er mir abschließend. Ich verlasse das Dienstzimmer mit einem Gefühl der Dankbarkeit. Ich begreife, dass ich mit meinem Vorgesetzten Glück habe und es einen jederzeit ganz anders treffen kann.

ICH WERDE ELITESOLDAT
    Nach kurzer Zeit habe ich mich in meine Kompanie gut eingelebt. Es macht mir Freude, mich im sportlichen Wettkampf mit meinen Kameraden zu messen. Die Herausforderungen sind vielseitig – 30 Kilometer-Märsche mit Gepäck, die im Feldanzug mit Stiefeln im Laufschritt absolviert werden, Schießübungen mit diversen Waffen und Orientierungsmärsche, bei denen man mit Landkarte und Kompass oder GPS, manchmal auch anhand einer hastig unter Zeitbegrenzung handgemalten Skizze oder auch nur mit der grob genannten Himmelsrichtung und Entfernung bestimmte Stellen im Gelände finden muss, an denen die Orientierungshilfen für die nächste Wegstrecke versteckt wurden. Der alltägliche Dauerlauf von mindestens 5 Kilometern ist nach anfänglicher Quälerei bald zur Gewohnheit geworden. Obwohl man mir an meinem vorgesehenen Arbeitsplatz die wesentlich besser bezahlte Stelle als Chefkoch noch frei hält, entscheide ich mich, meine Wehrdienstzeit um weitere 13 Monate auf insgesamt 23 Monate freiwillig zu verlängern. Dadurch sichere ich mir endlich einen Lehrgangsplatz an der Fallschirmspringerschule in Altenstadt. Wegen der Sparmaßnahmen wird nicht mehr jeder Wehrdienst leistende Fallschirmjäger automatisch für diese kostspielige Springerausbildung eingeplant.
    Ich bin unglaublich aufgeregt und erzähle meinen Kameraden im Mannschaftsheim stolz davon. Jeder hat noch einen guten Rat oder eine Horrorgeschichte, die er mir unbedingt mit auf den Weg geben zu müssen meint. Selbst der Spieß hat noch einen Tipp für mich parat, als er mich mit einer Bahnfahrkarte und dem Marschbefehl ausgestattet auf die Reise schickt: Ich solle mich zum Teedienst einteilen lassen, ruft er mir zu.
    Den
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