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Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes
Autoren: Lara Wegner
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nicht auf Nahrungssuche. Dazu brauchte sie keine Armbrust und keine Pfeile, die von einer Silberschicht überzogen waren.Heute Nacht war sie auf andere Beute aus. Das Glück musste ihr irgendwann hold sein. Sie hoffte darauf, dass Tizzio di Mannero ihr auf ihren Streifzügen vor das Visier spazierte. Lange genug wartete sie auf diesen Moment.
    Wenig später kauerte Berenike hinter einem Quader am Rande des Forum Romanum. Die roten Wölfe sammelten sich in den Nächten in den Ruinen. Schon oft hatte sie hier auf der Lauer gelegen, einen Pfeil im Anschlag und ihn doch nie abgeschossen. Selene wollte keine offene Auseinandersetzung. Das Rudel war groß, es würde zu viel Blut vergossen werden und die Herde in Rom würde aufmerken. Es war nie gut, eine große Herde von Blutquellen in Unruhe zu versetzen. Daran hatte Berenike bis zur heutigen Nacht geglaubt und sich zurückgehalten. Ihr lag nichts mehr an Zurückhaltung. Schließlich hatte sie nur ein Ziel und wollte kein Blutbad anrichten. Es ging um Tizzio di Mannero. Alles andere würde sich nach seinem Tod allein erledigen. Und ihr würde es in jedem Fall besser gehen.
    Leider zeigte sich kein Wolf. Selbst die Katzen von Rom streunten woanders umher. Das verlassene Gelände erinnerte sie daran, dass das Oberhaupt der roten Wölfe bei Vollmond die Stadt verließ und erst Tage später zurückkehrte. Sie sah zum abnehmenden Mond auf. Weshalb ein Werwolf, der sich Sohn der Luna nannte, sein Revier verließ, wenn die Kraft des ihr zugeteilten Gestirns am stärksten war, wollte ihr nicht aufgehen. Sie schob es auf die Marotten der roten Wölfe. Sie trugen Amulette und Schutztätowierungen und hegten einen aberwitzigen Glauben an Hexen. Dieses Konstrukt der Sterblichen war einzig ein Alibi für Folter und Scheiterhaufen. Für Berenike ein Beweis, dass die Quellen nur den Zweck erfüllten, ein ihnen überlegenes Volk zu nähren. Das war die Bestimmung der Herden. Ohne Aufsicht gingen sie aufeinander los und meuchelten sich gegenseitig. Sie sollte eine Abhandlung darüber verfassen, eine Verteidigungsrede für das alte Volk, das über die Jahrtausende ins Hintertreffen geraten war. Zumindest sollte sie ihre Feinde reduzieren und einen Werwolf schießen.
    Die Wartezeit wurde ihr zu lang. Ohne ein genaues Ziel verließ sie das Forum Romanum und schlenderte durch die Straßen. Irgendwo mussten die roten Wölfe sein. Vor der Baustelle der Fontana di Trevi angelangt, sah sie an den Gerüsten nach oben. Ein weiteres Monument wurde von den Sterblichen pompöser gestaltet. Ein Schluck aus dem Wasser des Brunnens garantierte jedem eine sichere Heimkehr nach Rom. Sie trank kein Wasser und hatte auch nicht vor, Rom zu verlassen. Die Stadt bot ihr eine glorreiche Vergangenheit, eine sichere Zukunft und Quellen, deren Blut mit einem Hauch von Knoblauch und dem Bukett italienischer Weine versetzt war.
    Ein Prickeln unter ihrer Zunge warnte sie vor etwas in ihrem Rücken. Flink drehte sie sich um. Niemand war zu sehen. Ihr Blick forschte in den Schatten der Hausmauern, während sie einen Pfeil einspannte und in die Mitte der Piazza trat. Langsam drehte sie sich um die eigene Achse. Sie war nicht allein, teilte den Samtmantel der Nacht mit einer fremden Gegenwart. Es war lediglich ein Instinkt, der ihre Wachsamkeit schärfte. Wo waren sie? Es war nicht nur einer, es waren viele. Die Armbrust angelegt, trat Berenike auf eine der dunklen Ecken zu. Das Prickeln zog von ihrer Zunge bis zu ihrem Nacken.
    Jäh brachen sie aus den Schatten. Ein Nebelschwarm und der Geruch von Asche. Aus winzigen Motten wurden Gesichter, formten sich Gestalten, die sofort wieder in sich zusammenfielen. Was war das? Sie zielte auf eine Stirn und drückte ab. Der Pfeil sirrte durch die Luft. Sie hörte seinen Aufprall an einer Hauswand, dann war sie umzingelt und konnte nicht mehr nachladen. Ihre Arme wischten durch die Luft in einem stummen Kampf gegen herabrieselnde Asche. Sie brannte in ihren Augen. Ihre Faust traf in eine Masse und mit dem nächsten Hieb ins Leere. Kleine, helle Insekten landeten kalt auf ihrem Gesicht.
    Die Armbrust klapperte zu Boden. Sie zückte einen Silberdolch, stach auf eine Gestalt ein und konnte zusehen, wie sie vor ihren Augen zu einem Schwarm tanzender Mottenflügel wurde. Sie waren eher grau denn weiß und knisterten aneinander. Das trockene Geräusch umgab sie von allen Seiten. Sie erkannte die Piazza hinter ihren Angreifern nicht mehr. Etwas blieb an ihr kleben. Hauchdünne Fäden,
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